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14.12.2021

Aus dem Stadtrat

Der Stadtvorstand sitzt im Rathaussaal und sieht auf mehreren Bildschirmen die Ratsmitglieder, die sich per Videokonferenz von zu Hause zuschalten.
Während der Stadtvorstand im Rathaussaal sitzt, schalten sich die Ratsmitglieder per Videokonferenz von zu Hause zu.

Der Stadtrat tagte am vergangenen Mittwoch in einer Online-Sitzung unter der Leitung von OB Wolfram Leibe und Bürgermeisterin Elvira Garbes. Dabei wurden unter anderem folgende Beschlüsse gefasst:

Stadtvorstand entlastet
Der Stadtrat stellte den Jahresabschluss 2020 förmlich fest und attestierte damit dem Stadtvorstand eine ordnungsgemäße Arbeit. Damit folgte der Stadtrat bei einer Gegenstimme des fraktionslosen Ratsmitglieds Dr. Ingrid Moritz der Empfehlung des Rechungensprüfungsamts, der Mittelrheinische Treuhand GmbH sowie des Rechungsprüfungsausschusses. Dessen Vorsitzender Thomas Albrecht erläuterte kurz die wichtigsten Ergebnisse. Der Beschluss bedeutet gleichzeitig die Entlastung des Stadtvorstands. Dessen Mitglieder verließen bei diesem Tagesordnungspunkt den Rathaussaal und die Sitzungsleitung übernahm Hans Lamberti (AfD) als ältestes Stadtratsmitglied.

ÖPNV-Tarife
Eine höhere Nutzerfreundlichkeit des ÖPNV war das Ziel eines CDU-Antrags, dem der Stadtrat mit großer Mehrheit zustimmte. Konkret forderte Thomas Albrecht die städtischen Vertreterinnen und Vertreter im Verkehrsverbund Region Trier (VRT) auf, sich für die Ausweitung des Handy-Tickets einzusetzen und ähnliche Angebote wie das System „Fairtiq“ zu prüfen. Hier muss vorab kein Ticket gekauft und keine Endstation angegeben werden. Man loggt sich mit seinem Smartphone zu Beginn der Fahrt ein und am Ende wieder aus. Berechnet wird dann jeweils das günstigste verfügbare Ticket. Der Tarifdschungel sei undurchschaubar – den ÖPNV zu nutzen, müsse aber so einfach wie möglich sein, begründete Albrecht den Antrag seiner Fraktion. Andere Fraktionen verwiesen darauf, dass eine Neustrukturierung des Tarifsystems notwendig sei.

General-von-Seidel-Kaserne
Der Stadtrat traf mehrere Entscheidungen, um das Projekt Umwandlung der General-von-Seidel-Kaserne in Trier-Euren in ein Gewerbegebiet voranzubringen. So genehmigte der Rat Mehraugaben bei den laufenden Abrissarbeiten von 703.107 Euro und genehmigte die Ausschreibung der Verkehrsplanung sowie der Ver- und Entsorungsanlagen. Diese werden rund 445.000 Euro kosten. Außerdem beschloss der Rat, dass die weiteren Vergabeschritte bei der Entwicklung des Geländes nicht alle durch die städtischen Gremien getroffen werden müssen, sondern auf den zuständigen Dezernenten delegiert werden. Da das Projekt bei der Wirtschaftsförderung liegt, ist der Oberbürgermeister der zuständige Fachdezernent. In einzelnen Projektschritten könne man so bis zu 20 Wochen schneller agieren als auf dem üblichen Vergabeweg, hieß es in der Vorlage. Der Rat stimmte mit 49 Stimmen bei vier Enthaltungen zu.

Schienenersatzverkehr
In einer Resolution an die Deutsche Bahn hat sich der Trierer Stadtrat dafür ausgesprochen, den Schienenersatzverkehr (SEV) auf der Moseltrasse deutlich zu verbessern. Hintergrund sind mehrmonatige Bauarbeiten auf der Moseltrasse, die einen Schienenersatzverkehr mit Bussen notwendig machen. Zeitgleich ist durch die Flut die Bahnanbindung nach Köln durch die Eifel weggebrochen. Kernproblem ist nach Ansicht der Fraktionen von Grünen, SPD, CDU, Linke, FDP und UBT die nicht bestehende Anschlusssicherung zwischen dem Schienenersatzverkehr und den Nahverkehrszügen. Oft würden schon kleine Verspätungen im SEV dazu führen, dass der Anschlusszug verpasst wird.
Der Stadtrat fordert daher unter anderem, die Fahrzeiten des SEV so anzupassen, dass beim Start in Trier nicht bereits beim Umstieg in den Nahverkehr auf der Moseltrasse der Anschluss verpasst wird. Zudem soll geprüft werden, ob angesichts des Wegfalls der Eifeltrasse für einen längeren Zeitraum Express-Busse nach Köln als Ersatz zu einer deutlichen Verbesserung der Reisezeit führen könnten. Auch sollen Haltestellen des Schienenersatzverkehrs und die Wege dorthin besser ausgeschildert und kommuniziert werden.

Beirat für Migration und Integration
Die Stärkung des Beirats für Migration ist das zentrale Ziel einer geplanten Satzungsüberarbeitung. Dazu soll die Stadtverwaltung im Januar einen Entwurf vorlegen. Diesen Arbeitsauftrag hat der Stadtrat auf Antrag von CDU, FDP, UBT und SPD mit 28 Ja-Stimmen beschlossen. 24 Ratsmitglieder sprachen sich dagegen aus, zwei enthielten sich. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass die aktuelle Version der Satzung des am 22. November 1994 erstmals gewählten Beirats 2009 überarbeitet wurde und einer weiteren Aktualisierung bedarf. Es geht vor allem darum, ob die relativ hohe Zahl der laut Satzung von den Fraktionen berufenen Mitglieder (derzeit 6 von 19) beibehalten wird oder ob das demokratischen Prinzipien widerspricht.
Sprecher von Grünen und Linken monierten, dass der Beirat als betroffenes Gremium nicht vorher über diesen Planung informiert wurde und in seinen Rechten beschnitten werde. Michael Lichter (Grüne) bezweifelte zudem, dass es mitten in der Wahlperiode „einen Handlungsdruck gibt.“ Vielmehr gehe es bei der Streichung der entsendeten Mitglieder darum, die Mehrheiten aus politischem Kalkül zu ändern.
Ähnlich äußerte sich Marc-Bernhard Gleißner (Linke). Durch den Antrag werde „Vertrauen zerstört.“ Es sei das Gegenteil von dem beabsichtigt, was mit der Stärkung des Beirats im Antragstitel stehe. Michael Frisch (AfD) konstatierte, die relativ niedrige Beteiligung bei der letzten Direktwahl zeige den Reformbedarf. „Aber das muss mit dem Beirat selbst passieren und nicht über dessen Köpfe hinweg.“ Dagegen begrüßte Udo Köhler (CDU) den Antrag: „Hier geht es um den einzigen städtischen Beirat, dessen Mitglieder in direkter Wahl bestimmt werden. Wenn es aber zusätzlich bis zu einem Drittel berufene Ratsmitglieder mit Stimmrecht gibt, sollte man das prüfen.“ Für Christiane Probst (UBT) „mischt sich die Politik zu viel“ ein. Sie sei dafür, einfach den Beirat seine Arbeit tun zu lassen und unterstütze den Antrag. Für Tobias Schneider (FDP) wäre der Rückzug der berufenen Mitglieder eine Stärkung demokratischer Prinzipien: „So zeigen wir, dass wir Vertrauen in den Beirat haben.“
Beirat diskutiert am 5. Januar
Beiratsvorsitzende Mihaela Milanova bezeichnete in einer persönlichen Erklärung den Vorstoß als „Scheinantrag“, durch den der Beirat „nachhaltig geschwächt werden soll.“ Zudem sei der Antrag über die Köpfe des Beirats hinweg vorbereitet worden. Sie bat darum, ihn zu verschieben oder zurückzuziehen. In der öffentlichen Sitzung des Beirats einen Tag später kündigte Milanova an, das Gremium werde sich in seiner ersten Sitzung 2022 am 5. Januar mit diesem Thema befassen.

Strategie fürs Wohnen und Arbeiten
Als Leitlinie für eine positive Entwicklung beim Wohnen und Arbeiten in diesem Jahrzehnt in Trier erarbeiten Stadtrat und Stadtverwaltung ein Strategiepapier, das im Dezember 2022 beschlussreif sein soll. Als erster Schritt soll im Haupt- und Personalausschuss am 26. Januar ein Zeitplan vorgelegt werden. Dieser Arbeitsauftrag, den die SPD-Fraktion beantragt hatte, wurde vom Stadtrat mit 30 Ja-bei 20 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen auf den Weg gebracht. Es wird eine dem Haushalts- und Personalausschuss untergeordnete Lenkungsgruppe ins Leben gerufen. Ihr gehören jeweils ein Mitglied der Fraktionen an, der Stadtvorstand sowie bei Bedarf Expertinnen und Experten, etwa aus der Wohnungswirtschaft, von den Wirtschaftskammern und den Gewerkschaften.
Die SPD begründete ihren Antrag damit, dass die Attraktivität von Trier darunter leide, dass die Wohnmöglichkeiten immer stärker vom Einkommen abhängen. Die negativen Folgen zeigten sich, so Sprecherin Monika Berger, mittlerweile auch bei der Bevölkerungsentwicklung. „Die Bezahlbarkeit von Wohnraum und die Verfügbarkeit von Miet- und Eigentumswohnraum sind entscheidende Faktoren für die Zukunftsfähigkeit und die Aufrechterhaltung von zentraler Infrastruktur wie Kitas, Schulen oder Theater“, heißt es in der Vorlage. Um Trier für alle lebenswert zu gestalten, fehle eine politische Strategie als Leitlinie. Sie müsse schnell erarbeitet werden, um die mehrjährigen Vorläufe von Planungs- und Bauprozessen nicht weiter zu verzögern. Dabei gehe es auch um zusätzliche Gewerbeflächen, um neue Firmen nach Trier zu holen.
OB Wolfram Leibe und Baudezernent Andreas Ludwig begrüßten das Projekt grundsätzlich. Ähnlich äußerten sich die Sprecher von CDU, UBT und FDP. Thorsten Kretzer (Grüne) äußerte dagegen organisatorische Bedenken. Zudem gebe es schon Gremien, die sich mit mehreren der angesprochenen Aspekte befassten, und der zusätzliche Personal- und Finanzaufwand müsse geklärt werden.
Vor der Abstimmung lehnte der Stadtrat den Änderungsantrag der Linken ab, das Konzept um die Themen Soziale Teilhabe und Inklusion, Kultur, Nachhaltigkeit sowie lebendige Innenstadt zu erweitern. Fraktionschefin Theresia Görgen hatte betont, dass man nur mit einem so umfassenden Ansatz der Komplexität des Themas gerecht werde.

Wahlplakate
Ein Antrag der Fraktion „Die Fraktion“ mit dem Ziel, die Plakatflut in Wahlkampfzeiten zu verhindern, verwies der Stadtrat mit knapper Mehrheit in den Dezernatsausschuss V, der erneut über das Thema beraten soll. Dinah Hermanns forderte in ihrem Antrag, große Anschlagtafeln aufzustellen, die zur Wahlwerbung genutzt werden könnten. Die ausgewiesenen Flächen sollen gleichmäßig auf alle im Wahlkreis antretenden Parteien und Wählergruppen aufgeteilt werden. Die Vorteile – im Vergleich zu einzelnen Wahlplakaten, die über das gesamte Stadtgebiet verteilt sind – liegen für Hermanns klar auf der Hand: „Das Stadtbild wirkt deutlich aufgeräumter und die Parteiwerbung kann direkt miteinander verglichen werden.“ Zudem gebe es bei dieser Lösung ökologische Vorteile, da die Plakate aus Papier und nicht aus Plastik wären. Auch könnte auf Kabelbinder aus Plastik verzichtet werden. Außerdem würde die Anzahl an Wahlplakaten deutlich reduziert und damit Ressourcen eingespart sowie Müll reduziert.
Die anderen Fraktionen diskutierten im Stadtrat kontrovers über den Antrag: Während etwa die Grünen und die FDP den hohen Mobilisierungsfaktor von Wahlplakaten hervorhoben, stellte die CDU gerade diesen infrage. Mit 25 Ja- zu 23 Nein-Stimmen bei fünf Enthaltungen wurde das Thema in den Dezernatsausschuss V verwiesen.