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19.01.2016

Der Künstler und das Double

Michael Thielen, der Karl Marx zum Verwechseln ähnlich sieht, posiert mit dem chinesischen Künstler Wu Weishan für die Fotografen.
Michael Thielen, der Karl Marx zum Verwechseln ähnlich sieht, posiert mit dem chinesischen Künstler Wu Weishan für die Fotografen.
Welchen Stellenwert Karl Marx und sein Geburtsort Trier für die Chinesen hat, ist hinlänglich bekannt. Viele ranghohe Chinesen in Deutschland waren bereits in der Stadt, zuletzt der chinesische Botschafter mit seinem Generalkonsul, der bei diesem Besuch im Karl Marx-Haus ein Geschenk für den 200. Geburtstag versprach. Dieses nimmt nun konkrete Formen an.

Mit Professor Wu Weishan hat die chinesische Staatsregierung ihren wahrscheinlich populärsten Künstler mit der Anfertigung einer Marx-Statue beauftragt. Die Werke des renommierten Künstlers, der in China zunächst Malerei studierte, sich dann aber auch in Europa und den USA bei berühmten, internationalen Lehrmeistern in der Bildhauerei ausbilden ließ, wurden von in- und ausländischen Kunststiftungen erworben. Zudem ist Wu Weishan der einzige chinesische Künstler, der Mitglied der Britisch-Königlichen Kunstakademie für Malerei und Skulptur ist. Daneben ist er Direktor wichtiger chinesischer Kunstmuseen und Präsident der chinesischen Akademie für Skulptur. Erstaunlich, dass er dabei noch die Zeit für kreatives Arbeiten hat.

Die Fingerabdrücke bleiben

Über 500 Skulpturen hat der 54-Jährige inzwischen geschaffen. Sie wurden in vielen Ländern ausgestellt und einige mit hohen Auszeichnungen versehen. Seine Arbeiten zeichnet aus, dass sie das Erbe der großen jahrhundertealten chinesischen Kultur und Tradition mit der Moderne vereinen, so die Meinung der Fachleute. Viele große Persönlichkeiten der chinesischen Geschichte hat er so schon modelliert.

Weishan arbeitet in Ton ohne große Vorarbeit. Intuitiv und schnell formt er das zunächst weiche Material mit seinen Händen, sodass die Fingerabdrücke auch später noch erkennbar sind. „Die Fingerabdrücke stehen in Verbindung mit meinem Herzen und dieser Ausdruck ist für mich sehr wichtig“, so der Künstler. Vertiefungen und Höhlungen werden herausgekratzt, weniger Wichtiges bleibt grob, sodass sein persönlicher Stil unverkennbar ist.

Ist die Arbeit fertiggestellt, wird das Tonmodell abgeformt und in einem aufwendigen Verfahren in Bronze gegossen. Weishan wählt dieses Material, um „etwas Altes auszudrücken“. Das passt zum historischen Trier und soll auch eine Arbeit für die Zukunft sein. Die Skulptur, deren Größe noch nicht festgelegt ist, soll mit der Zeit und dem Werk von Karl Marx korrespondieren. Etwa eineinhalb Jahre wird die Herstellung der Skulptur in Peking dauern, die von der Art realistisch werden soll.