Sprungmarken
15.09.2015

Große Kunst aus der Dose

Graffitikunst in der Unterführung der Auffahrt Adenauerbrücke
In der Unterführung am Moselufer begrüßt jetzt ein überdimensionaler Schwanenkopf die Autofahrer bei der Einfahrt nach Trier.
Es ist fast unerträglich laut: Im Sekundentakt unterqueren die Autos auf der Moseluferstraße die Auffahrt zur Adenauerbrücke. In dem tunnelartigen Straßenabschnitt wird der Schall von den Wänden reflektiert und um ein Vielfaches verstärkt. Es ist kein schöner Arbeitsplatz und doch mischt sich immer wieder ein „Klack-klack-klack“ in den Verkehrslärm, gefolgt von einem Zischen: Die Graffitikünstler „Love“ alias Laurent Steinmayer und „Mantra“ alias Youri Cansell hantieren mit ihren Spraydosen und erschaffen ein neues Werk.

Mit ihrer farbenprächtigen und großformatigen Streetart am Messepark haben Steinmayer und Cansell vor einigen Wochen für Aufsehen gesorgt. Jetzt gestalten sie auch die Brückenpfeiler auf der anderen Moselseite – und zwar mit ausdrücklicher Unterstützung des Stadtvorstands im Rathaus, der die Flächen freigegeben hat und sich eine Aufwertung dieses Stadteingangs erhofft. Wie auch schon an der Bitburger Straße, wo die beiden in Frankreich geborenen Kunstsprayer eine Trier-Silhouette mit den wichtigsten Baudenkmälern auf eine triste Stützmauer zauberten.

Beginnend mit der beigefarbenen Flächengrundierung, mit der die vorhandenen, wenig kunstfertigen Graffitis übermalt werden, benötigen „Mantra“ und „Love“ anderthalb Tage, um die circa 25 Meter lange und vier Meter hohe Seitenwand der Unterführung in ein Kunstwerk zu verwandeln. „Trier ist nur bis zu einer gewissen Grenze schön, nämlich vor allem dort, wo die Touristen hingehen. Ich wohne hier und möchte, dass meine Stadt überall schön ist“, beschreibt Laurent Steinmayer die Motivation für seine Aktionen. Die Spraydose in der Hand, bewegt er sich ständig von links nach rechts, steigt auf eine Leiter und wieder herunter, um neue Details hinzuzufügen. So entsteht ein komplexes, verschachteltes Gebilde aus geschwungenen Linien, Flächen, Pfeilen und verzerrten Buchstaben. Farblich dominieren hier Braun-, Gelb- und Grautöne in vielen Abstufungen. „In der Unterführung müssen wir mit hellen Farben arbeiten, sonst wird alles noch düsterer“, erklärt Steinmayer.

Bildmotiv dieser Arbeit ist – passend zum nahen Flussufer – ein Schwan. Die fotorealistische Darstellung von Tieren und Menschen ist die Spezialität von Youri Cansell. Wenn es an die Detailarbeit geht, orientiert er sich an einigen im Vorfeld angefertigten Skizzen. Mit seinem älteren Partner versteht er sich fast blind: „Es ist wie eine Symbiose. Für so ein Projekt genügt es, wenn wir uns vorher fünf Minuten absprechen.“

Man darf schon gespannt sein, welche Motive sich die beiden Sprayer für die Mauer an der gegenüberliegenden Straßenseite einfallen lassen. Im Rahmen des Projekts sollen Nachwuchskünstler aus der freien Szene auch die zur Mosel hin orientierten Wände der Brückenpfeiler gestalten.

 
Verweisliste