Sprungmarken
10.11.2020

Erster Austausch nach fast neun Monaten

Digitales Arbeiten mit Laptop und Smartphone.
Auch der Behindertenbeirat nutzt jetzt verstärkt Online-Angebote für seine Kommunikation. Bei der ersten Besprechung konnten die Teilnehmer das Smartphone oder den Laptop/PC einsetzen. Foto: Pixabay.

Nach fast neunmonatiger Corona-Pause kamen die Mitglieder des Beirats für Menschen mit Behinderung wieder zu einer informellen Beratung zusammen – erstmals im Online-Format. Im Gespräch mit der Rathaus Zeitung zieht Behindertenbeauftragter Gerd Dahm eine Bilanz und geht auf die Situation von Menschen mit Behinderung in der Pandemie ein.

RaZ: Wie fällt Ihre Bilanz für die Premiere der Digitalsitzung aus?

Gerd Dahm: Über die Teilnehmerzahl von 25 habe ich mich sehr gefreut. Viele waren froh, dass nach langer Zeit mal wieder ein Austausch möglich war. Wir werden dieses Format jetzt verstärkt nutzen, auch für informelle, offene Treffen, wie wir sie vorher zum Beispiel im Café Balduin angeboten haben.

Wie lief die Technik?

Es klappte alles relativ gut bei unserem Treffen am Montag letzter Woche, auch mit dem Sichtfenster, in dem die Gebärdendolmetscher zu sehen sind, auf die einige unserer Mitglieder angewiesen sind. Der Verlauf der ersten Online-Konferenz hat mich insgesamt ermutigt, auf diesem Weg weiterzugehen.

Wie muss die Arbeit des Beirats insgesamt an die Corona-Bedingungen angepasst werden?

Ich gehe davon aus, dass wir das nächste halbe Jahr unter diesen verschärften Bedingungen klarkommen müssen. Wir werden die Online-Arbeit mit unseren Mitgliedern weiter sukzessive in der Praxis erproben. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass Menschen mit Hörbehinderung bei Online-Meetings leicht große Probleme haben. Dem kann man aber entgegenwirken, in dem wichtige Inhalte der Gespräche schriftlich kurz zusammengefasst werden. Dafür eignet sich das Chatfenster gut. Es ist auch hilfreich, wenn der Video-Stream mal kurz zusammenbricht. Der nächste Online-Austausch findet spätestens im Januar statt.

Wie organisiert das Beiratsbüro seine Arbeit in der Corona-Zeit?

Wir sind in der guten Situation, dass die Geschäftsstelle im Rathaushauptgebäude am Augustinerhof relativ flexibel verlagerbar ist. Unsere Beiratsgeschäftsführerin Heike Unterrainer ist genauso wie ich schon seit dem Frühjahr im Homeoffice. Das klappt sehr gut. Meine Außentermine, wenn es zum Beispiel vor Ort um ein Verkehrsthema geht, nehme ich unter den aktuellen Hygiene-Auflagen wieder wahr.

Mit welchen zusätzlichen Problemen haben Menschen mit Behinderung in der Coronakrise zu kämpfen?

Viele sind Hochrisikopatienten, reduzieren daher ihre alltäglichen Kontakte stark und leiden manchmal besonders unter der Isolierung. Dadurch kann es auch zu psychischen Problemen kommen oder schon vorhandene verstärken sich. Ein weiteres Thema ist die Mobilität. Für viele ist der ÖPNV das einzige Fortbewegungsmittel. Viele haben gerade jetzt Angst, den Bus zu benutzen. Insgesamt führt Corona immer wieder dazu, dass schon vorher bestehende Probleme verschärft werden. Mit Blick auf die Hochrisikopatienten sehe ich auch das generelle Problem, dass die Auflagen oft nicht mehr so streng beachtet werden wie im Frühjahr, als die Angst groß war. Es hat sich einfach eine gewisse Gewöhnung eingestellt, die auch zu Nachlässigkeiten führen kann. Dadurch steigen dann die Gefahren für Hochrisiko-Patienten. Zudem haben es Menschen mit Behinderungen, die in einer Einrichtung leben, allein schon durch den Schichtdienst mit vielen verschiedenen Betreuern zu tun. Das kann die Nachverfolgung der Kontakte unter Umständen auch erschweren.

In der Beratung des Beirats ging es auch um den städtischen Aktionsplan Inklusion. Wie ist da der aktuelle Stand?

Katja Burre aus dem Sozialdezernat hat uns den Zwischenbericht in Grundzügen vorgestellt. Wir geben das Dokument jetzt an unsere Arbeitsgruppen weiter. Sie lassen uns dann ihre einzelnen Einschätzungen zukommen, die wir dann hoffentlich in den nächsten drei bis vier Wochen einarbeiten können. Nächste Station ist die Vorstellung in den zuständigen städtischen Ausschüssen. Unser Ziel ist, dass dieser nächste Schritt Anfang des neuen Jahres angegangen wird. Klar ist für uns schon jetzt, dass wir eine Fortschreibung des Aktionsplans brauchen.

Das Gespräch führte Petra Lohse