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10.09.2013

Bündnis für bezahlbaren Wohnraum

Triers Oberbürgermeister Klaus Jensen (r.) und Finanzminister Dr. Carsten Kühl unterzeichneten im September 2013 den „Letter of Intent“ für das „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“ in Trier. Foto: Lorig
Triers Oberbürgermeister Klaus Jensen (r.) und Finanzminister Dr. Carsten Kühl unterzeichneten im September 2013 den „Letter of Intent“ für das „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“ in Trier. Foto: Lorig

Mit einer Vereinbarung zur Gründung eines „Bündnisses für bezahlbares Wohnen in Trier“ haben das Land, die Stadt und zahlreiche Akteure der lokalen Wohnungswirtschaft erstmals in dieser Form ihren Willen bekräftigt, attraktives und soziales Wohnen in Trier zu gestalten und gemeinsam den Neubau von Wohnungen und die Erhaltung von bezahlbarem Wohnraum in der Moselmetropole zu unterstützen. 

Ein entsprechender, sechs Punkte umfassender Zielkatalog wurde am Freitag auf Initiative von OB Klaus Jensen auf der von ihm einberufenen Wohnungsbaukonferenz von allen Beteiligten, darunter der rheinland-pfälzische Finanz- und Wohnungsbauminister Dr. Carsten Kühl, unterzeichnet. Zu den weiteren Zielen der Vereinbarung zählen bezahlbare Sanierungen zur besseren Energieausnutzung, Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen, Unterstützung für bedürftige Familien mit Kindern sowie für Alleinstehende, Optimierungen für altersgerechte Wohnungen und die Förderung einer Quartierskultur in den Stadtteilen, um eine soziale Durchmischung zu ermöglichen.

Jensen ging in seinem Eingangsstatement auf die wachsende Nachfrage nach Wohnraum in Trier ein, die auf steigende Einwohnerzahlen und die Auswirkungen der demografischen Entwicklung zurückzuführen sei. Vor allem für Haushalte mit mittlerem und geringem Einkommen fehle es an angemessenen Wohnungen, aber auch an Angeboten für die zunehmende Nachfrage nach neuen Formen des gemeinschaftlichen Wohnens einschließlich der immer notwendiger werdenden Barrierefreiheit. Als besonders prekär charakterisierte er die Wohnungsmarktsituation für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Der stetige Rückgang von sozialen Angeboten mit Belegungs- und Mietbindung sei „erschreckend“. Umso mehr unterstütze man die Initiative des Landes, im Rahmen des neuen Wohnraumförderungsgesetzes Neubauten mit Belegungs- und Mietpreisbindung wieder stärker zu fördern.

Neues Wohnraumförderungsgesetz

Einzelheiten hierüber übermittelte der für Wohnraumfragen zuständige rheinland-pfälzische Finanzminister Dr. Carsten Kühl. Zwar bleibe die Wohnraumfrage aus pragmatischen Gründen vor allem eine Kernkompetenz der Kommunen, doch beabsichtige die Landesregierung mit ihrer vom Landtag noch zu verabschiedenden Gesetzesinitiative, bis vorläufig 2015 Anreize zur Wiederankurbelung eines sozialen Aspekten verpflichteten Wohnungsbaus zu bieten. Zum Förderungskatalog gehören verbilligte Darlehen auf Nullzinsniveau für die näch-sten zehn Jahre, verbesserte Grunddarlehen, Fördergelder für Modernisierungen, Barrierefreiheit oder gemeinschaftliche Wohnprojekte sowie für den Abriss bei Neubauten.

Man wolle mit den rund 700 städtischen Wohnungen in erster Linie die Menschen versorgen, die aufgrund ihrer sozialen Situation auf dem freien Wohnungsmarkt keine oder kaum eine „Chance hätten, eine Bleibe zu finden“, beschrieb Hans-Werner Meyer, Leiter des Amts für Soziales und Wohnen, in seiner Bestandsaufnahme die sozialpolitische Aufgabe der Stadt. Die Hälfte der rund 530 Wohnungsbewerber für die durchweg sanierungsbedürftigen städtischen Wohnungen seien Singles, die restlichen 50 Prozent Familien oder Alleinerziehende. 15 bis 20 Prozent könnten gar nicht vermittelt werden, hinzu komme eine Gruppe der „permanent Wohnungssuchenden“, darunter Studierende und Menschen, die von Zwangsräumungen bedroht seien (2011/12 rund 200). Für eine privat angebotene Wohnung würden sich bis zu 100 Interessenten melden, so Meyer.

Angesichts massiver Steigerungen bei den Baulandpreisen (von 170 auf 240 Euro pro Quadratmeter in den letzten acht Jahren) und Mieten (seit 2005 rund 26 Prozent) mit der Gefahr eines negativen Wanderungssaldos für die Stadt insbesondere bei Familien, plädierte Iris Wiemann-Enkler, Leiterin des städtischen Planungsamtes, für eine baldige Verabschiedung des Flächennutzungsplans (FNP). Der soziale Wohnungsbau müsse hierin vertraglich, möglichst mit der Festlegung einer Quote, abgesichert werden. Auf dieser Basis könnten neue Bauflächen ausgewiesen und Baulücken, auch für private Entwickler, aktiviert werden. Bei der unverzichtbaren weiteren Bebauung auch innerstädtischer Bereiche dürften die Gesichtspunkte der „Baukultur“ allerdings nicht außer Acht gelassen werden. Den Flächenbedarf für Neubaugebiete bezifferte sie auf 120 Hektar, wobei sich Trier nach wie vor in der glücklichen Lage befinde, auf Konversionsareale (Ausbesserungswerk, Bobinet) zurückgreifen zu können.

OB-Appell an die Trierer

Zum Abschluss der Konferenz ging Jensen noch einmal auf die dramatische Statistik ein, wonach nur noch in jedem siebten Trierer Haushalt Kinder leben: „Das ist für den Organismus einer Stadt nicht gut.“ Dieser Entwicklung müsse mit mehr familiengerechten Wohnungsangeboten entgegengesteuert werden. Und mit einer gesellschaftlichen Haltung, die sich bei allem unbestrittenen Recht auf Kritik gegenüber der Ausweisung neuer Wohngebiete nicht immer gleich verschließe, sondern auch mal verständnisvoll öffne. „Verweigern Sie Menschen heute nicht das Recht, das Sie früher für sich in Anspruch genommen haben“, lautete der Appell, den Jensen eindringlich an alle Trierer richtete.