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18.10.2011

Einsatz mit Messgerät und Schutzanzug

Alle Mitglieder des Löschzugs Stadtmitte sind Atemschutzgeräteträger und mit ihrer Zusatzausbildung im Bereich ABC-Gefahrenabwehr im Katastrophenfall eine wichtige Säule der städtischen Sicherheit. Foto: Löschzug Stadtmitte
Alle Mitglieder des Löschzugs Stadtmitte sind Atemschutzgeräteträger und mit ihrer Zusatzausbildung im Bereich ABC-Gefahrenabwehr im Katastrophenfall eine wichtige Säule der städtischen Sicherheit. Foto: Löschzug Stadtmitte
Feuer löschen und Keller auspumpen gehört zum Standardrepertoire jeder Freiwilligen Feuerwehr. Doch wenn es um giftige Flüssigkeiten und das Absperren kontaminierter Areale geht, sind die 33 Männer und Frauen des Löschzugs Stadtmitte (LZ) mit ihrer Spezialausbildung gefragt – auch außerhalb ihrer Trierer Einsatzgebiete Süd, Feyen, Weismark, Heiligkreuz und Mariahof.

Thomas Poss, zurzeit Löschzugführer der Freiwilligen Feuerwehr Stadtmitte, holt ein tellergroßes Messgerät aus dem Koffer und schaltet es ein. Es knackt und rauscht. Dann hält er es an die Betonwand des Gerätehauses. Es ertönt ein Piepen und der Zähler des Messgeräts schlägt aus. „Das ist ein so genanntes Kontaminationsnachweisgerät. Damit wird die natürliche Zerfallsrate in Impulsen pro Sekunde (Ip/s) gemessen“, erläutert er. „Momentan wird ein Wert von vier angezeigt. Die durchschnittliche Zerfallsrate in Trier beträgt neun Impulse pro Sekunde. Also alles im grünen Bereich.“

Einmal pro Monat nehmen die Experten des LZ Stadtmitte diese „Nullratenmessung“ in der Moselstadt vor und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit. Denn der Löschzug ist als einzige Freiwillige Feuerwehr Triers neben dem klassischen Brandschutz auch für die „ABC“-Gefahrenabwehr, speziell die Dekontamination, zuständig, da er aus dem in den 70er Jahren gegründeten Gefahrenstoffzug hervorging.

Sofortige Dekontamination

„ABC“ steht für atomar, biologisch und chemisch. Einen größeren „A-Einsatz“ gab es in Trier zwar noch nie, aber aufgrund der Nähe zum französischen Atomkraftwerk Cattenom besteht immer ein Risiko. „Den atomaren Einsatz kann man mit Hilfe der Messgeräte voll kontrollieren. Man weiß genau, wo radioaktive Problembereiche bestehen und die Gefahrenzonen entsprechend einrichten“, betont Poss. Solche Sperrzonen kommen auch bei klassischen „B-Einsätzen“ zum Tragen, wenn sich beispielsweise ein Krankheitserreger in einem bestimmten Gebiet ausbreitet. Die Aufgabe der Feuerwehr ist dann die Desinfektion.

Typische „C-Lagen“ sind laut Poss Unfälle mit gefährlichen chemischen Stoffen, die  mit Lkw, Auto oder Bahn transportiert werden. So müssen oft Behälter abgedichtet und ausgetretene Giftstoffe sicher aufgefangen werden. In solchen Fällen zäunt der LZ den Gefahrenbereich ein und errichtet ein Reinigungszelt sowie eine Durchgangsschleuse innerhalb von drei bis sechs Minuten. „Wir gehen davon aus, dass die Kollegen mit Flüssigkeiten in Berührung kommen und entsprechend dekontaminiert, also „sauber gemacht werden“ müssen. Die Trennbereiche sind deshalb sehr wichtig und auch optisch in schwarz und weiß, also in dreckig und sauber, unterteilt“, erklärt Poss.

Dass diese Aufgabe alles andere als leicht ist, liegt zum einen an den ständig neu entwickelten biologischen Kampfstoffen, mit denen die Truppe noch keine Erfahrungswerte hat. Zum anderen erfordern diese Einsätze Fachwissen, das die Feuerwehrleute in speziellen Lehrgängen neben den ohnehin zeitaufwendigen „regulären“ Schulungen erwerben – für die LZ-Mitglieder eine Doppelbelastung. Pro Jahr kommt der Löschzug Stadtmitte auf rund 60 Einsätze. Allerdings seien die Aufgaben so umfangreich und anspruchsvoll geworden, dass es sich in viele Fällen schon um Zivilschutz handele, urteilt Poss.
 
Der Ausbildungsstand der Truppe ist sehr hoch. Jeder ist Atemschutzgeräteträger. Darüber hinaus sind alle zum Chemikalienschutzanzugträger fortgebildet. Das heißt jeder darf einen speziellen Schutzanzug tragen, der gasdicht vor gefährlichen Stoffen schützt. Ein Umstand, der nicht zuletzt dem langjährigen LZ-Führer Wolfgang Sevenich zu verdanken ist. „Er hat immer gesagt: ‚Bildung ist wichtig, macht euer Abitur, geht studieren, macht euren Meister.’ Das ging weit über normales Engagement hinaus, er kümmert sich um seine Leute. Auch wenn er aus privaten Gründen den Posten als LZ-Führer momentan nicht mehr ausüben kann, genießt er bei der Truppe sehr hohes Ansehen“, unterstreicht Poss.
 
Konstante Fluktuation

Aufgrund der „ABC“-Einsätze besitzt der LZ eine umfangreiche Ausrüstung. Die meisten Gegenstände sind doppelt vorhanden, um auch bei einem technischen Ausfall gewappnet zu sein. Dass sich Poss auf die Löschmannschaft selbst bei Mitgliederfluktuation verlassen kann, ist beruhigend. „Viele Studenten bekommen nach dem Studium einen Job außerhalb von Trier und müssen uns dann gezwungenermaßen verlassen. Das ist schade, aber der Beruf geht nun mal vor“, sagt Poss. Überhaupt kann der LZ Stadtmitte als „Akademikerlöschzug“ bezeichnet werden: Ob ausgebildeter Notarzt,  Maschinenbauingenieur, Psychologe oder Biogeograf – das Spektrum ist breit gestreut.

Diese Akademisierung führt schon mal zu komischen Situationen. So sprang der diplomierte Biogeograf nach einem Einsatz vor das abrückende Feuerwehrauto, um einen Hirschkäfer zu retten. „Die stehen nämlich unter Artenschutz“, sagt Poss und fügt schmunzelnd hinzu: „Damit ziehen wir ihn heute noch auf.“
 
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