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19.11.2019

"Handfest, bodenständig, streitbar"

Heinrich Bedford-Strohm trägt sich in das Goldene Buich der Stadt Trier ein.
Der Träger des Oswald von Nell-Breuning-Preises, Bischof Heinrich Bedford-Strohm, trägt sich ins Goldene Buch der Stadt Trier ein. Zuvor hatte ihm OB Wolfram Leibe (vierter von links) im Beisein von Stadtvorstand und Ältestenrat diesen Preis verliehen. Rechts der Laudator Dr. Peter Frey, ZDF-Chefredakteur.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Professor Dr. Heinrich Bedford-Strohm, ist am Donnerstag mit dem Nell-Breuning-Preis ausgezeichnet worden. Mit dem Preis erinnert die Stadt an den aus Trier stammenden Jesuitenpater und bedeutenden Sozialwissenschaftler Oswald von Nell-Breuning.

OB Wolfram Leibe als Vorsitzender der Jury würdigte den Einsatz Bedford-Strohms für eine soziale Wirtschaft als Kernelement der Gesellschaft. „Sie setzen sich für eine Wirtschaft ein, die dem Menschen dienen muss", sagte Leibe, „für eine Wirtschaftspolitik aus christlicher Perspektive." Bei den ethischen Grundlagen einer Wirtschaft der Zukunft stelle Bedford-Strohm soziale und ökologische Gesichtspunkte ins Zentrum, wie sie sich aus dem christlichen Glauben ergäben, sagte der Trierer Oberbürgermeister. Soziale Wirtschaft, das heiße für den Kirchenmann auch, energisch für den Schutz von arbeitsfreien Sonn- und Feiertagen zu streiten und sich bedingungslos für Flüchtlinge einzusetzen und dafür, überall auf der Welt Lebensverhältnisse zu schaffen, in denen Menschen in Würde leben können.

Als Laudator hatte sich Bedford- Strohm den bekannten Fernsehjournalisten und ZDF-Chefredakteur Dr. Peter Frey gewünscht. Er ging auf die vielen Themen ein, die Bedford- Strohm mit von Nell-Breuning verbinde. Dazu gehörten die Forschung zu sozialethischen Themen und der kritische Blick auf die Auswirkungen der Globalisierung. Nell-Breuning habe leidenschaftlich am politischen und gesellschaftlichen Leben teilgenommen, und dafür stehe auch Bedford-Strohm. Frey richtete den Blick auch auf die Diskussion über eine Ethik der Digitalisierung. Programmierer, Unternehmer und Nutzer sollten sich ethischen Regeln unterwerfen, damit die digitalen Netzwerke gesellschaftsbildend und nicht trennend wirken könnten.

Ausgehend von dem aus Bedford- Strohms Pfarrerzeit in Coburg stammenden Spitznamen „HBS" charakterisierte er den Landesbischof als „handfest, bodenständig, streitbar". Bedford-Strohm nahm den Preis „sehr dankbar und voller Freude" entgegen. Er drückte seine Bewunderung für die katholische Soziallehre aus, die ihn schon in Studienzeiten sehr beschäftigt habe. Bedford-Strohm zitierte aus jüngsten Studien, die eine wachsende Ungleichheit bei den Einkommen in Deutschland und große Ungleichheit bei der Vermögensverteilung festgestellt hätten: „Oswald von Nell-Breu-
ning hätte diese Entwicklung sicherlich mit Sorge verfolgt", sagte Bedford-Strohm. „Er hätte seine Stimme dagegen erhoben." Der Ratsvorsitzende, der als überzeugter Streiter für die Ökumene gilt, hob denn auch bei seinem Blick auf Wirtschafts- und Sozialthemen das Verbindende beider Kirchen hervor, sprach nicht von katholischer, sondern christlicher Soziallehre und sagte: „Es gibt keine evangelische oder katholische Not, es gibt nur menschliche Not." Das Preisgeld spendet Bedford-Strohm an zwei evangelische Kirchengemeinden, die so genannte Vesperkirchen betreiben. Dort bekochen ehrenamtliche Helfer arme und bedürftige Menschen meist in den Wintermonaten mit Menüs, für die diese allenfalls symbolisch einen Euro zahlen müssen.

Die Feier in der Promotionsaula des Priesterseminars – in der Nell- Breuning 1908 sein Abiturzeugnis erhielt – wurde von einem Ensemble des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums musikalisch umrahmt.

Michael Schmitz