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14.03.2006

Der Tanz des Verräters

Ballett-Premiere: „Judas“

Die Frage nach der menschlichen Schuld steht im Mittelpunkt des Tanzstücks „Judas“, das Ballettdirektor Sven Grützmacher ab Sonntag, 26. März, auf die Theaterbühne bringt.

Der Name Judas aus Kerioth steht als Synonym für Verrat, Lüge, Käuflichkeit und Versagen. Er ist das große Tabu der christlichen Religion, eine Auseinandersetzung mit seiner Figur findet in der Literatur praktisch nicht statt. Jesus und Judas sind zunächst Weggefährten auf der Suche nach Gott und der Menschenliebe. Sie verfolgen dieselben Ziele, bis die Umsetzung der „gemeinsamen Sache“ sie entzweit und die tragische Geschichte vom Verrat beginnt. Durch Judas stirbt Jesus am Kreuz, doch nur so kann Jesus zum Erlöser werden: ein unauflösbarer Widerspruch.

Grützmacher stellt in seiner Inszenierung die Frage nach Eigenverantwortlichkeit und der Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Gibt es individuelle oder kollektive Schuld? Wo verläuft die Grenze? Gibt es Unschuld oder sind alle auf irgendeine Weise schuldig? Judas ist nicht die „Inkarnation des Bösen“, sondern erscheint als einer, der seit über 2000 Jahren die individuelle Schuld der Menschen trägt. Die humane Dimension steht im Vordergrund, nicht die theologische Auseinandersetzung.

Uraufführung des Tanzstücks zu Musik von Johann Sebastian Bach, Arvo Pärt, Franz Ignaz Biber und anderen ist am Sonntag, 26. März, 19.30 Uhr, im Großen Haus. Weitere Aufführungen am 13., 23. und 29. April, am 13. und 20. Mai sowie zum letzten Mal am 2. Juni.