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13.08.2007

Einzigartiger spätantiker Schatz

Zu der Kanne (Foto:?Landesmuseum) gehören ein Deckel, ein Henkel und Daumenstücke, die ebenfalls ausgestellt werden
Zu der Kanne (Foto:?Landesmuseum) gehören ein Deckel, ein Henkel und Daumenstücke, die ebenfalls ausgestellt werden
Trier in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts:¿Die Glanzzeit der einstigen kaiserlichen Residenzstadt liegt Jahrzehnte zurück, der Verwaltungssitz der gallischen Präfektur wurde schon vor einiger Zeit nach Arles verlegt. Seitdem ist Trier den Plünderungszügen germanischer Stämme mehr oder weniger schutzlos ausgeliefert. Es gibt noch viele reiche Familien in der Stadt, die sich ganz besonders von den räuberischen Germanen bedroht fühlen müssen. Mancher vergräbt daher sein Geld und andere „Wertsachen“  im Erdboden – in der Hoffnung, sie wieder an sich nehmen zu können, wenn die Gefahr vorüber ist. Doch das gelingt nicht immer.

Was damals eine Tragödie gewesen sein mag, freut den heutigen Archäologen. So fanden Bauarbeiter 1992 bei Ausschachtungsarbeiten am Mutterhaus eine 50 Zentimeter hohe, reich verzierte Silberkanne – Bestandteil eines Schatzes aus der Spätantike und momentan eines der herausragenden Exponate der Konstantin-Ausstellung im Landesmuseum.

Aus einem Stück geschmiedet

Vieles an der achtseitigen Trierer Kanne ist einzigartig. „Es gibt weltweit überhaupt nur fünf vergleichbare Gefäße aus dieser Epoche“, erklärt Ludwig Eiden, der das Kunstobjekt restauriert hat. Doch nur die Trierer Kanne weist christliche Bildmotive auf. In der mittleren und in der unteren Zone sind jeweils in vier der acht Felder Bilder von Aposteln – darunter eindeutig erkennbar Petrus – eingraviert. Sie tragen jeweils einen Nimbus (Heiligenschein), sind in Mantel und Tunika gehüllt und mit gestikulierender rechter Hand im Gespräch einander zugewandt. In der unteren Zone finden sich außerdem vier Lämmer, die ebenfalls einen Heiligenschein tragen und daher wohl weitere Apostel verkörpern. Trotz der christlichen Darstellungen schließen Experten aus, dass das Gefäß im Gottesdienst verwendet wurde. Es dürfte sich im Besitz einer sehr reichen Familie befunden haben und bei festlichen Anlässen zum Weinausschank benutzt worden sein, vermuten Annemarie Kaufmann-Heinimann und Max Martin in ihrem Beitrag im Ausstellungs-Katalog. Die Kanne fasst über zwei Liter Flüssigkeit.

Aus heutiger Sicht geradezu frappierend ist die Tatsache, dass die Kanne aus einem einzigen Stück Silber geschmiedet und getrieben wurde. „Ich habe die Kanne mehreren Silberschmieden gezeigt und jeder sagte, dass das eigentlich nicht geht“, schmunzelt Eiden. Jedenfalls muss es sich bei dem Hersteller um einen Meister seines Fachs gehandelt haben, der jedoch ohne moderne Löttechnik auskommen musste  und deshalb lieber mit einem Stück arbeitete.

2700 Gramm reines Silber wurden verarbeitet. Die Ornamente und Figuren wurden mit Sticheln eingraviert. Die Vertiefungen verfüllte man anschließend mit Niello, einer schwarzen Pulvermischung aus Schwefel und Silber. Viele Stellen sind außerdem vergoldet, so dass sich eine schillernde Dreifarbigkeit ergibt.

Jesuiten schmolzen Silber ein

Die Trierer Silberkanne war wohl ursprünglich Bestandteil eines sehr viel größeren Schatzes. Denn in der Nähe des Fundorts von 1992 entdeckten Jesuiten-Novizen im Jahr 1628 einen Behälter mit kostbarem Tafelsilber aus spätantiker Zeit – insgesamt 49 Teller, Platten und Schalen, die 110 Kilogramm wogen. Die Jesuiten benötigten anscheinend dringend Geld, denn sie schmolzen das Silber ein und verkauften es heimlich nach Köln. Überliefert wurden nur zwei Inventare, in denen die einzelnen Fundstücke aufgelistet sind. „Wenn alles komplett erhalten geblieben wäre, wäre es der größte spätantike Silberschatz im ganzen römischen Reich“, betont Eiden.

Literatur: Annemarie Kaufmann-Heinimann und Max Martin, Die Trierer Silberkanne, in: Ausstellungskatalog Konstantin der Große, S. 382-385.