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04.10.2011

Aus dem Stadtrat

Doppeldemonstration vor dem Start der Ratssitzung.
Doppeldemonstration vor dem Start der Ratssitzung.
Rund dreieinhalb Stunden dauerte die Sitzung des Trierer Stadtrats am vergangenen Donnerstag, die  Oberbürgermeister Klaus Jensen und Bürgermeisterin Angelika Birk leiteten. Deutlich den Altersdurchschnitt im Rathaussaal senkten etwa 70 Eltern und Grundschulkinder aus Tarforst. Sie protestierten mit Pappschildern und Rasseln gegen Pläne, Schülerinnen und Schüler täglich mit dem Bus nach Olewig fahren zu lassen. Die Grundschule Tarforst ist zu klein und kann bald nicht mehr alle Kinder aus dem Stadtteil aufnehmen. „Durch die Ausweichlösung werden die sozialen Kontakte der Kinder weg brechen. Ganz abgesehen davon, dass der Bustransport ein erheblicher Kostenfaktor ist“, sagte Andrea Sharma von der Elterninitiative Grundschule Tarforst. Auch Bürger aus Heiligkreuz demonstrierten vor Beginn der Ratssitzung. Sie fürchten, dass mit der geplanten Wohnbebauung auf dem bisherigen Klostergelände der Weißen Schwestern hohe Häuser errichtet werden könnten, die den Anwohner die Aussicht nehmen.

Anschließend standen unter anderem folgende Themen auf der Tagesordnung:

Eilanträge abgelehnt: Zu Beginn und während der Sitzung informierte Jensen den Rat über die Eilentscheidungen des Verwaltungsgerichts Trier und des Oberwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, die beide den Antrag des am 22. September einstimmig vom Stadtrat ausgeschlossenen Safel Babic (NPD) abgelehnt hatten, den sofort vollziehbaren Ausschluss aufzuheben. Babic hatte sich am Donnerstagnachmittag unmittelbar nach der Ablehnung seines Revisionsantrags gegen den Stadtratsbeschluss durch das Verwaltungsgericht Trier an das OVG Koblenz gewandt. Er war nach seiner rechtskräftigen Verurteilung von sieben Monaten auf Bewährung wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperletzung aus der Bürgervertretung ausgeschlossen worden, da er die von einem Ratsmitglied geforderte Unbescholtenheit verwirkt habe (GemO, Paragraph 31).

Neuzugang
OB Jensen verpflichtete Linde Andersen (Linke) als neuesRatsmitglied. Sie tritt die  Nachfolge des parteilosen Dr. Johannes Verbeek an, der früher der Linken-Fraktion angehört und seinen Rückzug aus dem Stadtrat erklärt hatte. Künftig bilden die Linken-Vertreterinnen Linde Andersen und Katrin Werner eine Fraktion im Stadtrat. Dadurch ergibt sich auch ein Wechsel in mehreren Ausschüssen, denen der Stadtrat zustimmte. Andersen ist jetzt Mitglied im Steuerungsausschuss. Marc-Bernhard Gleißner vertritt die Linken im Dezernatsausschuss III, im Rechnungsprüfungs- sowie im Kulturausschuss, Daniel Flock im Bau-Dezernatsausschuss und Konstantin Kanty im Schulträgerausschuss. Andersen gehört künftig außerdem den Aufsichtsräten der EGP sowie der Petrispark GmbH an, Flock dem Denkmalpflegebeirat.

Nachtragshaushalt
Der vom Stadtrat bei zwei Neinstimmen der Linken beschlossene erste Nachtragshaushalt 2011 weist eine Erhöhung des Fehlbetrags von gut 1,9 Millionen Euro aus und damit eine Neufestsetzung des bisherigen Defizits von rund 59,6 auf jetzt 61,6 Millionen Euro. Bei der Anmeldung von besonders förderungswürdigen Maßnahmen aus dem sogenannten Investitionsstock 2012 des Landes wurde der Vorschlag der Grünen, das Projekt „Radweg/ Schießgraben“ in den Prioritätenkatalog aufzunehmen, abgelehnt. Es bleibt bei der Reihenfolge „Verbesserung der Infrastruktur im Moselstadion“ (Antrag auf Nachbewilligung) und Ausbau der Walramsneustraße (Neuantrag).
  
Fernbus Luxemburg-Frankfurt
Der Stadtrat befürwortete gegen die Stimmen der Grünen und einer SPD-Enthaltung die Beteiligung der SWT Stadtwerke Trier Verkehrs-GmbH an einer Fernbusliniengesellschaft Luxemburg – Frankfurt (DeLux-Express GmbH). Danach planen das luxemburgische Unternehmen Voyages Emile Weber mit den Stadtwerken den gemeinsamen Betrieb einer Fernbuslinie von Luxemburg über Trier nach Frankfurt/Main. Vorgesehen ist, mehrmals täglich die Strecke Luxemburg – Trier – Kaiserslautern – Mainz – Frankfurt zu verbinden. Bei gleichen oder kürzeren Fahrzeiten sind geringere Fahrpreise als bei der Deutschen Bahn vorgesehen. Das Stammkapital der GmbH beträgt 25.000 Euro, wovon SWT einen Geschäftsanteil von 10.000 Euro übernimmt. Geplant ist eine Kapitalrücklage in Höhe von insgesamt bis zu 500.000 Euro. Nach einer Anlaufzeit von etwa drei Jahren wird ein dauerhaft wirtschaftlicher Betrieb erwartet.

Reduzierte Schiedsamtsbezirke
Die Fallzahlen für die städtischen Schiedsamtsbezirke sinken allgemein weiter. Das gilt auch für den bisherigen Bezirk 1 (Trier-Nord, Ruwer, Eitelsbach) dessen Schiedsmann Gerhard Nordhausen sein Amt zwischenzeitlich aus persönlichen Gründen vorzeitig niedergelegt hat. Wegen der geringen Anrufung soll der Bezirk 1 nicht mehr neu besetzt, sondern auf die räumlich angrenzenden Bezirke 2 und 3 aufgeteilt werden. Wenn die Amtszeiten der übrigen Schiedspersonen auslaufen, sollen die Zahlen erneut geprüft werden, um die Zahl der Bezirke eventuell weiter zu reduzieren. Um den Verwaltungsaufwand  so gering wie möglich zu halten, soll die numerische Bezeichnung erst mit Ablauf der übrigen Amtszeiten bei einer eventuellen weitergehenden Umstrukturierung vorgenommen werden. Die Bezirke umfassen folgende Stadtteile: 2 (Egon Lönartz): Ruwer, Eitelsbach, Nells Ländchen, Kürenz, Tarforst, Filsch, Irsch, Kernscheid. 3 (Ricarda Kuhner): Maximin, Innenstadt, Olewig. 4 (Maria Marx): Mariahof, Heiligkreuz, St. Matthias, Trier-Süd, Feyen. 5 (Gerda Vogel): Ehrang, Pfalzel, Biewer, Quint. Bezirk 6 (Heinz Becker): Trier-West, Pallien, Euren, Zewen, Oberkirch, Herresthal. Der Stadtrat stimmte der Auflösung des bisherigen Bezirks 1 mit dazugehöriger Umstrukturierung gegen zwei Linken-Stimmen und einer Enthaltung mit großer Mehrheit zu.

Bischof-Stein-Platz
Weit fortgeschritten sind inzwischen die Bauarbeiten zur Umgestaltung des Platzes Hinter dem Dom. Das mit rotem Porphyr gepflasterte Areal, das auf Beschluss des Stadtrats ab sofort den Namen Bischof-Stein-Platz trägt,  lädt bereits jetzt zum Verweilen ein und bietet pünktlich zur Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 eine ungewohnte Perspektive auf die Trierer Kathedrale. Bernhard Stein (1904-1993) war von 1967 bis 1980 Bischof von Trier. Nach dem Abitur am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium trat er ins Trierer Priesterseminar ein, bevor er noch im gleichen Jahr nach Rom abgeordnet wurde. Dort empfing er die Priesterweihe und promovierte zum Doktor der Theologie. Anschließend war er zwei Jahre lang in der Seel-sorge als Kaplan in der Trierer Pfarrei St. Martin tätig. Es folgten weitere Studienaufenthalte in Berlin, Münster und abermals in Rom. Papst Pius XII. bestellte ihn am 2. September 1944 zum Weihbischof in Trier. Schließlich wurde Stein am 13. April 1967 von Papst Paul VI. zum einhundertsten Bischof von Trier ernannt. Am 5. September 1980 trat er altersbedingt von seinem Amt zurück. Seit 1975 war Bischof Bernhard Stein Ehrenbürger der Stadt Trier.

Bauprojekt in Quint
Für ein 7 500 Quadratmeter großes Grundstück an der Ecke Koblenzer/Von-Pidoll-Straße im Stadtteil Quint ist eine Neubebauung mit zweigeschossigen Wohn- und Bürohäusern geplant. Das Vorhaben wird vom Rathaus befürwortet, stimmt jedoch nicht mit den Zielen der bisherigen Bauleitplanung überein. Der Stadtrat hatte deshalb die Aufstellung eines Bebauungsplans (BE 30) befürwortet. Darin werden auch Schallschutzmaßnahmen und die Erschließung des Gebiets durch eine Verlängerung der Von-Pidoll-Straße geregelt. Der Bebauungsplan wurde jetzt einstimmig als Satzung beschlossen, nachdem sich während der Offenlegung im März und April 2011 kein wesentlicher Änderungsbedarf ergeben hatte.

Anbindung Riverisstraße
Um die durch den Abbruch der „Zementbrücke“ weggefallene Anbindung des Gewerbegebiets Riverisstraße an das Hauptverkehrsnetz wiederherzustellen, soll eine bestehende Bahnunterführung genutzt werden. Zur rechtlichen Absicherung des privat finanzierten Projekts hat der Stadtrat einstimmig die Aufstellung eines Bebauungsplans (BK 28) beschlossen.

Photovoltaik am Kleeburger Weg
Die erste großflächige Photovoltaikanlage im Stadtgebiet rückt näher: Bei nur einer Gegenstimme hat der Stadtrat den Bebauungsplan für das Vorhaben am Kleeburger Weg (BU 23) als Satzung beschlossen. Für Solarmodule ist eine Fläche von drei Hektar vorgesehen.
In Trier gibt es Photovoltaik bisher nur auf Dächern, während im Umland große Freiflächen mit Solarkraftwerken bestückt wurden. Der Standort  im „Dreiländereck“ der Stadtteile Kürenz, Tarforst und Olewig verfügt über viele Vorteile: Das nach Südosten geneigte Areal bietet nahezu optimale Belichtungsverhältnisse, befindet sich zum größten Teil im Besitz der Stadt und ist wegen der Be-lastung des Bodens mit Hausmüll nicht für Wohnbebauung geeignet. Geplant sind aufgeständerte Solarmodule, so dass das Gebiet zusätzlich als Weide genutzt werden kann. Eine Übungsstrecke für BMX-Sportler im Plangebiet soll erhalten bleiben.
In der Aussprache im Stadtrat wurde einmütig die Verpflichtung der Stadt betont, auf ihrem eigenen Gebiet einen Beitrag zur Energiewende zu
leisten. Bedauert wurde der anhaltende Widerstand einer Anliegergemeinschaft, die eine Klage gegen den Bebauungsplan angekündigt hat. Die Bedenken seien im Laufe des Verfahrens fair und korrekt abgewogen worden, betonte Begoña Hermann (SPD). Die einzige Gegenstimme kam von Bernd Michels (CDU), der damit als Ortsvorsteher von Kürenz auch das negative Votum seines Ortsbeirats vertrat.

Wiederkehrende Gebühr statt Anliegerbeiträge?
Eine Umstellung des Abrechnungsverfahrens bei Straßenbauprojekten in der Stadt Trier vom momentan (hauptsächlich) praktizierten einmaligen Ausbaubeitrag zum so genannten wiederkehrenden Ausbaubeitrag (siehe Info-Kasten) und damit zur Einführung des Solidarprinzips wird es in Trier in absehbarer Zukunft nicht geben. Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani verwies im Stadtrat in der Beantwortung einer Anfrage der CDU-Fraktion darauf hin, dass hinsichtlich einer eventuellen Umstellung des Abrechnungsverfahrens in der Stadt Trier die noch ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes abgewartet werden solle. Hier stehe ein vom Verwaltungsgericht Koblenz beantragtes Normenkontrollverfahren an, das klären soll, ob die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge verfassungsgemäß ist. Unter anderem sehe des Verwaltungsgericht in der Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz wegen fehlendem Sondervorteil.
CDU-Fraktionsvorsitzender Ulrich Dempfle hatte angefragt, ob der Stadtvorstand sich vorstellen könne, sich von der anliegerbezogenen, einmaligen Zahlung zu  verabschieden und wie andere Städte stattdessen auf wiederkehrende Beiträge nach dem Solidaritätsprinzip zu setzen. Die Belastung für die einzelnen Grundstückseigentümer seien mit einem kleinen jährlichen Beitrag pro Wohngrundstück dauerhaft kalkulierbar und finanziell verkraftbar. Sehr hohe einmalige Ausbaubeiträge fielen dadurch nicht mehr an.
Unabhängig von der Entscheidung im Normenkontrollverfahren zeigte Kaes-Torchiani die weit reichenden Folgen eines Wechsels im Beitragssystem einer Großstadt auf. Allein die Tatsache, dass dann für das gesamte Stra-ßennetz innerhalb des Abrechnungsgebietes die Einstufung als Anliegerverkehr erfolge und dadurch der Beitragssatz für die Anlieger steige, werde voraussichtlich zu vielen Rechtsstreitverfahren führen. Auch sei zu vermitteln, dass auch dann Beiträge anfielen, wenn die „eigene“ Straße nicht ausgebaut werde.
Ein Wechsel bedinge zudem vor-übergehend einen höheren Personalaufwand und wesentlich höhere Portokosten für die jährliche Beitragsbescheidung. Vor- und Nachteile der wiederkehrenden Straßenbaubeiträge erhielten die Ratsmitglieder in Form einer von der Verwaltung ausgearbeiteten Synopse.

Schulbudget
Die Vergabe des Schulbudgets für städtische Grundschulen wird unter Berücksichtigung der schulischen und pädagogischen Herausforderungen zukünftig an dem jeweiligen Bedarf der Schülerschaft ausgerichtet. Das hat der Stadtrat auf Antrag der SPD mit Unterstützung der SPD, B’90/Grüne, FDP und des OB gegen die Stimmen von CDU, FWG und Linken beschlossen. Drei FWG Mitglieder enthielten sich. Grundschulen in sozial schwachen Stadtteilen sollen eine höhere finanzielle Unterstützung erhalten, um bessere Bildungs- und Erziehungserfolge zu erzielen. Das Schulbudget wird dafür anders verteilt, eine zusätzliche Erhöhung wird es nicht geben. Einen Vorschlag, wie sich die Verteilung des Schulbudgets aufgliedern soll, wird die Stadt bis Ende 2011 dem Schulträger- und Dezernatsausschuss II zur Verabschiedung vorlegen. Ein Änderungsantrag der Linken, der unter anderem die Bildung eines „runden Tisches“ vorsah, wurde abgelehnt.

Schlussrechnung Gebäude J
Für die mittlerweile abgeschlossene energetische Generalsanierung des Berufsschulgebäudes J stellte der Stadtrat rückwirkend zusätzlich 125 000 Euro zur Verfügung. Die Kostensteigerungen hängen unter anderem damit zusammen, dass entgegen der Planung die Dachhälfte zur Schulhofseite komplett saniert werden musste. Dadurch wurden zum Beispiel Baugerüste länger benötigt. Außerdem war der Innenputz in einem schlechteren Zustand als erwartet und von Pilzen befallen. Deshalb gestaltete sich die Erneuerung  in den Klassenzimmern und Fluren (Foto) aufwändiger als vorgesehen.