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23.12.2014

Dem Ziel ein gutes Stück näher gekommen

OB Klaus Jensen
Oberbürgermeister Klaus Jensen. Foto: Lorig
Die Amtszeit von Oberbürgermeister Klaus Jensen läuft am 31. März kommenden Jahres aus. Auf die oft gestellte Frage, was er nach der achtjährigen aufreibenden Tätigkeit am ersten Tag danach machen werde, antwortet er mit einem Augenzwinkern, die „Leute in den April schicken“. Im Jahresschlussinterview mit der Rathaus Zeitung (RaZ) äußert sich Jensen dann aber auch ohne Aprilscherz über seine Pläne nach dem 1. April und zieht eine Bilanz über die zurückliegenden zwölf Monate. In den verbleibenden drei Monaten möchte der 62-Jährige das ein oder andere Projekt noch abschließen oder zumindest noch voranbringen.Mit seinem geschätzten Nachfolger Wolfram Leibe bespricht er sich bereits regelmäßig über organisatorische, aber auch inhaltliche Dinge, damit, so Jensen, Triers zukünftiger OB seinen Dienst am 1. April nicht „aus dem Nichts antreten muss“.

RaZ: Herr Jensen, auch wenn Sie nicht so gerne darüber sprechen, aber die RaZ-Leser interessiert es schon, was Sie für die Zeit nach dem ersten April planen?

OB Jensen: Ich weiß, es wird viel darüber spekuliert. Ich werde auf keinen Fall nochmals eine bezahlte regelmäßige Tätigkeit aufnehmen und ich werde mich sicherlich wieder stärker meiner Stiftung zuwenden. Und ich möchte dann meine Frau häufiger sehen, als dies jetzt möglich  ist.

Nun hat die Luxemburger Regierung verkündet, Sie zum Honorarkonsul unseres Nachbarlandes zu ernennen.

Ja, das ist richtig. Ich empfinde es als große Ehre, nach meinem Ausscheiden aus dem OB-Amt zum Ausbau der deutsch-luxemburgischen Beziehungen beitragen zu dürfen. Seit ich 1976 nach Trier gezogen bin, habe ich zahlreiche Berührungspunkte in meinen verschiedenen beruflichen Zusammenhängen und privat mit Luxemburg erleben dürfen und das Land und seine Menschen schätzen gelernt. Ich freue mich sehr auf die ehrenamtliche Funktion.

Was sind denn die drei wichtigsten Aufgaben, die Sie in der verbleibenden Zeit bis zum 31. März möglichst noch umsetzen oder auf den Weg bringen möchten?

Dazu gehören auf jeden Fall das Zukunftskonzept Trier 2025, die Engführung der Debatte um den Flächennutzungsplan und weitere Schritte für das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum.

Auch das zurückliegende Jahr war wieder reich an Ereignissen. Was waren für Sie 2014 auf kommunaler Ebene die herausragenden Begebenheiten?

Der Grundlagenbescheid des Landes zum Projekt „Stadtumbau/Soziale Stadt“ hat mich riesig gefreut. Es ist ganz selten, für so viele Jahre zu langfristigen Entwicklungen eines Stadtteils eine Mittelzusage über 20 Millionen Euro zu bekommen. Der Besuch des Bundespräsidenten und die Wiedereröffnung der Schatzkammer unserer Stadtbibliothek waren wunderbare Termine, aber auch die bundesweit beachtete Rehabilitation der in Trier verbrannten Hexen war ein bewegender Moment.

Sie haben verschiedentlich beklagt, es gebe Bereiche, da werde viel geleistet, aber die Öffentlichkeit oder die Medien würden das nicht so richtig wahrnehmen oder einschätzen.

Das stimmt! Hierzu gehört beispielsweise die positive Entwicklung der Stadt mit erfreulichen strukturellen Daten in vielen Bereichen. Die Einwohnerzahl steigt und wir haben bei geringen Arbeitslosenzahlen eine noch nie zuvor erreichte Zahl an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen. Der öffentliche Fokus aber wird bevorzugt auf Detailprobleme gelegt. Als Verwaltungschef sage ich auch eindeutig, dass die positive Arbeit der vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und auch des Rates nicht entsprechend gewürdigt wird, bei aller berechtigten Kritik, die es in Einzelfällen natürlich geben mag. Dann spielen sich viele Prozesse, etwa bei der oft mühsamen und langwierigen Mittelbeschaffung für Projekte, die unsere Stadt weiter bringen werden, hinter den Kulissen ab. Dieser Einsatz ist für die Stadt aber erheblich effektiver als so manche tagespolitischen Aufgeregtheiten.

Mit der Begegnung von Bundespräsident Joachim Gauck im Sommer und jüngst mit Papst Franziskus in Rom als Begleiter Ihrer Frau, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, konnten Sie zwei herausragende Persönlichkeiten im direkten Gespräch kennen lernen. Was bleibt Ihnen hiervon in Erinnerung?

Das hohe Maß an offener und ehrlicher Aufmerksamkeit und Interesse, das beide in ähnlicher Weise in einer völlig entspannten Atmosphäre ihrem Gegenüber entgegenbrachten, haben meine Frau und mich tief beeindruckt. Von Überheblichkeit zweier so herausragender Persönlichkeiten war da nichts zu spüren. Ihre Art und Weise, sich den Menschen zuzuwenden ist absolut authentisch und ist keine Masche.

Viel ist in den zurückliegenden Wochen und Monaten über die geringe Wahlbeteiligung bei den Kommunal- und OB-Wahlen geschrieben worden. Dabei war die Meinung vorherrschend, die Ursache hierfür liege bei der Politik und die müsse sich ändern.

Natürlich muss sich die Politik der Kritik von außen stellen und sie muss sich selbstkritisch auch immer wieder selbst infrage stellen. Aber ich entlasse die Wahlberechtigten auch nicht aus ihrer Verantwortung. Die Verantwortung für die Entwicklung und Stabilität unserer Demokratie liegt in erster Linie bei den Bürgerinnen und Bürgern. Es gab noch nie so viel Transparenz und Bürgerbeteiligungsangebote wie heute. Und es gab sowohl bei den Kommunal-, als auch bei den OB-Wahlen inhaltliche und personelle Alternativen. Ich kann die geringe Wahlbeteiligung nicht akzeptieren. Und vielleicht hängt es auch, wie Umfragen ungeschminkt ergeben haben, einfach mit mangelndem Interesse zusammen. Dennoch müssen wir für die überhaupt nicht selbstverständlichen demokratischen Errungenschaften werben und uns für sie einsetzen. Und wir müssen versuchen, junge Menschen für die Politik zu interessieren.

Die Haushaltslage hat nach vielen Jahren der zunehmenden Verschuldung und allgemeinen Hoffnungslosigkeit nun doch wieder eine günstigere Entwicklung genommen. Zeichnet sich am Horizont strukturell ein Silberstreif ab oder ist das alles nur der historischen Niedrigzinsphase zu verdanken?

Die Haushaltssituation bleibt nach wie vor sehr ernst, aber sie hat sich in jüngster Zeit positiv entwickelt. Dafür habe ich in den vergangenen Jahren einen großen Aufwand betrieben. Es hat sich gelohnt, die Neuverschuldung wird immer geringer. Die aktuell niedrigen Zinsen helfen uns, aber entscheidend sind unsere eigenen Konsolidierungsbemühungen und erhebliche Einnahmeverbesserungen, wie bei den Zuweisungen des Landes, der Schülerbeförderung und durch den Entschuldungsfonds. Jetzt warten wir noch auf die vom Bund zugesagten Zuschüsse zu den Wiedereingliederungshilfen. Unser bis vor Jahren noch utopisches Ziel, keine neuen Liquiditätskredite mehr aufzunehmen, ist ein gutes Stück näher gerückt.

Im sportlichen Bereich geht es jedes Jahr für die TBB und die „Miezen“ um den Klassenerhalt in der Bundesliga, die Eintracht hat sich in der Regionalliga „festgesetzt“. Wie beurteilt der Sportfan Klaus Jensen die Situation und die Perspektiven der Trierer Spitzenclubs?

Trier ist und bleibt eine Sportstadt. Das gilt für den Breiten-, aber auch für den Spitzensport. Die Rahmenbedingungen sind für unsere Spitzen- und Bundesligavereine in einer 100.000-Einwohnerstadt allerdings schwierig. Großsponsoren sind rar, die Vereine sind von der wohlwollenden Unterstützung mittlerer und kleiner Sponsoren abhängig. Es gehört schon viel Enthusiasmus und Engagement dazu, dennoch in diesem finanziell schwierigen Umfeld sportlich mithalten zu können. Aber der Sport hat in Trier eine große Tradition und er wird bestimmt auch eine Zukunft haben. Und das ist auch für die Nachwuchsförderung wichtig.

Zu den Top-Themen gehören der Intendantenwechsel am Theater und die Frage, was baulich mit dem Dreispartenhaus am Augustinerhof passieren soll, das dort vor genau 50 Jahren eröffnet wurde. Welchen Stellenwert hat für Sie das Trierer Theater?

Das Theater hat eine herausragende Funktion und Bedeutung in der Stadt und für die ganze Region. Es ist für mich unverzichtbar als Bestandteil der kulturellen Bildung für alle Altersgruppen. Und es zählt längst zu den harten Standortfaktoren, die für die Attraktivität und Anziehungskraft einer zukunftsorientierten Stadt von Bedeutung sind. Selbstverständlich müssen auch hier Programm und Inhalte immer wieder hinterfragt werden. Wir sollten aber alles daran setzen, die Menschen in der Stadt und der Region für diese wichtige kulturelle Institution zu begeistern und zu mobilisieren. Wenn wir das Haus langfristig sichern wollen, muss sich allerdings auch in der Finanzierung die große regionale Bedeutung widerspiegeln. Letztlich entscheiden die Menschen in der Region mit hoffentlich mehr Besuchen über die Zukunft des Theaters.

Was sagen Sie zu den aktuellen Diskussionen über mögliche Bündnisse zwischen den Ratsfraktionen? Ist das eine legitime politische Zweckgemeinschaft oder wäre es besser, wenn der Rat von Fall zu Fall ohne vorherige feste Vereinbarungen entscheidet?

Also, ich bin da hin- und hergerissen, denn natürlich ist es legitim, wenn sich Fraktionen zusammenschließen. Allerdings darf die Motivation für solche Bündnisse nicht fremdbestimmt sein. Aus meiner praktischen Erfahrung der zurückliegenden Jahre, einschließlich des gescheiterten Ampelbündnisses, muss ich sagen, dass wir bei wichtigen Fragen für unsere Stadt mit der Kooperation innerhalb des Rates über viele Fraktionen hinweg gut gefahren sind. Zu den großen Themen wurden in den allermeisten Fällen auch breite Mehrheiten gefunden und niemand brauchte sich ausgeschlossen zu fühlen. Sachfremde Entscheidungen, die nur dem Koalitionsfrieden geschuldet sind, schaden der Stadt und ihren Menschen.

Die meisten Menschen begehen den Jahreswechsel mit guten Vorsätzen. Was nehmen Sie sich für ein Jahr vor, das für Sie sozusagen den Eintritt ins Rentneralter mit sich bringt?

Das ist eine sehr schwierige Frage, über die ich mir in der Hektik des Alltagsgeschehens eigentlich noch gar keine richtigen Gedanken machen konnte. Ich möchte versuchen, in meinem bevorstehenden neuen Lebensabschnitt reflektiert zu leben und dabei eine Balance zwischen einem dann sicherlich entschleunigten Leben und neuen sinnvollen Tätigkeiten zu finden. Sicher ist, dass ich Trier eng verbunden bleibe. Die Zeit als OB hat meine Zuneigung noch mehr vertieft.

Das Gespräch führte Hans-Günther Lanfer