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24.10.2006

Einblicke in indische Kulturen

Autoren aus dem Schwerpunktland der Frankfurter Buchmesse lasen im Rathaus

Der Rathaussaal war gut gefüllt, als auserlesene Autoren aus Indien zu einer zweistündigen Lesung nach Trier gekommen waren. Gulzar, Kanimozhi Karunanidhi, Pratibha Ray und Upamanyu Chatterjee sind herausragende Beispiele der aktuellen indischen Literatur. Trier war nach der Frankfurter Buchmesse und Stuttgart die dritte Station ihrer Lesereise. Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit von Volkshochschule und Katholischer Akademie statt und wurde vom Rathaus unterstützt. Der deutsch-indische Schriftsteller Rajvinder Singh, der derzeit in Trier lebt und arbeitet, begleitete die Autoren und vermeldete zur Begrüßung stolz, dass mit weit über 80 Besuchern Trier sowohl Berlin als auch Stuttgart übertroffen habe. Ein zentrales Thema bei der Vorstellung war die Frage, welche Sprache die Autoren wählten. Englisch ist nur eine der 22 indischen Literatursprachen. So lasen die Autoren zunächst einen Text oder ein Gedicht in ihrer jeweiligen Sprache vor. Die deutsche Übersetzung übernahmen VHS-Leiter Rudolf Hahn für die Prosatexte und Rajvinder Singh für die Gedichte. Die Autoren kommen aus ganz unterschiedlichen Landesteilen und gaben einen Einblick in die Vielfalt der indischen Kulturen.

„Dichtung ist und bleibt meine wahre Leidenschaft. Sie ist meine Lebenslinie“, sagt Gulzar, der im pakistanischen Teil Punjabs geborene und seit über 40 Jahren in Mumbai lebende Dichter der Urdu-Sprache. Er ist zudem einer der bekanntesten Autoren-Film-Regisseure Indiens. Diese Leidenschaft zur Dichtung betont auch seine jüngere Kollegin aus Tamilnadu, Kanimozhi Karunanidhi, die bereits 1997 auf dem Internationalen Poesiefestival in Paris ihre Zuhörer zutiefst beeindruckte.

Tabuthemen dargestellt

Upamanyu Chatterjee, der selbst in der öffentlichen Verwaltung arbeitet, hat in seinen Romanen die Nahtstelle zwischen Bürokratie und Öffentlichkeit hervorragend aufgezeichnet und in faszinierender Weise Humor mit der bissigen Kraft der Ironie verflochten. Pratibha Ray, eine humanistische Autorin aus Orissa, nennt Dinge beim Namen, die gern totgeschwiegen werden: Ihre Schilderung der Verheiratung eines minderjährigen Jungen mit einer erwachsenen Frau und der tragischen Konsequenzen dieses Brauchs bis hin zum Aussterben des Stammes wühlte das Publikum sichtlich auf.