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23.12.2014

"Demographischer Gipfel" erst 2050

Seniorengruppe beim Gymnastikkurs
Gesundheit ist ein Handlungsfeld der Neujustierung im Pflegebereich. Dabei spielt Prävention eine wichtige Rolle. Ein Beispiel ist der Gymnastikkurs im Trierer Stift St. Irminen unter Leitung von Ulrike Berger (r.).
In Trier besteht dank leistungsfähiger Strukturen kein Pflegenotstand, es sind aber erhebliche Anstrengungen nötig, um den demographischen Wandel zu bewältigen. Da die Kommunen kaum Einfluss auf die von den Pflegekassen vorgegebene Versorgung hat, konzentriert sich der vom Stadtrat zustimmend zur Kenntnis genommene Strukurplan auf Neujustierungen bei Wohnprojekten, Hilfen für die Angehörigen sowie Angebote in den Stadtteilen.

Als ersten Schritt bewilligte der Stadtrat für 2015 und 2016 jeweils 20.000 Euro für eine Befragung der über 60-jährigen Bürger in den Stadtteilen für eine Datenbank. Zudem soll ein gesamtstädtisches Konzept entstehen. Der unter der Leitung des Sozialdezernats und des Trierer Fachbüros Kappenstein entstandene Strukturplan formuliert eine Reihe übergeordneter Ziele, darunter eine verbesserte Teilhabe der älteren Generation und Fortschritte bei der Inklusion, um eine Pflege „mitten in der Gesellschaft“ zu ermöglichen.

Der erste Teil bietet eine fundierte Analyse der aktuellen Situation. Dabei wird festgestellt, dass es in Trier besser aussieht als in vielen anderen Regionen Deutschlands: „Chancen ergeben sich aus der Tatsache, dass die Gesamtbevölkerung bis 2030 nicht ab- sondern zunehmen wird. Sie wird ab 2020 zwar altern, aber nicht dramatisch.“ Dabei sei zu berücksichtigen, dass der „demographische Gipfel“ mit dem höchsten Anteil älterer Menschen etwa erst 2050 erreicht wird. Dann sind zum Beispiel Angehörige des geburtenstärksten Nachkriegsjahrgangs 1964 86 Jahre alt und in vielen Fällen pflegebedürftig. Dafür müsse schon jetzt Vorsorge getroffen werden, so die Autoren der Analyse. Die Zahl der über 80-Jährigen in Trier, bei denen der Pflegedarf erfahrungsgemäß rapide anwächst, steigt nach aktuellen Prognosen von rund 5800 im vergangenen Jahr auf etwa 6400 im Jahr 2030. Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt bis 2035 nach verschiedenen Prognosen auf 2600 bis 3100 Personen, darunter immer mehr Demenzpatienten.

Heute werden rund 70 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause betreut. Dieser Anteil wird künftig sinken  durch die geringere Kinderzahl und die höhere Mobilität bei Familienmitgliedern, die nicht mehr vor Ort für die Pflege zur Verfügung stehen. Daher sollen wohnortnahe Strukturen durch die Tagespflege gestärkt werden. Das ergänzende gesamtstädtische Konzept wird die Aktivitäten in den Stadtteilen in einen Gesamtzusammenhang stellen. Es bezieht sich auf Rahmenbedingungen der Pflege mit den Handlungsfeldern Bildung, Begegnung, Gesundheit und Wohnen. Weiterer Schwerpunkt ist die Kommunalisierung der Pflegestützpunkte.

Als einen „entscheidenden Risikofaktor“ für die Stabilität des Systems benennen die Autoren einen „wahrscheinlichen Engpass an Pflegekräften“ trotz sehr guter Aus- und Weiterbildungsangebote in Trier. Das hänge vor allem damit zusammen, dass viele wegen der besseren Bezahlung nach Luxemburg wechseln. Zur Weiterentwicklung der Pflegestrukturen enthält der Plan weitere Ziele: Neben der Pflege zu Hause, im Heim und in Tageseinrichtungen müssten neue Ansätze, etwa durch gemeinschaftliche Wohnformen, unterstützt werden. Bürgermeisterin Angelika Birk weist in ihrem Vorwort für den Plan auf weitere Probleme hin, die bei der Planung zu berücksichtigen sind, darunter die Altersarmut. Die Durchschnittsrenten seien in Trier relativ niedrig. Zudem steige die Zahl älterer Empfänger von Leistungen der Grundsicherung.