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22.11.2016

Die vielen Facetten des Schmückens

Studentin Gina Müller richtet ihre Arbeit „reMake Onno Boekhoudt“ in einer Vitrine ein. Die Serie widmet sich in verschiedenen Materialien, etwa Holz und Latex, dem Bild eines Hauses und ist eine Hommage an den 2002 verstorbenen Schmuckdesigner Onno Boekhoudt. Foto: Stadtmuseum
Studentin Gina Müller richtet ihre Arbeit „reMake Onno Boekhoudt“ in einer Vitrine ein. Die Serie widmet sich in verschiedenen Materialien, etwa Holz und Latex, dem Bild eines Hauses und ist eine Hommage an den 2002 verstorbenen Schmuckdesigner Onno Boekhoudt. Foto: Stadtmuseum
Im Stadtmuseum Simeonstift wird eine neue Sonderausstellung aufgebaut: Gemeinsam mit der Fachrichtung Edelstein und Schmuck der Hochschule Trier in Idar-Oberstein ist eine groß angelegte Präsentation zeitgenössischen Schmucks entstanden. Arbeiten von über 100 Studierenden und Absolventen beleuchten die vielen Facetten.

Wer an Schmuck denkt, hat meist ganz bestimmte Bilder vor Augen: Ringe, Armbänder, Broschen, gefertigt aus glänzendem Gold und besetzt mit glitzernden Edelsteinen. Ein Sinnbild für Luxus und Wohlstand. Mit dieser Idee von Schmuck haben die Kreationen der Fachrichtung Edelstein und Schmuck der Hochschule Idar-Oberstein auf den ersten Blick wenig gemein. Die rund 100 Arbeiten dienen nicht in erster Linie der Dekoration ihrer Trägerinnen und Träger, sondern sie sind Träger von Gedanken und Haltungen. Von Materialuntersuchungen über freikünstlerische Objekte bis hin zu Fotos und Videos  setzen sich Studierende, Absolventinnen und Absolventen mit dem Thema Schmücken auseinander – klassisch, extravagant, experimentell, in unerwarteten Materialien und mit junger Ästhetik. Diese Studien weiten den Blick auf Schmuck als ein gesellschaftliches Ritual: Warum schmücken wir uns? Welche Wirkung hat es auf eine Person, wenn sie ein Schmuckstück anlegt?

Die Arbeiten der Ausstellung sind das Ergebnis langwieriger gedanklicher und handwerklicher Prozesse. Manche thematisieren gesellschaftliche und politische Fragen, andere kreisen um ganz persönliche Erfahrungen und Reflexionen, wieder andere sind Experimente mit Materialien. Ein zentraler Werkstoff, der für die Arbeit auf dem Campus in Idar-Oberstein steht, ist der Edelstein. „Edelsteine müssen zwar nicht in jeder Arbeit vorhanden sein, doch eine Haltung zum Material soll entwickelt werden“, erklärt Theo Smeets, Professor für Edelstein und Schmuck in Idar-Oberstein. Nicht von ungefähr war die Stadt an der Nahe doch über Jahrhunderte ein florierender Standort des internationalen Edelsteinhandels.

1986 wurde in Idar-Oberstein die Fachrichtung Edelstein und Schmuck als Teil des Fachbereichs Gestaltung der Hochschule gegründet. Heute bietet der Standort ein weltweit einzigartiges Umfeld für angehende Schmuckgestalter, die auf Bachelor- und Masterniveau studieren können. Neben den Kollektionen von Studierenden und Absolventen, die im Neubau des Stadtmuseums ausgestellt sind, haben acht Studierende sich für das Projekt „reMake“ von Ausstellungsstücken aus der Dauerausstellung über die Trierer Stadtgeschichte inspirieren lassen. So war die Schandmaske, ein mittelalterliches Folterinstrument zur öffentlichen Schmähung, der Ausgangspunkt für Vanessa Zöllers Arbeit „Maske“: ein Spiegel, der sich über die gesamte Breite des Gesichts erstreckt und wie ein Visier vor den Augen befestigt ist. Der Träger ist somit gezwungen, sich unablässig selbst anzuschauen. Für Zöller eine zeitgenössische Variante der mittelalterlichen Schmähung als Strafe: Die Verurteilung findet nicht mehr von außen durch andere statt, sondern das Individuum richtet sich selbst ohne Gnade.

  • Eröffnung am Sonntag, 27. November, um 11.30 Uhr bei freiem Eintritt im Stadtmuseum Simeonstift, Festvortrag von Dr. Claudia Banz, Leiterin der Sammlung „Kunst und Design – Biedermeier bis Gegenwart“ am Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg.