Sprungmarken
16.01.2007

Eine Frage des Fingerspitzengefühls

Michael Jörg surft mit Hilfe der Braille-Zeile, die hier die Texte der Startseite von www.trier.de in Blindenschrift überträgt, im Internet.
Michael Jörg surft mit Hilfe der Braille-Zeile, die hier die Texte der Startseite von www.trier.de in Blindenschrift überträgt, im Internet.
Wenn Michael Jörg an seinem Computer arbeitet, hat er für die Maus keine Verwendung. Statt dessen schaltet er die Lautsprecher ein oder – wenn seine Frau gleichzeitig im selben Zimmer arbeitet – setzt einen Kopfhörer auf.

Vor elf Jahren erkrankte Michael Jörg an einem Augenleiden, das seine Sehkraft immer mehr schwächte. Heute kann er nur noch schemenhaft hell und dunkel unterscheiden. Dennoch nutzt der 44jährige gern den Computer in seiner Morbacher Wohnung und pflegt einen regen E-Mail-Schriftverkehr.
„Ich habe früher sehr gern Briefe geschrieben, E-Mails sind dafür ein sehr guter Ersatz. Außerdem ist es eine stressfreiere Form der Kommunikation als beispielsweise Telefonate“, erklärt Jörg. Mit Hilfe von Jaws, einem Bildschirmleseprogramm (Fachbegriff: Screenreader), lässt er sich seine eingegangenen Nachrichten von einer leicht blechern klingenden Maschinenstimme vorlesen. Will er antworten, greift Jörg zur Tastatur. Seine Eingabe wird von Jaws Buchstabe für Buchstabe wiedergegeben, so dass er einen Tippfehler sofort korrigieren kann. Den fertigen Brief lässt er sich anschließend noch einmal vorlesen.

Screenreader und Braille-Zeile

Ein weiteres Hilfsmittel zur Computernutzung für Blinde ist die Braille-Zeile. Dieses Gerät setzt den Bildschirmtext fortlaufend in Blindenschrift um, die der Nutzer mit seinen Fingern ertastet. „Ich benutze die Braille-Zeile vor allem dann, wenn ich die genaue Schreibweise eines Eigennamens brauche. Da kommt man allein mit der Akustik oft nicht weiter“, erläutert Michael Jörg.

Braille-Zeile und Screenreader erschließen blinden Menschen auch die weite Welt des Internets. Thomas Stiren vom Trierer Internet-Dienstleister rdts glaubt, dass das Word Wide Web gerade für diese Personengruppe einen „ganz neuen, erweiterten Zugang zu Wissen und Information“ bieten kann. Damit dieser Mehrwert auch ankommt, müssen Web-Seiten allerdings barrierefrei programmiert sein. Kriterien hierfür finden sich zum Beispiel in der Verordnung zur Barrierefreien Informationstechnik (BITV), an der sich auch das Internet-Portal der Stadt Trier (www.trier.de) orientiert. Da der Screenreader mit Grafiken nichts anfangen kann, sollten sich alle Inhalte über Textmenüs erschließen lassen. Zu Bildern muss stets ein erklärender Text hinzugefügt werden. Für die Gestaltung des Layouts dürfen keine Tabellen oder „Frames“ verwendet werden. Speziell für Sehbehinderte kann auf trier.de die Schrift vergrößert werden, es wird auf klare Kontraste zwischen Text und Hintergrund geachtet.  

Ärgerliche Pop-Ups

„Eine Falle, über die der Screenreader unweigerlich stolpert, sind auch die sogenannten Pop-Up-Fenster, die sich meist zu Werbezwecken ohne Vorwarnung öffnen“, berichtet Michael Jörg. Damit beim Surfen innerhalb eines Stadt-Portals wie trier.de nicht bei jeder Seite das umfangreiche Menü vorgelesen wird, werden Sprungmarken eingebaut, die der Nutzer mit einfachen Tastenbefehlen ansteuern kann. Dennoch ist es für Jörg nicht ganz einfach, in dem rund 20.000 Seiten umfassenden Angebot gezielt nach Informationen zu suchen. Einige Anläufe sind nötig, bis er den Aufbau der Website nachvollziehen kann und schließlich doch noch zu der Seite mit den neuesten Artikeln aus der Rathaus Zeitung gelangt.