Sprungmarken
06.12.2022

Für mehr Leben in der City

Blick vom Trierer Hauptmarkt über die Simeonstraße zur Porta Nigra.
Das Herz der Stadt - hier die Simeonstraße in Richtung Porta Nigra - steht in den kommenden Jahren im Blickpunkt der Stadtentwicklung.

Die Trierer Innenstadt steht – wie viele andere in Deutschland auch – vor gewaltigen Herausforderungen. Nach vielen Jahrzehnten, in denen sich Innenstädte fast ausschließlich auf den Handel ausgerichtet haben, zeigen sich nun – vor allem bedingt durch den Wandel des Einkaufs- und Freizeitverhaltens – die negativen Auswirkungen dieser einseitigen Entwicklung. Wohnen wurde stark zurückgedrängt – so auch in Trier.

Weil die Zahl der Menschen, die in der Innenstadt wohnen, über die Jahre deutlich zurückgegangen ist, ist die City außerhalb der Ladenöffnungszeiten wenig lebendig. Experten sehen gar die Gefahr einer drohenden Verödung, wenn jetzt nicht aktiv entgegengesteuert wird. Durch die Corona-Pandemie wurden die bestehenden Entwicklungen zusätzlich verstärkt und beschleunigt und sind sehr stark ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt.

Der Bund hat die Zeichen der Zeit erkannt und möchte mit seinem Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" Städte und Gemeinden modellhaft bei der Erarbeitung von innovativen Konzepten und Handlungsstrategien fördern. Trier hat sich erfolgreich mit dem Projekt „Lebens(t)raum Innenstadt Trier" beworben und erhält nun knapp 3,4 Millionen Euro an Fördermitteln bei einer Laufzeit bis August 2025.

Der zuständige Dezernent Ralf Britten möchte mit Hilfe des Förderprogramms eine Entwicklung zurück zu mehr Multifunktionalität für die Trierer Innenstadt anstoßen. Sie soll wieder stärker als „Lebensraum" mit Wohnen, Arbeiten, Bildung, Kultur, Freizeit, Handel, Gewerbe und Versorgung für die Bürgerinnen und Bürger erlebbar sein (die RaZ berichtete, siehe unten).

Schaffung von Wohnraum

Die im Antrag formulierten Ziele sind vielfältig: Sie reichen von der Schaffung neuen Wohnraums in der Innenstadt über die Verbesserung des Stadtklimas durch Fassaden- und Dachbegrünung, Reduzierung des Leerstands, Aufwertung der Aufenthaltsqualität und Familienfreundlichkeit, Barrierefreiheit, aber auch grüner intelligenter Mobilität. Wie Sabine Borkam, die das Förderprogramm von städtischer Seite betreut, erläutert, liegt der Schwerpunkt auf der Schaffung und Reaktivierung von Wohnraum unter Berücksichtigung aller damit zusammenhängenden Fragen, etwa im Hinblick auf Klimaanpassung und erneuerbare Energien. Wo Wohnen nicht möglich ist, werden andere Nutzungsmöglichkeiten, die zur Vielfalt in der Innenstadt beitragen, geprüft.

Hierzu werden städtebauliche Entwicklungskonzepte für fünf räumlich voneinander abgegrenzte Gebiete erarbeitet. Im Fokus stehen Möglichkeiten der Aufstockung, der Umnutzung oder zusätzliche Ausbaupotenziale. Zwei der Gebiete befinden sich im Areal Fleisch-, Gangolf-, Nagel- und Brotstraße. Borkam erklärt: „Im Zusammenhang mit aktuellen Vorhaben soll in diesem zentralen Bereich der Innenstadt das gesamte Umfeld auf die Erweiterungs- Ausbau- und Aufstockungspotenziale mit Schwerpunkt auf Wohnen untersucht und ein zukunftsfähiges und verträgliches städtebauliches Entwicklungskonzept erarbeitet werden, auf dessen Basis weitere Investitionen generiert werden können." Borkam ist überzeugt davon, dass Städte in die Lage versetzt werden müssen, den sich vollziehenden Wandel selbst aktiv mitzugestalten. Das Bundesprogramm leiste dazu in ergänzung der längerfristigen Städtebaufördermaßnahme „Lebendiges Zentrum Innenstadt" einen entscheidenden Beitrag.

Vielfältige Herausforderungen

Borkam weiß natürlich aber auch um die Herausforderungen, die mit einem derartigen Projekt verbunden sind: „Da sich rund 75 Prozent der Innenstadtimmobilien im Privatbesitz befinden, ist die Aktivierung und Einbindung von Eigentümern und Eigentümerinnen sowie potenziellen Investoren von großer Bedeutung", betont sie. Mit den Ergebnissen des Programms sei es zukünftig möglich, als Stadt aktiv mit Projektvorschlägen zur Entwicklung von zentralen Bereichen tätig zu werden und so einen stärkeren Einfluss auf die Innenstadtentwicklung nehmen zu können. Die gesamte Stadtgesellschaft müsse in den Transformationsprozess eingebunden werden.

Geschehen soll dies über eine breit angelegte Bürgerbeteiligung über alle Alters- und Interessengruppen hinweg mit dem Ziel eines dauerhaften aktiven Dialogs. So soll auch ein neues Leitbild für die Innenstadt entstehen – „eines, das den Vorstellungen der Gesellschaft entspricht und akzeptiert wird und stetig fortzuschreiben ist", wie es der zuständige Dezernent Ralf Britten in einem Interview mit der RaZ betonte (Ausgabe vom 1. November, siehe auch unten). Eine weitere Herausforderung ist laut Borkam die Vielzahl an bereits laufenden Programmen und Aktivitäten in der Innenstadt: „Hier stimmen wir uns dezernatsübergreifend regelmäßig ab, etwa um Kollisionen bei Förderungen zu vermeiden. Zudem arbeiten wir eng zusammen, um Synergieeffekte im Sinne der Innenstadt zu erzielen", erläutert sie.

Die Einführung einer neuen digitalen Beteiligungsplattform für die Bürgerinnen und Bürger, der Start zur Erstellung des Bürger-/Innenstadtleitbilds und die Beauftragung der ersten beiden städtebaulichen Entwicklungskonzepte für die beschriebenen Bereiche starten noch dieses Jahr.

Björn Gutheil