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03.11.2009

Aus dem Stadtrat

Der Stadtrat tagte erstmals mit einem Redezeitlimit von fünf Minuten. Ursula Hildebrand und Claudia Hastert (v. l.) vom Sitzungsdienst überwachten die Uhr. Ziel ist, die Dauer der Sitzungen bei sieben Gruppierungen im Stadtrat zu begrenzen.
Der Stadtrat tagte erstmals mit einem Redezeitlimit von fünf Minuten. Ursula Hildebrand und Claudia Hastert (v. l.) vom Sitzungsdienst überwachten die Uhr. Ziel ist, die Dauer der Sitzungen bei sieben Gruppierungen im Stadtrat zu begrenzen.
Eine rekordverdächtige Länge von über sechs Stunden erreichte die jüngste Sitzung des Stadtrats, die OB Jensen und Bürgermeister Georg Bernarding leiteten. Dabei wurden unter anderem folgende Themen behandelt:

Einwohnerfragestunde: In welcher Form Rat und Verwaltung Projekte gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus, Homophobie und Intoleranz unterstützen, wollte Tamara Breitbach in der Einwohnerfragestunde im Namen des Bündnisses gegen Rechts wissen. Oberbürgermeister Klaus Jensen verwies auf die große Zahl von Aktivitäten, Aktionen und Initiativen von Stadt, Rat, Verwaltung sowie städtisch unterstützter Institutionen. Exemplarisch zeigte Jensen die Aktivitäten des Kriminalpräventiven Rats auf, der mit Aktionen an Schulen und Themenwochen auf Rechtsextremismus und Gewalt aufmerksam macht und sich auch an Veranstaltungen wie dem Internationalen Fest des Ausländerbeirats, „Trier spielt“ oder dem Stadt- und Silvesterlauf beteiligt. Der Arbeitskreis Gewaltprävention, in dem die Stadt durch die Jugendpflegerin vertreten ist, veranstaltet seit 1998 zusammen mit dem Landkreis beispielsweise Projektwochen gegen Gewalt. Des Weiteren arbeite die Stadt derzeit an einem Integrationskonzept für Menschen mit Migrationshintergrund. Auch in der Verwaltung engagiere man sich für die Stärkung der interkulturellen Kompetenz. Die Stadt pflege eine Erinnerungskultur, besonders durch Gedenkstunden am 9. November und 27. Januar, damit sich die schreckliche Zeit zwischen 1933 und 1945 nicht wiederhole. Aktionen und Initativen zu den fünf Themenbereichen seien und blieben eine Selbstverständlichkeit.
Eine weitere Frage Breitbachs zielte auf das Zustandekommen der Sitzverteilung nach der Kommunalwahl vom 7. Juni ab. Jensen erklärte im Einzelnen das zugrunde liegende Kommunalwahlgesetz und das Wahlverfahren nach Hare-Niemeyer, nach dem die Sitze verteilt wurden.

Jugendparlament: In anderen Städten gibt es sie schon länger, in Trier wird nach zehn Jahren ein zweiter Anlauf gestartet, ein Jugendparlament zu etablieren. Dem gemeinsamen Antrag der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP, ein Jugendparlament nach der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung einzurichten, wurde im Grundsatz von allen Ratsmitgliedern zugestimmt. Die genaue Ausgestaltung, die organisatorischen und finanziellen Fragen sowie das weitere Vorgehen sollen in den zuständigen Ausschüssen beraten werden.
In der Antragsbegründung verwies Markus Nöhl, SPD-Fraktion, darauf, dass jungen, zum größten Teil noch nicht wahlberechtigten Menschen so die Möglichkeit gegeben werde, ihre Anliegen und Auffassungen in der städtischen Politik unmittelbar vorzubringen. „Durch die Aufnahme des Jugendparlaments in die Beratungsfolge des Stadtrats bei allen Themen, die einen jugendrelevanten Bezug besitzen, können die besonderen Bedürfnisse und gegebenenfalls auch unterschiedlichen Standpunkte der Jugendlichen in die Meinungsfindung der kommunalen Gremien einbezogen werden.“
Ausdrücklich begrüßt wurde der Antrag von Norbert Freischmidt, CDU-Fraktion. Ein Jugendparlament fördere auf beispielhafte Weise das Demokratieinteresse. „Ohne Frage können Jugendliche in vielen kommunalen Fragen ihre Kompetenzen gewinnbringend für die Allgemeinheit einbringen.“ Wegen Bedenken im Hinblick auf die nicht unerheblichen finanziellen Auswirkungen plädierte Frei-schmidt für den Verweis des Antrags in den Jugendhilfe- und den Steuerungsausschuss.
Unverzichtbar, so Manfred Becker, Bündnis 90/Die Grünen, sei eine sensible pädagogische und organisatorische Unterstützung der Jugendlichen. Das Parlament dürfe keinen Alibicharakter haben und müsse mit einem angemessenen Budget ausgestattet werden. Das sei gut angelegtes Geld. „Es sollten nicht nur Vertreter von politischen Jugendorganisationen oder etablierten Vereinen im Jugendparlament vertreten sein.“
Für Margret Pfeiffer-Erdel, UBM-Fraktion, ist ein Jugendparlament generell ein gutes Instrument, Jugendliche an die Politik heranzuführen. Allerdings seien noch viele Fragen offen. „Wie soll gewählt werden? In welchen Gremien haben die Jugendparlamentarier welche Befugnisse? Welche Räumlichkeiten stehen zur Verfügung?“ Die Verwaltung sei jetzt in der Pflicht, die Fragen, vor allem auch in finanzieller Hinsicht, zu klären, eine Vorlage zu erarbeiten und diese im Steuerungsausschuss vorzulegen.
Grundsätzliche Zustimmung bekundete auch Silke Reinert für die FDP-Fraktion. In Zeiten allgemeiner Politikverdrossenheit mit immer weiter sinkenden Wahlbeteiligungen sei ein Jugendparlament bestimmt ein richtiger Ansatz. „Eine Zusammenlegung der Wahl etwa mit der Landtagswahl ist zu überlegen.“
Dr. Johannes Verbeek, Die Linke,  signalisierte die Unterstützung des Antrags durch seine Fraktion, warnte aber vor einer Überforderung der Jugendlichen. Der Antrag solle weiter im Steuerungsausschuss behandelt werden.
Auch Safet Babic, NPD, wertete den Antrag auf ein Jugendparlament als grundsätzlich sehr gut.

Zweiter Nachtragshaushalt: Der Stadtrat hat mit einer Gegenstimme der NPD die zweite Nachtragshaushaltssatzung für das Jahr 2009 beschlossen. Danach hat sich im Ergebnishaushalt, in dem analog wie in einem Privatunternehmen Erträge und Aufwendungen gebucht werden, der Jahresfehlbedarf um 3,6 Millionen Euro auf jetzt 56.580.464 Euro verringert. Die Verbesserung ergibt sich insbesondere aus einer Erhöhung der Erträge aus der Auflösung von Sonderposten. Im Finanzhaushalt stieg der Gesamtbetrag der Ein- und Auszahlungen um 1,48 Millionen Euro auf 343.348.854 Euro. Verantwortlich hierfür ist vor allem die Umnutzung des Kasernengebäudes Gneisenaustraße zu einem Verwaltungsgebäude für die Arbeitsgemeinschaft der Agentur für Arbeit und der Stadt Trier (ARGE) sowie im Bereich der laufenden Ausgaben eine Nachzahlung für Oberflächenentwässerung an die Stadtwerke Trier von 471.000 Euro.

Förderklassen für Migranten: Um die Bildungs- und Lebenschancen neu zugewanderter junger Migranten zu verbessern, sollen Experten im Rathaus prüfen, ob in Trier ein Pilotprojekt mit zwei Klassen für Schüler mit keinen oder geringen Deutschkenntnissen entstehen kann. Mit diesem Beschluss folgte der Stadtrat bei einer Gegenstimme der NPD einem Vorschlag des Ausländerbeirats. Das Rathaus soll zudem einen Bericht über Sprachförderprojekte vorlegen, die seit zwei Jahren in Kindergärten und Schulen laufen.
Bisher gibt es in Rheinland-Pfalz noch keine systematische und flä-chendeckende Förderung,  um neu zugewanderten ausländischen Kindern und Jugendlichen aus oft bildungsfernen Familien den schnellen Übergang in eine Regelklasse zu ermöglichen. Hintergrund der Initiative sind die deutlich schlechteren langfristigen Perspektiven ausländischer Jugendlicher: Während 2008 57 Prozent der 18- bis 21-jährigen Deutschen eine Ausbildung absolvierten, waren es bei gleichaltrigen Ausländern nur 24 Prozent. 2007 verließen 7,3 Prozent aller Jugendlichen die Schule ohne Abschluss. Bei den Ausländern war der Anteil mehr als doppelt so hoch. Das geht aus einem Integrationsindikatorenbericht des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik hervor, den der Ausländerbeirat in seiner Begründung erwähnt. Dessen Vorsitzende Dr. Maria Duran-Kremer betonte, das Projekt bedeute keinen langfristig angelegten Sonderweg für Quereinsteiger mit Migrationshintergrund. Ziel sei, sie so schnell wie möglich in den Regelschulbetrieb zu integrieren. Sprecher mehrerer Fraktionen betonten, dass viele weitere Schritte nötig sind, um das Problem langfristig zu lösen. Eine Einbeziehung des Projekts in das Schulentwicklungskonzept gehöre ebenso dazu wie eine gezielte Beratung.
Vorbild für das Trierer Vorhaben ist ein seit rund 20 Jahren an mehreren Hamburger Schulen bestehendes Programm, über das sich Mitglieder des Ausländerbeirats vor Ort informierten. In der ersten sechsmonatigen Phase werden grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache und Orientierungshilfen in der oft noch fremden Lebenswelt vermittelt. In der zweiten Hälfte steht die gezielte Vorbereitung auf die Regelklasse im Mittelpunkt. Dafür stehen Lehrer mit der Qualifikation „Deutsch als Zweitsprache“ zur Verfügung. Pro Vorbereitungsklasse wird ein zusätzlicher Pädagoge benötigt. „Das sind geringe Ausgaben im Vergleich zu den jetzigen hohen Nachsorgekosten, die den Bildungs- und Sozialetat belasten“, betonte Duran-Kremer. Wird das Pilotprojekt realisiert, würde das Land die Kosten für die Lehrer tragen, während die Stadt die Ausgaben für die Räume und die weitere Schulinfrastruktur zu übernehmen hätte.

Besuchskommission: In bestimmten Fällen können psychisch Kranke auch gegen ihren Willen in einer spezialisierten Klinik wie dem Mutter-haus untergebracht werden. Das gilt, wenn sie krankheitsbedingt sich selbst oder andere Menschen in erheblichem Maß gefährden und kein anderer Ausweg möglich ist. Eine Besuchskommission überprüft mindestens einmal im Jahr, ob die Unterbringung der Personen in den Kliniken den Vorschriften entspricht und die Rechte der Kranken gewahrt sind. Der Stadtrat berief die Mitglieder des Expertengremiums für die Wahlperiode bis 2014. Vorsitzende ist Rechtsanwältin Karin Goergen aus Konz, Beisitzer sind Marlene Gerth und Johannes Marxen aus Trier, der Nervenarzt Dr. Richard Hirth sowie Psychologe Richard Tank aus Trier.

Verbesserte Ausstattung: Die Beschaffung eines zweiten Gerätewagens Sanitätsdienst für den Katastophenschutz hat der Rat einstimmig beschlossen. Für Notfalleinsätze mit vielen Verletzten, etwa bei einem Autobahnunfall, sollen nach einer landeseinheitlichen Konzeption Behandlungsplätze eingerichtet werden, die modular aufgebaut und somit flexibel einsetzbar sind. In Trier entsteht einer für 50 Verletzte, der mit drei Fahrzeugen ausgestattet sein muss. Eines wurde dieses Jahr angeschafft, über ein weiteres verfügt der Malteser Hilfsdienst. Die Anschaffung des Gerätewagens kostet 27 000 Euro, der Aufbau samt Beladung 112 859 Euro. Das Land steuert 55 600 Euro bei. Auch der Beschaffung eines „Gerätewagens Wasser“ hat der Stadtrat zugestimmt. Das bisher genutzte Fahrzeug des Baujahrs 1982 ist in einem sehr schlechten Zustand. Das neue kostet 140 000 Euro, 25 000 Euro steuert das Land bei.

Höhenbegrenzung: Für das Wohngebiet zwischen Agritius-, Sachsen- und Bergstraße im Gartenfeld hat der Stadtrat einstimmig die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen. Anlass sind aktuelle Bestrebungen, eine Baulücke an der Agritiusstraße zu schließen. Der Bebauungsplan soll sicherstellen, dass das neue Gebäude sich an die Wohnhäuser der Umgebung anpasst. Dabei geht es insbesondere um ein Höhenlimit von maximal drei Geschossen.

Nachrückerin: Als stellvertretendes Mitglied des Verbandsausschusses des Zweckverbandes Verkehrsverbund Region Trier (VRT) hat der Stadtrat mit einer Gegenstimme der NPD Birgit Falk gewählt. Sie rückt für Jürgen Plunien auf Vorschlag der CDU nach, weil der Zweckverband darauf hingewiesen hatte, dass auch die stellvertretenden Mitglieder des Verbandsausschusses zwingend Mitglied der Verbandsversammlung sein müssen.

OB-Vertretung: Durch die Wahl der neuen Bürgermeisterin sowie eines Beigeordneten ergibt sich auch ein Wechsel in der Vertretungsregelung für Oberbürgermeister Klaus Jensen: An erster Stelle steht ab 14. Februar Bürgermeisterin Angelika Birk, dann Baudezernentin Simone Kaes-Tor-chiani und schließlich der neu gewählte Beigeordnete Thomas Egger.