Sprungmarken
11.07.2006

Der Teamgeist radelt immer mit

Unterwegs mit der 8. Tour d’Europe Fair Play

Wie ein Lindwurm schlängelt sich das Fahrerfeld der Tour d'Europe Fair Play durch das Kylltal.
Wie ein Lindwurm schlängelt sich das Fahrerfeld der Tour d'Europe Fair Play durch das Kylltal.
„Drei Überholer!“ Der Ruf kommt von links hinten und verbreitet sich wie ein Lauffeuer durch die Zweier-Reihen der Tour d’Europe. Jeder weiß: Jetzt mit dem Rad möglichst weit rechts fahren, damit die „Überholer“ genügend Platz haben. Schon ziehen sie vorbei und werden bald wieder ihren Platz hinter dem Führungsauto einnehmen. Dort werden sie dringend benötigt: Ihre Aufgabe ist es, Kreuzungen zu sperren, damit der Tour-Tross diese Stellen gefahrlos und ohne anzuhalten passieren können.

Jeder hilft mit

Viele Rädchen müssen ineinandergreifen, wenn 250 zumeist jugendliche Radfahrer eine Woche lang im dichten Pulk auf Landstraßen unterwegs sind. „Unser System hat sich im Lauf der Jahre nach und nach herausgebildet und bewährt sich jetzt“, erklärt Tour-Organisator Klaus Klaeren, Geschäftsführer der Sportakademie in Trier. Auf der letzten Etappe der achten Tour d’Europe Fair Play von Gerolstein nach Trier bilden die Teilnehmer ein bestens eingespieltes Team. Jeder hilft mit, wenn es darum geht, mit Handzeichen und Warnrufen frühzeitig auf Hindernisse, Engstellen oder Gegenverkehr aufmerksam zu machen. Sonst wären Massenstürze, wie sie der geneigte Fernsehzuschauer von der Tour de France kennt, vorprogrammiert. Wer an einer Steigung zu kämpfen hat, wird mit aufmunternden Zurufen bedacht oder von stärkeren Fahrern angeschoben. Mit einem Platten oder einer defekten Bremse bleibt man nicht lange allein am Straßenrand – ein technisch versierter Helfer ist stets zur Stelle.

Nie im Besenwagen

Zwischenstation Hüttingen im Kylltal. Die Bürger haben einen herzlichen Empfang für die Tour organisiert, Freiwillige verteilen Malzbier und Würstchen. Auch Aaron, Sebastian, Johannes, Jan und Florian haben ihre Ration erhalten. Die Viertklässler aus Wasserliesch zählen mit zehn Jahren zu den jüngsten Teilnehmern. Aaron und Sebastian haben die rund 750 Kilometer lange Strecke durch vier Länder bewältigt, ohne ein einziges Mal in den Besenwagen – das letzte Begleitfahrzeug, das erschöpfte oder verletzte Fahrer aufsammelt – steigen zu müssen. Nicht einmal bei gefühlten 40 Grad schwüler Hitze auf der Fahrt von Homburg nach Saarbrücken. Und auch nicht auf der „Königsetappe“, als es auf der Fahrt durch Eifel und Ardennen bis auf 630 Meter nach oben ging.

Am Anfang war es für die Jungs ungewohnt, in einer großen Gruppe zu fahren. „Man muss das Rad richtig gut beherrschen, sonst fährt man dem Vordermann drauf“, meint Aaron. Johannes landete einmal im Busch und verletzte sich leicht, weil sein Nebenmann plötzlich zu weit rechts fuhr. Ein paar Schrammen haben im Lauf der Woche fast alle abbekommen.

Botschafter der Welthungerhilfe

Bei der Zielankunft auf dem Fort Worth-Platz in Trier werden die Jugendlichen von Eltern, Geschwistern und Freunden mit Transparenten und viel Applaus gefeiert. In das Spalier hat sich neben die beiden Schirmherren, Bürgermeister Georg Bernarding und Innenminister Karl Peter Bruch, auch Ministerpräsident Kurt Beck eingereiht, da in der benachbarten Arena zeitgleich der SPD-Landesparteitag stattfindet.

Als der Schweiß abgewischt ist und sich die erste Wiedersehensfreude gelegt hat, verkündet Klaus Klaeren das vorläufige Spendenergebnis der Tour: Allein die Kinder und Jugendlichen haben von persönlichen Sponsoren über 15.000 Euro erhalten. Hinzu kommen Spenden der teilnehmenden Schulen. Das Geld geht an ein Schulbauprojekt der Deutschen Welthungerhilfe im rheinland-pfälzischen Partnerland Ruanda.

Trotz dieser beachtlichen Summe sieht Dr. Hans-Joachim Preuß, Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe, den wichtigsten Nutzen der Fair Play-Tour nicht im unmittelbaren Spendenaufkommen, sondern im Werbeeffekt: „Bessere Botschafter als diese jungen Menschen, die eine ganze Region mit ihrer Begeisterung und Einsatzbereitschaft anstecken, kann man sich nicht vorstellen.“ Preuß ließ sich selbst mitreißen und fuhr die letzte Etappe mit, wobei er beachtliche Kletterqualitäten unter Beweis stellte.