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30.03.2010

Aus dem Stadtrat

Sitzung des Stadtrats im Großen Rathaussaal.
Sitzung des Stadtrats im Großen Rathaussaal.
Von der ursprünglichen Tagesordnung der Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag wurden drei Punkte abgesetzt, die später im Stadtrat behandelt werden sollen: das Radverkehrskonzepts, der weitere Ausbau der Herzogenbuscher Straße und die Sanierung der Hochwasserschutzmauer am Nordbad. Auf der Tagesordnung verblieben unter anderem die Themen Google Street View, Eislaufhalle und Verkehrssicherheit vor Schulen:

Google Street View als Sondernutzung? Mehrheitlich hat der Rat die Verwaltung beauftragt, zu prüfen, inwieweit es rechtlich möglich ist, eine Sondernutzungsgebühr für das umfassende, digitale Abfotografieren von Stra-ßenansichten und die Einstellung der Bilder ins Internet zu erheben. Gegen den Antrag der Fraktion B 90/Die Grünen stimmte aus grundsätzlichen Erwägungen die SPD. Nein-Stimmen kamen auch aus der CDU und vom NPD-Mitglied Safet Babic. OB Klaus Jensen ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, dass es nach der derzeitigen Rechtslage aus Sicht der Verwaltung keine Möglichkeiten gebe, die städtische Satzung zu verändern, um für das digitale Abfotografieren von Straßenansichten durch Google Sondernutzungsgebühren zu erheben. Auch andere Städte seien bereits hieran gescheitert. Man werde allerdings die weitere Entwicklung auch im Hinblick auf den Schutz der Persönlichkeitsrechte aufmerksam beobachten.
Grünen-Sprecherin Gudrun Backes hatte neben unleugbaren Vorteilen von „Google-Street-View“ auf massive Bedenken beim Datenschutz und der Wahrung von Persönlichkeitsrechten hingewiesen, wie sie auch vom Bundesverbraucherschutzministerium formuliert worden seien. Die Frage einer Erhebung von Sondernutzungsgebühren werde kontrovers diskutiert und müsse von der Verwaltung überprüft werden, um Straßenaufnahmen zu erschweren. Backes forderte die Stadt auf, die Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig über die Google-Aktionen und die Widerspruchsmöglichkeiten hiergegen zu informieren. Entsprechende Formulare, wie sie auf der Internetseite ihrer Fraktion eingestellt seien, sollten auch im Bürgeramt ausgelegt werden.
Mit der für die Kommunen rechtlich schwierigen Situation setzte sich CDU-Ratsmitglied Udo Köhler auseinander. Es gebe kaum Aussichten für die Stadt, eine Sondernutzungsgebühr erheben zu können, deren Ertrag letztlich ohnehin nur gering zu veranschlagen sei.
Grundsätzliche Einwände
Man wolle nicht, dass die Persönlichkeitsrechte ausgehöhlt und fragwürdige Daten gesammelt werden können,
gab SPD-Fraktionsvorsitzender Sven Teuber grundsätzlich zu bedenken. Deshalb wolle man mit dem fragwürdigen Abfotografieren von Stra-ßenansichten mittels einer neuen Satzung nicht auch noch Geld verdienen. Er appellierte an die Bundesregierung, den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte zu stärken.
Dem stimmte für die FWG auch Professor Hermann Kleber zu, doch unterstütze man anders als die SPD die Ini-tiative der Grünen, da es sich lediglich um einen Prüfungsantrag handele.  Man sei gegen einen Angriff auf die Persönlichkeitsrechte, wolle aber die potentielle Möglichkeit einer Gebührenerhebung bei „Goog-le-Street-View“ nutzen, sagte Silke Reinert (FDP).
Man müsse sich aber auch fragen, ob die zu erzielenden Gebühren im Verhältnis zu den entstehenden Kosten stünden. Linken-Ratsmitglied Dr. Johannes Verbeek gab bei seiner Zustimmung für den Prüfungsantrag zu bedenken, dass „Bittgebete“ womöglich mehr Wirkung hätten als dauernde Petitionen, die Probleme nicht lösen würden.

Verkehrssicherheit vor Schulen:
In den schillerndsten Farben schilderten Vertreter des Rates das tägliche Verkehrschaos vor den Schulen, wenn Eltern ihre Kinder mit dem Auto möglichst unmittelbar vor dem Schul-eingang abliefern und nach Schulende wieder abholen. Ein Ratsherr sprach von einem „hausgemachten Ausnahmezustand“, den die Eltern verursachten und nur noch über das Bewusstsein der Kinder verändert werden könne.
Ausgelöst wurde die Diskussion von einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in dem die Verwaltung aufgefordert wird, „verkehrs-technische Maßnahmen zu ergreifen, um die privaten Zubringer- und Abholverkehre vor den Trierer Schulen zu verringern und die Verkehrssicherheit der Schülerinnen und Schüler zu erhöhen“. Einstimmig beschloss der Rat, das Anliegen mit der Erarbeitung schulspezifischer Lösungsansätze und einer verstärkten Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen einer konzertierten Aktion weiter im Dezernatsausschuss von Bürgermeisterin Angelika Birk zu behandeln.
In ihrer Antrags-Begründung verwies Grünen-Sprecherin Anja Matatko auf die allgemeine Zunahme des Verkehrs und die vielfältigen Taxi-Dienste der Eltern für ihre Kinder. Diese gingen immer weniger zu Fuß zur Schule und benutzen zu selten das Fahrrad. Um zumindest die Sicherheit im direkten Umfeld der Schulen zu erhöhen, seien ein zeitlich begrenztes Halteverbot und zusätzliche Überquerungshilfen dienlich.
Den tatsächlichen Nutzen genereller Verbote stellte Dr. Ulrich Dempfle (CDU) in Frage und plädierte allenfalls für schulspezifische Lösungen, die von der Verwaltung erarbeitet werden sollten. Mit generellen Verboten würde das Chaos vor den Schulen eher noch vermehrt, zumal Eltern erfahrungsgemäß erfinderisch seien, diese zu umgehen.
Von den unterschiedlichsten Facetten des täglichen „Bring- und Abholtourismus“ vor den Schulen wusste SPD-Sprecher Reiner Lehnart zu berichten. Das Ansinnen der Grünen sei gut gemeint, führe in der aufgezeigten Form aber nicht zum Ziel. Vielmehr solle man in einer „konzertierten Aktion“ unter Beteiligung aller Beteiligten darüber beraten, wie die Situation verbessert und die derzeitigen Verhaltensweisen der Eltern verändert werden könnten.
FWG-Fraktionsvorsitzende Christiane Probst appellierte an die Eltern, verstärkt Fahrgemeinschaften zu bilden und sich beim Aus- und Einsteigen ihrer Kinder vor den Schulen vorschriftsmäßig zu verhalten. Bei der Beratung im Dezernatsausschuss solle auch der Stadtschulelternbeirat gehört werden. Felix Brand (FDP) hielt den Antrag inhaltlich für nicht durchführbar und befürchtete eine weitere Belastung des ohnehin defizitären Haushalts.

Sanierung Eishalle: Für die Sanierung und künftige Betreibung der maroden Eislaufhalle ist davon auszugehen, dass aus rechtlichen Gründen ein sogenannter Konzessionswettbewerb durchgeführt werden muss. Bislang hat die Trierer Eisfreizeit GmbH i. Gr. Interesse bekundet. Dieses Unternehmen haben Wolfgang Kinzig, langjähriger Eismeister der Halle, sowie der  Gastronom Eric Naunheim gegründet.
Der Stadtrat hatte am 17. Dezember 2009 die Verwaltung beauftragt, das Konzept Eisfreizeit GmbH i. Gr. hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit, rechtlichen und tatsächlichen Machbarkeit sowie  der Plausibilität zu überprüfen. Wie Bürgermeisterin Angelika Birk jetzt in ihrer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion dem Kommunalparlament mitteilte, hat ein Gutachten zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeitsberechnungen bestätigt, dass die Trierer Eislaufhalle ohne einen jährlichen erheblichen städtischen Zuschuss nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. 
Aussagen zum Verkehrswert der Sportanlage wird in Kürze der städtische Gutachterausschuss mitteilen. Mit den gesamten Prüfergebnissen beschäftigt sich der Dezernatsausschuss II voraussichtlich in seiner nächsten Sitzung am 28. April. Die abschließende Beratung ist dann dem Stadtrat vorbehalten.
Die FDP wollte außerdem wissen, ob die ausgefallenen Generatoren der Kälteanlage in den nächsten Monaten ausgetauscht werden können, um
einen Betrieb der Eishalle ab nächstem September zu gewährleisten. Ein Beschluss über den Austausch der beiden Verdichter der Anlage kann nach Aussage von Bürgermeisterin Birk aber erst getroffen werden, wenn die grundsätzliche Entscheidung zur Zukunft der Sportanlage gefallen ist.
Außerdem kann wegen einer anstehenden Prüfung der Anlage derzeit die Betriebserlaubnis nicht verlängert werden. Daher wird das städtische Sportamt veranlassen, dass das gelagerte Ammoniak abgepumpt und entsorgt wird. Die Kosten von bis zu 
35 000 Euro können aus dem Budget finanziert werden, weil durch die derzeitige Schließung der Halle die anfallenden Sach- und Energiekosten niedriger sind.

Wechsel in der Regionalvertretung:
Dr. Karl Josef Gilles (FDP) ist künftig Mitglied der Regionalvertretung der Planungsgemeinschaft Region Trier. Das beschloss der Stadtrat bei zwei Enthaltungen. Gilles tritt die Nachfolge seines früheren Fraktionskollegen Thomas Egger an, der seit Mitte Februar Beigeordneter ist.

Umbenennung: Der nördliche Abschnitt der Hunsrückstraße zwischen Gauerbrücke und der Kreuzung Riesling-Weinstraße heißt künftig Olewiger Straße. Grund für die Namensänderung ist der bisherige Verlauf der Hunsrückstraße, die einen Schwenk macht, was immer wieder Probleme beim Finden einzelner Adressen und der Post- und Paketzustellung verursachte. Durch den Ausbau des restlichen Teils der Olewiger Straße wurden diese Irritationen sogar noch verstärkt. Die Umbenennung geht auf eine Initiative des Ortsbeirats Olewig zurück.

Für eine bessere Welt: Die Milleniumserklärung der Mitgliedskommunen des Deutschen Städtetages hat der Stadtrat einstimmig angenommen. Damit begrüßt Trier die von den Vereinten Nationen im Jahr 2000 verabschiedeten Milleniums-Entwicklungsziele für eine bessere, gerechtere und sicherere Welt und möchte im Rahmen seiner Möglichkeiten an deren Verwirklichung mitwirken. Dazu soll beispielsweise geprüft werden, inwieweit die Stadt Dialog und Zusammenarbeit mit ausländischen Mitbürgern in kommunalen Einrichtungen, etwa in Kindergärten und Schulen, fördern kann, um so durch direkte Kontakte ein für viele Mitbürger vergleichsweise abstraktes Thema begreiflicher zu machen. Zur Übernahme von Verantwortung in der Kommunalpolitik gehört beispielsweise die Überprüfung des eigenen Handels auf Verhaltensmuster, die dem Grundsatz der Einen Welt verpflichtet sind und die damit auch die allgemeine Grundlage der Milleniums-Entwicklungsziele unterstützen, etwa durch den Einsatz fair gehandelter Produkte in der Verwaltung.

Beleuchtung optimieren: Fraktionsübergreifend war sich der Rat einig, dass die Straßenbeleuchtung in Trier optimiert werden soll. Dabei spielt die Frage der Nutzung und Wartung der Straßenlaternen und eine eventuelle Übernahme durch die Stadtwerke eine zentrale Rolle. Da es in wichtigen Punkten eines von der SPD eingebrachten Antrags noch Klärungsbedarf gibt, wurde die Vorlage mit einem Ergänzungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen zur weiteren Klärung in den zuständigen Ausschuss überwiesen.

Sitzungsgeld: Nach über 15 Jahren hat der Rat die Hauptsatzung der Stadt Trier aufgrund einer Vielzahl von inzwischen erlassenen Änderungen angepasst und mit einer Gegenstimme neu beschlossen. Eine eigens dafür eingerichtete Arbeitsgruppe mit Vertretern der Fraktionen sowie Verwaltungsmitarbeitern hatte die Neufassung der Hauptsatzung erarbeitet.
Neu sind insbesondere Änderungen in Bezug auf die Aufwandsentschädigungen für Stadträte und Ortsbeiräte. Die nach der Landesverordnung für kommunale Ehrenämter vorgenommene monatliche Erhöhung beträgt für jedes Ratsmitglied 32 Euro. Damit erhält jedes Ratsmitglied als Ersatz für die mit dem Amt verbundenen Aufwendungen eine monatliche Entschädigung von jetzt 247 Euro. Die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen erhalten zusätzlich noch einmal jeweils eine Pauschale in gleicher Höhe, die Stellvertreter in halber Höhe (123,50 Euro).
Thomas Albrecht, CDU, begründete für alle Ratsfraktionen die erste Erhöhung der Aufwandsentschädigung seit drei Legislaturperioden und verwies darauf, dass diese die letzte Erhöhung sei, über die der Rat selbst entscheiden würde. Zukünftig sei die Aufwandsentschädigung der ehrenamtlichen Ratsmitglieder prozentual an die Landesverordnung der ehrenamtlichen Beigeordneten gekoppelt.
Alle Ratsmitglieder erhalten ein Sitzungsgeld von 10 Euro pro angefangene Stunde. Für die Teilnahme an Fraktionssitzungen, die der Vorbereitung von Ratssitzungen dienen, erhalten die Mitglieder pro Sitzung 20 Euro. Die im Stadtrat vertretenen Fraktionen bekommen für ihre Arbeit einen Sockelbetrag von jährlich 7 158 Euro. Dazu kommen 205 Euro je fraktionsangehörigem Ratsmitglied pro Monat und 26 Euro je fraktionsangehörigem Ratsmitglied im Jahr.
Aufgrund der Anpassung an die Verordnung zur Kommunalaufwandsentschädigung ergebenen sich insgesamt Mehrkosten in Höhe von 34 273 Euro, die im ersten Nachtragshaushalt 2010 eingestellt sind.

Redezeitbegrenzung: Der Rat der Stadt Trier hat in eigener Sache eine neue Geschäftsordnung beschlossen. Mit einer Gegenstimme wurde die seit 1994 angewendete jeweils gültige Mustergeschäftsordnung für Gemeinderäte in Rheinland-Pfalz durch ein den Trierer Bedürfnissen angepasstes „Organisationsstatut“ ersetzt. Mit der neuen Geschäftsordnung, die sich im Wesentlichen an der Mustergeschäftsordnung orientiert, werden Regelungen hinsichtlich der Antrags-, Auskunfts- und Rederechte getroffen und wie Sitzungen vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden. Zahlreiche Änderungsanträge des NPD-Vertreters wurden ausnahmslos abgelehnt.
Neu aufgenommen wurde eine generelle Redezeitbegrenzung für jeden Tagesordnungspunkt der Stadtratssitzung. Sie beträgt fünf Minuten pro Ratsmitglied für den ersten Redebeitrag zu einem Beratungsgegenstand und zwei Minuten pro Ratsmitglied für den zweiten und jeden weiteren Redebeitrag.
Ebenfalls neu in der Geschäftsordnung sind die Regelungen zum Ältestenrat.  Die Anfragen, die bei Beginn der neuen Legislaturperiode des Trierer Stadtrats im vergangenen Herbst an das Ende der öffentlichen Sitzung verlegt worden waren, werden zukünftig wieder am Anfang behandelt.

Grünflächen sichern: Der Status des Wohngebiets zwischen Rothildis- und Karolingerstraße sowie einer nördlich gelegenen Grünfläche Richtung Hafen sollen langfristig planungsrechtlich gesichert werden. Daher hat der Stadtrat beschlossen, einen Bebauungsplan BP 4 N neu aufzustellen. In dem alten Bebauungsplan, der aus dem Jahr 1968 stammt, war die als Grünzone genutzte Fläche noch als immissionsfreies Gewerbegebiet festgelegt werden.