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18.05.2010

Aus dem Stadtrat

Die charakteristischen Reihenhäuser in der Eisenbahnersiedlung Schankenbungert sollen erhalten bleiben. Foto: Stadtplanungsamt
Die charakteristischen Reihenhäuser in der Eisenbahnersiedlung Schankenbungert sollen erhalten bleiben. Foto: Stadtplanungsamt
Rund viereinhalb Stunden dauerte die Sitzung des Stadtrats am vergangenen Dienstag, die OB Klaus Jensen leitete. Zu Beginn gab Bürgermeisterin Angelika Birk einen kurzen zusammenfassenden Bericht vom Besuch einer offiziellen Delegation der Stadt Trier im kroatischen Pula. Anlass der Reise war das 40-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft. Der Stadtrat fasste unter anderem folgende Beschlüsse:

Sanierung Eisenbahnersiedlung: Das Rathaus fördert  die Sanierung der Wohnsiedlung Im Schankenbungert durch die Baugenossenschaft der Eisenbahnbediensteten mit maximal 500.000 Euro. Das Projekt im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ kostet rund 3,8 Millionen Euro. Die in den 1920er Jahren errichtete Siedlung besteht aus 32 Reihenhäusern mit Garten. Die Genossenschaft wollte sie wegen ihres schlechten Zustands durch Neubauten ersetzen. Mit Verweis auf die besondere städtebauliche Qualität regten das Rathaus, das Quartiersmanagement und der Ortsbeirat eine Prüfung an, die die Sanierungsfähigkeit nachwies.

Zementbrücke: Aufgrund massiver Schäden in der Bausubstanz wird die „Zementbrücke“ in Kürenz einschließlich der Widerlager und Zufahrtsrampen auf Beschluss des Stadtrats abgerissen. Die Bahnüberführung, die den Grüneberg mit der Metternichstraße verbindet, ist bereits seit November 2009 aus Sicherheitsgründen gesperrt. Die Stadt sieht für die Brücke kein ausreichendes „öffentliches Verkehrsbedürfnis“ mehr, so dass eine Sanierung des Bauwerks nicht in Betracht kam.
Bereits der Abriss, der im Frühjahr 2011 abgeschlossen sein soll, schlägt mit 900.000 Euro zu Buche. Das Rathaus geht davon aus, dass sich die Deutsche Bahn gemäß Eisenbahnkreuzungsgesetz zu 50 Prozent an dieser Summe beteiligt. Die FWG-Fraktion stimmte wie auch Dr. Johannes Verbeek (Die Linke) und Safet Babic (NPD) gegen die Vorlage. Um Kosten zu sparen hätte es aus Sicht der FWG genügt, nur den einsturzgefährdeten Überbau, nicht aber die Widerlager, abzubauen.

Eigener Kulturausschuss: Mit großer Mehrheit hat sich der Rat für die Bildung eines Kulturausschusses für das von Beigeordnetem Thomas Egger geleitete Dezernat für Wirtschaft, Kultur, Sicherheit und Ordnung (Dezernat III) ausgesprochen. Der nach der Dezernatsumbildung wieder gegründete Ausschuss versteht sich als eigenständiges, gleichberechtigtes Gremium neben dem Dezernatsausschuss. Unterschiedliche Auffassungen gab es über die Größe. Während die CDU erfolglos für eine Besetzung mit 17 Mitgliedern plädierte, um auch damit symbolisch die Bedeutung kultureller Themen für Trier nach außen zu dokumentieren, setzte sich das Ampelbündnis mit seiner Vorstellung durch, es aus Effizienz- und Kostengründen bei 13 zu belassen. Ein größerer Ausschuss bürge nicht zwangsläufig für mehr Qualität.
FWG und NPD votierten gegen die Neugründung. Die FWG begründete ihre Ablehnung mit dem strukturellen Hinweis, dass ungeachtet der Besetzungsgröße der seinerzeit beschlossene Weg, schlankere Strukturen zu schaffen und Mittel einzusparen, jetzt wieder aufgegeben werde. Trotz der grundsätzlichen Einwände wolle man jedoch inhaltlich in dem von der Mehrheit des Rates beschlossenen Ausschuss mitarbeiten, signalisierte Fraktionsvorsitzende Christiane Probst.
Der jetzt beschlossene 13er-Ausschuss versteht sich als Vorberatungsgremium zum Stadtrat in allen kulturellen Angelegenheiten der Stadt. Nach seiner Konstituierung soll das Gremium klären, welche Aufgaben und finanziellen Wertgrenzen ihm vom Stadtrat zur abschließenden Beratung oder Entscheidung übertragen werden.
Ordentliche Mitglieder des neu gegründeten Kulturausschusses sind von der CDU: Dorothee Bohr, Dr. Ulrich Dempfle, Ricarda Kuhner, Dr. Elisabeth Tressel, von der SPD: Dr. Regina Bux, Dr. Maria Duran Kremer, Markus Nöhl, Peter Spang, von Bündnis 90/Die Grünen: Uschi Britz und Gerd Dahm sowie Professor Hermann Kleber (FWG), Dr. Karl-Josef Gilles (FDP) und Katrin Werner (Die Linke). Vorsitzender ist Kulturdezernent Thomas Egger.

Folgekostenberechnung: Bei Investitionsvorlagen soll die Verwaltung künftig die Folgekosten berechnen, damit diese bei der Entscheidungsfindung über die Projekte berücksichtigt werden können. Das beschloss der Stadtrat mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP, FWG, NPD sowie eines Vertreters der Linken. Gerade bei der schlechten Finanz-ausstattung der Stadt sei verantwortungsvolles Haushalten immens wichtig. Eine seriöse Folgekostenberechnung offenbare, wie stark die Belastung aus einer Investition die Kommune zukünftig treffe, heißt es im Antrag der Ampel. Deshalb müssten die Folgekosten auch in den nachfolgenden Etatplanungen Berücksichtigung finden, um eventuelle Nachtragshaushalte zu vermeiden. Die Berechnung soll nach einem gängigen Schema erfolgen, das Abschreibung, Instandhaltungskosten, kalkulatorische Zinsen und Verwaltungskosten berücksichtigt sowie das Gesamtinvestitionsvolumen und die Nutzungsdauer ausweist. 
Grundstein für Risikomanagement
Über die Vorteile der Folgekostenberechnung waren sich die Räte grundsätzlich einig. Dem finanziellen Desaster der Kommune dürfe nicht nur nebulös mit einem zu reformierenden kommunalen Finanzausgleich und dem Verweis auf das Konnexitätsprinzip begegnet werden, betonte Petra Kewes (B 90/Grüne). Es gehe um den Willen zu Neuerungen und Veränderungen. Christine Frosch (SPD) verband mit dem Antrag die Hoffnung, dass ein Grundstein für ein finanzwirtschaftliches Risikomanagement gelegt wird. Mehr Transparenz verspricht sich Dr. Karl-Josef Gilles (FDP).
Zusätzliche Selbstverpflichtung
Karl Biegel (CDU) verwies dagegen auf die Gespräche in der AG Rat und Verwaltung, die sich vornehmlich mit der Haushaltskonsolidierung befasst. Dort habe man sich darauf verständigt, alles auf den Prüfstand zu stellen und auch nicht vor Organisationsabläufen halt zu machen. „Wir müssen erst unsere Hausaufgaben machen, bevor wir solche Beschlüsse fassen.“ Auch Christiane Probst (FWG) erwähnte die AG. Zudem bestehe seit der Einführung der Doppik die Pflicht, die Folgekosten auszuweisen. Für die Verwaltung begrüßte OB Klaus Jensen den Antrag ausdrücklich, den er als zusätzliche Selbstverpflichtung des Rates verstehe, die Dinge konsequent voranzutreiben. Ein Änderungsantrag der NPD fand keine Mehrheit.

Trier weltoffen und tolerant: Für eine Kampagne und eine Bürgerbeteiligung „Für ein tolerantes und weltoffenes Trier“ sprach sich der Stadtrat mit den Stimmen der Antragssteller SPD, Grüne, FWG und Linke aus. Wenn Trier auch dazu prädestiniert sei, eine Vorreiterrolle in Sachen gelebter Toleranz und Integration einzunehmen, verschafften sich dennoch immer wieder Menschen mit einem ausgrenzenden Weltbild Gehör und versuchten diese Errungenschaften der sozialen Zivilgesellschaft wieder zurückzudrängen, begründete Markus Nöhl (SPD) den Antrag. Mit der Kampagne sollte ein möglichst in alle Teile der Gesellschaft hineingehender Prozess von sozialem Miteinander und gegenseitiger Hilfe entstehen sowie extremis-tischen und anderen ausgrenzenden Ideologien Einhalt geboten werden.
Als kontraproduktiv bezeichnete dagegen Berti Adams (CDU) den Antrag. Aktionen könnten leicht zu Aktionismus werden, warnte der Fraktionsvorsitzende. Deshalb habe sich die CDU nicht an Demonstrationen gegen Rechts beteiligt und favorisiere eine Nichtbeachtung. Es sei falsch, das Problem zu negieren, entgegnete hingegen Richard Leuckefeld (B 90/ Die Grünen), der mögliche Aktionen der Kampagne nannte. So könnten Spitzen-sportler der großen Trierer Vereine eine Erklärung gegen Rechts abgeben und Diskobetreiber mit Schildern da-rauf aufmerksam machen, dass Ausländerfeindlichkeit nicht geduldet werde. Weil seine Partei richtungsneutral gegen jede Form von Extremismus sei, könne die FDP den Antrag nicht mittragen, sagte Dr. Karl-Josef Gilles. Die Diskussion werde zu einseitig geführt. Es gehe nicht nur gegen Rechts, sondern um das Engagement der ganzen Zivilgesellschaft, sagte Professor Hermann Kleber (FWG). Ein Änderungsantrag der NPD wurde abgelehnt.

Verwaltungsrichter: Der Stadtrat schlägt 24 Personen als ehrenamtliche Richter am Verwaltungsgericht Trier für die am 1. Januar beginnende Amtsperiode vor. Die Verteilung unter den Fraktionen richtet sich nach deren Sitzzahl im Stadtrat. Die CDU hatte mit acht einen weniger als die ihr zustehenden Bewerber benannt. Den freien Platz übernimmt ein Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen. Das Verwaltungsgericht ist zuständig für Verfahren, um Entscheidungen von Behörden aufzuheben oder sie zum Einschreiten zu veranlassen. Ausnahmen sind Prozesse mit der Bundesagentur für Arbeit sowie rund um Renten und diverse Sozialleistungen.

Ausschusswechsel: Der Stadtrat hat den FDP-Fraktionsvorsitzenden Dr. Karl-Josef Gilles als drittes stellvertretendes Mitglied des Dezernatsausschusses II für das ordentliche Mitglied Monika Indig (FDP) und als drittes stellvertretendes Mitglied des Jugendhilfeausschusses für das ordentliche Mitglied Felix Brand (FDP) gewählt.

Nahversorgung Ehrang: Der Bebauungsplan Ehranger Straße Südost (BE 27-1), dessen Offenlage der Stadtrat einstimmig beschlossen hat, verfolgt das Ziel, das langfristige Nahversorgungskonzept für die Stadtteile Ehrang, Quint, Pfalzel und Biewer zu schützen. Geplant ist die Ansiedlung eines großen Lebensmittelmarkts auf dem früheren Mühlengelände in Ehrang. Um unerwünschte Konkurrenz zu diesem Standort zu vermeiden, schließt der Bebauungsplan BE 27-1 den Bau von Einzelhandelsbetrieben mit Nahversorgungsfunktion an der Ehranger Straße aus.

Umsetzung der Bürgergutachten: Um die zur Verfügung stehenden knappen finanziellen Mittel „dem wirklichen Bedarf entsprechend“ einsetzen zu können, hat die Freie Wählergemeinschaft die Verwaltung in einer Anfrage aufgefordert, dem Stadtrat umgehend eine Prioritätenliste der in den Stadtteilrahmenplänen und Bürgergutachten erarbeiteten Bürgeranliegen vorzulegen. Darin sollen konkrete Maßnahmen mit genauen Ziel- und Zeitvorgaben aufgelistet und Handlungsstrategien zur Umsetzung der Bürgeranliegen aufgezeigt werden. Mit dieser Liste soll dann in den Ortsbeiräten, dem Dezernatsausschuss und im Stadtrat eine Prioritätendebatte geführt werden.
OB Klaus Jensen verwies darauf, dass schon bei der erstmaligen Beantragung einer Prioritätenliste durch die UBM 2006 darauf hingewiesen worden sei, dass die Kriterien für eine Prioritätensetzung nicht durch die Verwaltung, sondern nur durch die Bürger selbst oder den Rat erbracht werden könnten. Das Thema sei auch in der AG Rat und Verwaltung ab Sommer 2008 kontrovers diskutiert und auf Vorschlag des Rathauses im Bürgerhaushalt 2010 aufgegriffen worden. Insgesamt hätten 856 Bürger die Chance genutzt, Vorschläge und Projekte aus den Bürgergutachten ihres Stadtteils zu bewerten. Für jeden Stadtteil könne damit eine Prioritätenliste erstellt werden, die zukünftig auch bei den Beratungen der Ortsbeiräte und der Umsetzung der Stadtteilrahmenpläne berücksichtigt werden könne. Jedoch sei es wegen der Fülle der Vorschläge sowie finanzieller und personeller Engpässe in der Verwaltung nicht möglich, die Vorschläge der Stadtteilrahmenpläne als eigenständige Maßnahmen umzusetzen.
Auf die Frage, inwieweit die Ergebnisse aus den Bürgergutachten und Stadtteilrahmenpläne in die praktische Politik einfließen, erklärte Jensen, dass die Anregungen aus den Bürgergutachten beim ersten Bürgerhaushalt schon eine zentrale Rolle gespielt hätten. Über 100 Vorschläge aus den Bürgergutachten seien beim Bürgerhaushaltsverfahren berücksichtigt worden. Diese Option bestehe auch künftig.

Zuschuss für Kunstakademie: Zur Finanzierung ihrer Verwaltungs- und Betriebskosten erhält die Europäische Akademie für Bildende Kunst 2010 nach einstimmigem Stadtratsbeschluss einen Zuschuss von 72.000 Euro. Die Einrichtung wird seit ihrer Gründung 1977 jährlich gefördert. Im Mai 2008 hatte der Stadtrat die Höhe des Jahreszuschusses auf 72.000 Euro neu festgesetzt. Derzeit laufen in der Akademie neben den zahlreichen Kursen die Vorbereitungen für das nächste Veranstaltungshighlight „Kallkünstler – fairspielt“. Dabei ist neben dem beliebten Public Viewing zur Fußball-WM in den alten Schlachthofhallen vom 11. Juni bis 11. Juli eine Ausstellung mit über 100 Fußballschuhen zu sehen. Jugendliche und Erwachsene aus Trier sowie dem rheinland-pfälzischen Partnerland Ruanda haben sie künstlerisch gestaltet

Beteiligungsbericht: Ende 2008 war die Stadt Trier an insgesamt fast 40 Unternehmen und Zweckverbänden beteiligt. Schwerpunkte sind die Bereiche Ver- und Entsorgung, Konversion, Verkehr, Telekommunikation, Wohnungsbau, Kultur, Sport und Tourismus sowie Beschäftigungs- und Wirtschaftsförderung. Das geht aus dem mehr als 200 Seiten dicken städtischen Beteiligungsbericht hervor, den der Stadtrat zustimmend zur Kenntnis nahm.
Wichtigste Veränderung im Vergleich mit 2007 war die umstrittene Beteiligung der Trierer Stadtwerke an einem RWE-Kohlekraftwerk in Hamm. Ansonsten gab es 2008 keine gravierenden Veränderungen. Der Bericht enthält für jedes Unternehmen mit städtischer Beteiligung die wichtigsten bilanztechnischen Kennzahlen, darunter die Eigen- und die Fremdkapitalquote, sowie eine Einschätzung der künftigen Geschäftsentwicklung.

Eingeschränkte Aktienübertragung: Künftig können Aktien der gbt Wohnungsbau- und Treuhand AG nur noch mit Zustimmung des Aufsichtsrats übertragen werden. Von diesem Vorbehalt ausgenommen sind die Aktien im Eigentum der Stadt Trier sowie der Provinzial Rheinland Versicherungs AG. Der Stadtrat stimmte dieser vorgeschlagenen Satzungsänderung zu. Die endgültige Entscheidung fällt in der gbt-Hauptversammlung am 17. Juni. Die Provinzial mit 61,41 und die Stadt Trier mit 37,64 Prozent sind Hauptanteilseigner der gbt.

Behindertenbeauftragter: Das Rathaus will noch in diesem Jahr einen Behindertenbeauftragten bestellen und einen Beirat einrichten. Beide Institutionen soll der Stadtrat noch vor der Sommerpause bestätigen. Bürgermeisterin Angelika Birk stellte diesen Zeitplan bei der Beantwortung einer Anfrage von Stadträtin Katrin Werner, Die Linke, vor, die wissen wollte, warum ein entsprechender Ratsbeschluss vom 26. August 2008 noch nicht umgesetzt sei. Birk verwies darauf, dass die Umsetzung von parallelen Entwicklungen, vor allem von der Geschäftsordnung des Stadtrates, abhängig gewesen sei. Der inzwischen vorliegende Satzungsentwurf, der sich an der Mus-tersatzung des Landes Rheinland-Pfalz orientiere, strebe eine umfassende integrative Zusammensetzung des Behindertenbeirates an. Es handele sich um ein offenes Konzept, bei dem die Behindertenverbände einbezogen würden. Die Mitarbeit der Ratsfraktionen bei der Konzeption sei grundsätzlich in der Form von Arbeitskreisen möglich.

Zuschuss Porta-Nigra-Schule: Die Stadt stellt der Porta Nigra-Schule  maximal 158.580 Euro für nicht gedeckte laufende Kosten im Wirtschaftsjahr 2010 zur Verfügung. Die Lebenshilfe für körperlich und geistig Behinderte ist Träger dieser privaten Schule mit Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung. Sie wird von Schülern aus Trier, dem Landkreis Trier-Saarburg und aus Luxemburg besucht. Nach einem Grundsatzbeschluss des Rates beteiligt sich die Stadt seit 1994 an den nicht gedeckten laufenden Kosten. 2009 wurden 140.000 Euro zur Verfügung gestellt. Sinken die jährlichen Ausgaben der Schule doch noch, wird der städtische Zuschuss reduziert.