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13.09.2016

"Bundesweit einzigartig"

Bei einer Führung für Sehbehinderte im Stadtmuseum ertastet Karl Kohlhaas die mittelalterlichen Heiligenfiguren der Steipe am Hauptmarkt
Die Angebote für blinde Besucher im Stadtmuseum sprechen alle Sinne an. Hier ertastet Karl Kohlhaas die mittelalterlichen Heiligenfiguren der Steipe am Hauptmarkt. Archivfoto: Christopher Ledwig
Der Landesbehindertenbeauftragte Matthias Rösch hat im Rahmen seiner landesweiten Museumstour die Inklusionsangebote des Simeonstifts als „bundesweit einzigartig“ gewürdigt. Es hat 2015 als erstes Museum in Rheinland-Pfalz einen Audioguide in Leichter Sprache ins Programm genommen. Ein weiteres Beispiel für verbesserte Inklusion sind regelmäßige Rundgänge für Menschen mit beeinträchtigtem Seh- oder Hörvermögen: Speziell ausgebildete Führungskräfte bereiten die Inhalte der Ausstellung auf und „übersetzen“ visuelle oder akustische Informationen in andere Sinne: Bei Führungen für Hörbehinderte wird alles in Gebärdensprache erklärt, blinde und sehbehinderte Besucher ertasten unter Anleitung ausgewählte Exponate

Bei einem Angebot für Menschen mit einem anderen Handicap arbeitet das Museum mit dem Demenzzentrum zusammen. Allein in Deutschland leiden rund 1,6 Millionen Menschen an dieser Volkskrankheit. Sie ist für Betroffene und ihre Angehörigen eine große Belastung. Während im Gedächtnis immer mehr Lücken entstehen, ist es um so wichtiger, lebensgeschichtliche Erinnerungen wachzuhalten. Diese „Inseln“ zu finden, ist Ziel des Projektes. Im Museum begegnen die Besucher vertrauten Stadtansichten und bekannten Filmaufnahmen aus dem Trier von früher. Im Dialog werden verloren geglaubte Erinnerungen wiedererweckt.

3D-Modelle und Tastreliefs

Für Sehgeschädigte stellen bisher in den Museen „Nicht berühren“-Schilder und Exponate in Glasvitrinen große Hürden dar. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Trier realisiert das Museum jetzt ein Projekt für barrierefreie Museumserfahrungen, das künftig auch sehgeschädigten und blinden Besuchern einen Eindruck vermittelt – mit 3D-Modellen, Tastreliefen und Multimedia-Einsatz. Studierende des Seminars „Crossmedia“ des Faches Intermedia Design haben unter der Leitung von Christopher Ledwig ein vielschichtiges Angebot entwickelt, das derzeit umgesetzt wird und dank der Unterstützung der Kulturstiftung kostenlos zur Verfügung steht.

Eine weitere Hürde, die den Zugang  zu einem Museum erschweren kann, ist die Sprache. Das gilt vor allem für die in Trier lebenden Flüchtlinge. Deutsch lernen und dabei Geschichte und Kultur der Stadt kennenlernen – ist daher das Ziel der DaF (Deutsch als Fremdsprache)- und Integrationskurse. Teilnehmer sind eingeladen, das Museum bei freiem Eintritt zu besuchen und die Stadtgeschichte ihrer neuen Heimat in lebendiger und einfacher Sprache kennenzulernen. Der Besuch im Rahmen dieser Kurse ist nach Anmeldung kostenlos. Ergänzend gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm mit Führungen, Workshops und Bastelaktionen. Diese Angebote können nach einer Anmeldung und bei ausreichender Teilnehmerzahl ebenfalls kostenlos stattfinden.

Als Erinnerungsorte und Bewahrer des kulturellen Erbes sind Museen prädestinierte Orte, um geflüchtete Menschen in ihrer neuen Heimat willkommen zu heißen. Das Simeonstift hat daher drei Angebote entwickelt, um Neu-Trierer in verschiedenen Altersstufen und Lebensphasen an der Geschichte und Gegenwart der Stadt teilhaben zu lassen:

  • In der Multibunten Kunstwerkstatt lernen Kinder aus der ganzen Welt die Kunstschätze kennen und basteln im Anschluss in der Werkstatt. Arabischsprachige Übersetzer begleiten die Veranstaltung.
  • Bei interaktiven Willkommensführungen in Leichter Sprache mit deutsch-arabischen Wortkarten können Geflüchtete ihre ersten Deutschkenntnisse im Museum anwenden.
  • Beim Stadt-Tandem erkunden Trierer gemeinsam mit Geflüchteten die Stadtgeschichte und lernen gleichzeitig etwas über die Heimat ihrer neuen Mitbürger.