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22.06.2010

Eskorte für die Gerechtigkeit

Das Gemälde von Vredeman de Vries, das im kommenden Jahr in Trier gezeigt wird, stellt die gerechte (linke Bildhälfte) und ungerechte Herrschaft einander gegenüber. Foto:?Muzeum Historyczene Miasta Gdanska
Das Gemälde von Vredeman de Vries, das im kommenden Jahr in Trier gezeigt wird, stellt die gerechte (linke Bildhälfte) und ungerechte Herrschaft einander gegenüber. Foto:?Muzeum Historyczene Miasta Gdanska
Eine weitere spektakuläre Leihgabe wurde jetzt für die Ausstellung „Armut – Perspektiven in Kunst und Gesellschaft“ zugesagt, die im Frühjahr 2011 im Stadtmuseum Simeonstift und dem Rheinischen Landesmuseum eröffnet wird. Das großformatige Gemälde „Iustitia und Iniustitia“ (Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit) von Vredeman de Vries (1526–1609) tritt nächstes Jahr seine weite Reise von Danzig nach Trier an Das Kunstwerk gilt in Polen als nationales Kulturgut und wird dementsprechend aufwändig transportiert. In Folie eingeschlagen und in einer klimatisierten Kiste verpackt, reist es in einem gesicherten Lkw einer internationalen Kunstspedition. Eine Polizeieskorte wird das Gemälde außerdem bis zur Grenze begleiten.

Das monumentale Gemälde entstand wohl 1594/95 und ist Teil eines achtteiligen Zyklus, der einst den Sitzungssaal des Danziger Rathauses ausstattete. Thema war die „Gute Herrschaft“, die man als Leitidee bei Ratsbesprechungen immer vor Augen haben wollte. Der Gemäldezyklus füllte die gesamte Wandfläche und beeindruckte Besucher schon allein durch seine Größe. Heute sind nur noch sieben Arbeiten erhalten, die erst kürzlich aufwändig restauriert wurden.

In der linken Hälfte des Gemäldes ist die gute Herrschaft versinnbildlicht, ihr gegenüber sitzt die schlechte. Keine andere Darstellung der Gerechtigkeit thematisiert so deutlich den unterschiedlichen Umgang mit Armen in der frühen Neuzeit. Denn die gute Herrschaft ist umgeben von aufmerksamen und unbestechlichen Ratsherren, und die auf den Stufen im Vordergrund flehende Witwe mit ihren Kindern wird barmherzig aufgenommen. In der Rundbogenarchitektur sieht man dementsprechend eine Allegorie des Friedens. Auf der rechten Bildhälfte herrscht die Ungerechtigkeit. Die Ratsherren sind unaufmerksam und bestechlich, fordernd halten sie ihre Hände auf. Die Bettler im Vordergrund werden schroff abgewiesen und finden keine Gnade. Die gesamte Szenerie wird architektonisch bekrönt von einer Allegorie der Zwietracht.
 
Bei den Organisatoren der Trierer Ausstellung war die Freude über die Leihzusage groß, weil de Vries’ Gemälde sehr anschaulich die drastischen Konsequenzen zeigt, die eine gute oder schlechte Regierung für Bedürftige hat, und damit als ein Schlüsselwerk in der Ausstellung fungiert.