Sprungmarken
11.09.2012

Biokraft aus Mülltonnen

EU fördert ab Oktober Großversuch in Mertesdorf

Der Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft (RegAb) beteiligt sich ab Oktober an einem Forschungsprojekt zur hochwertigen Nutzung von organischen Abfällen, das die EU mit 2,1 Millionen Euro fördert. Ein biogener Brennstoff aus Hausmüll wird ab Anfang 2013 als weiterer Baustein zur Gewinnung von Rohstoffen und Energieträgern aus Abfall nach dem Konzept der Mertesdorfer Anlage erprobt. Die Kosten betragen 4,2 Millionen Euro.

Salatblätter, Kaffeesatz, Kartoffelschalen landen in der Region Trier entweder auf dem Kompost oder in der Mülltonne. Im Garten wird daraus Komposterde. Die Nährstoffe fließen in den Stoffkreislauf zurück. In der Mülltonne entsorgte organische Abfälle werden in der mechanisch-biologischen Trocknungsanlage Mertesdorf als „Motor“ dieses Prozesses genutzt und dann als Brennstoffersatz für fossile Energieträger (Öl, Gas oder Kohle) in Kraftwerken eingesetzt. Das Abfallgemisch hat einen Brennwert von deutlich mehr als 11.000 Kilojoule pro Kilogramm. Dieser Verwertungsweg ist nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz gleichrangig mit der stofflichen Verwertung  auf Rang 3 der fünfstufigen Abfallhierarchie.

Ökologisch und kundenfreundlich

Experten schätzen, dass der aussortierbare Anteil an Biomassebrennstoff im Restmüll gegenwärtig bei 17 Prozent liegt. Das entspricht jährlich etwa 40 Kilo pro Einwohner. Sie können statt der Einsammlung über die Biotonne aus dem Restabfall gesiebt und aufbereitet werden. Wo diese recycelte Masse letztendlich eingesetzt wird, soll auch untersucht werden. Derzeit werden Bioabfälle auch als Lieferant für Biokraftstoff und -gas der zweiten Generation erforscht. Sie haben im Vergleich zu nachwachsenden Rohstoffen eine viel positivere Kohlendioxid-Bilanz. Zudem werden keine Nahrungsmittel verwendet und der Verdrängungswettbewerb der An-bauflächen entfällt. Das Projekt mit dem Namen Life + „MARSS“ (Materials Advanced Recovery Sustainable System) ist länderübergreifend. Die RegEnt GmbH als 100-prozentige Tochter des Zweckverbands Regionale Abfallwirtschaft übernimmt mit der Separierung und Aufbereitung der Biomasse aus Hausmüll die großtechnische Umsetzung. Die wissenschaftliche Leitung, die Erstellung der Öko-Bilanz und die Prüfung der Akzeptanz durch die Bürger übernehmen in- und ausländische Hochschulen. Außerdem sind eine EU-Markterhebung und Machbarkeitsstudien zur Übertragbarkeit des Systems in Italien, England, Tschechien und Griechenland vorgesehen. Die Hälfte der Kosten trägt die EU. Die RegEnt GmbH in Mertesdorf stellt das Know-how, die Anlage zur Trocknung und Sortierung des Abfalls sowie das Personal zur Verfügung.

„Wir freuen uns, dass wir von der EU den Zuschlag für dieses Projekt bekommen haben. Es ermöglicht uns, wissenschaftlich fundiert darzulegen, dass in unserer Region auf die getrennte Bioabfalleinsammlung über eine zusätzliche Biotonne verzichtet werden könnte, ohne auf die Potenziale der Biomasse aus privaten Haushalten zu verzichten“, erklärt Max Monzel, Geschäftsführer des RegAb und der RegEnt. Ungeachtet dessen ist der Abfallzweckverband erfreut, dass EU und Wissenschaft erneut bereit sind, mit dem RegAb neue, kreative Wege zu gehen, um eine moderne Aufbereitungstechnik an die Stelle von „Tonnensalat“ – wie Monzel es nennt – zu setzen und dabei auch mal gegen den (politischen und lobbyistischen) Mainstream zu schwimmen. Erste Ergebnisse plus Bewertungen werden 2014 erwartet.