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11.09.2012

Einsatz lohnt sich

Zwischenbilanz des Trierer Bündnisses für Alphabetisierung und Grundbildung

Rudolf Hahn, Chef des Bildungs- und Medienzentrums (Mitte), erläutert OB Jensen und Bürgermeisterin Angelika Birk ein Exponat der Ausstellung „ÜberLeben ohne Schrift“.
Rudolf Hahn, Chef des Bildungs- und Medienzentrums (Mitte), erläutert OB Jensen und Bürgermeisterin Angelika Birk ein Exponat der Ausstellung „ÜberLeben ohne Schrift“.
Schon ein Jahr nach dem Start ist das Trierer „Bündnis für Alphabetisierung und Grundbildung“ der größte Verbund dieser Art in Deutschland. Die Zahl der Mitglieder, darunter Kammern, viele Unternehmen sowie Weiterbildungs- und Sozialeinrichtungen, stieg von 56 auf 75. Eine erste Bilanz und ein Ausblick auf neue Projekte standen im Mittelpunkt des 13. Bildungsgesprächs auf Einladung der Stabsstelle „Lernen vor Ort“.

Gewinn für alle Beteiligten

Im Rahmenprogramm der Tagung wurde die Fotoausstellung „ÜberLeben ohne Schrift“ eröffnet. Teilnehmer eines Alphabetisierungskurses an der Essener VHS zeigen in eindrucksvollen Collagen, was dieses Handicap im Alltag bedeutet. Oberbürgermeister Klaus Jensen betonte als Schirmherr des Bündnisses, zur langfristigen Lösung des Problems, von dem in verschiedenen Ausprägungen knapp zehn Prozent der deutschen Bevölkerung betroffen sind, sei ein Paradigmenwechsel erforderlich.

Allein in Trier seien wegen des Fachkräftemangels rund 3000 Stellen in der Wirtschaft nicht besetzt. Um diese Lücke zu schließen, müssten die beruflichen Potenziale der Analphabeten durch gezielte Schulungen stärker nutzbar gemacht werden. Die Arbeit im Bündnis zur Bewältigung dieser „Herkulesaufgabe“ sei für alle Beteiligten ein „riesengroßer Gewinn.“

Kochkurs und Lernstationen

Im ersten Jahr des „Bündnisses für Alphabetisierung und Grundbildung“ wurden der Austausch und die Vernetzung zwischen den zahlreichen Partnern durch viele kleine Schritte verbessert. So entstanden unter anderem eine Koordinierungsstelle, ein Newsletter sowie eine Profildatenbank der zahlreichen Angebote.

Im Dezember wurde ein Alphabetisierungsprogramm mit Multiplikatoren in Trier-West getestet. In diesem Stadtteil läuft derzeit in Kooperation mit dem Quartiersmanagement und einer Krankenkasse ein Kochkurs: In diesem handlungsorientierten und niedrigschwelligen Angebot werden feinmotorische Fähigkeit geschult, die eine wichtige Voraussetzung für das Schreiben sind. Durch das Kochen als gewohnte Alltagstätigkeit in der vertrauten Umgebung des Stadtteiltreffs werden in einem eher spielerischen Ambiente Hemmungen und Ängste abgebaut. Erste kleine Erfolge stärken das Selbstbewusstein der Teilnehmer. Dank der verbesserten Schreibfähigkeiten soll bis Jahresende ein Kochbuch mit Lieblingsrezepten aus Trier-West entstehen.

Auf die Nutzung des beruflichen Umfelds setzt das geplante Modellprojekt zur arbeitsplatzorientierten Alphabetisierung und Grundbildung ab 1. November. Schulungen sollen in die betriebliche Kompetenz- und Personalentwicklung integriert werden. Als zusätzliche Unterstützung sind Lernpaten im Einsatz. Im Rahmen der konkreten Umsetzung sollen einzelne Stadtteiltreffpunkte zu Lerncafés umgewandelt werden. In der Stadtbibliothek, die ihre Angebote zur Alphabetisierung ausweitet, entstehen Lernstationen. Das Modellprojekt wird vom Bund gefördert.