Rund vier Stunden dauerte die digitale Sitzung des Stadtrats am vergangenen Dienstagabend, die von OB Wolfram Leibe, Bürgermeisterin Elvira Garbes und – bei der Feststellung des Jahresabschlusses 2019 und Entlastung des Stadtvorstands – vom ältesten Ratsmitglied Hans Lamberti (AfD) geleitet wurde. Zu Beginn der Sitzung gedachte Bürgermeisterin Garbes gemeinsam mit dem Stadtrat der Opfer und Verletzten der Amokfahrt vom 1. Dezember. OB Leibe nahm unterdessen an einem ökomenischen Gedenkgottesdienst der Landespolizei in St. Maximin teil. Der Stadtrat fasste unter anderem folgende Beschlüsse:
Überführung der Exhaus-Projekte
Der Stadtrat hat mehrere Entscheidungen getroffen, mit denen verschiedene Bereiche des im September aufgrund einer Insolvenz aufgelösten Exhaus-Vereins, weitergeführt werden sollen. Auch der Schießgraben in der Innenstadt als Standort für einige Exhaus-Angebote rückte in den Fokus.
Anbau in der Kunstakademie
Einstimmig hat der Stadtrat den Baubeschluss zur Erweiterung des Gastronomiebereichs in der Europäischen Kunstakademie erteilt. Da die aktuelle Küche des Restaurants nicht den Anforderungen an einen Restaurantbetrieb entspricht, wird diese erweitert. Durch einen neuen Anbau gewinnt man knapp 22 Quadratmeter zusätzliche Fläche. Ziel der Gebäudewirtschaft ist, den Bau bis Anfang Mai nächsten Jahres – pünktlich zum Start der Freiluftsaison – abgeschlossen zu haben. In Absprache mit der Stadt wird der Pächter die komplette Küchenausstattung im Wert von rund 95.000 Euro beschaffen und einbauen lassen. Die Kosten für den Anbau liegen bei rund 370.000 Euro.
Entlastung erteilt
Mit 48 Ja-Stimmen bei einer Nein-Stimme stellte der Stadtrat den Jahresabschluss 2019 und damit auch die Entlastung des Stadtvorstands fest. Der Abschluss wurde in einem koordinierten Prüfungsprozess durch das Rechnungsprüfungsamt sowie im Rahmen einer unabhängigen Bewertung durch die Mittelrheinische Treuhand GmbH jeweils eigenständig geprüft.
Thomas Albrecht (CDU), Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses, empfahl den Stadtratsmitgliedern eine einstimmige Zustimmung. Dr. Ingrid Moritz (parteilos) betonte dagegen, dass sie sich dieser Empfehlung aufgrund der „fortwährenden Misswirtschaft“ der Stadt nicht anschließen und somit den Stadtvorstand nicht entlasten könne. Dem widersprachen Albrecht und Christiane Probst (UBT).
Fußweg zum Walzwerk
Zur fußläufigen Erschließung des Entwicklungsgebiets Walzwerk Kürenz hat der Stadtrat die Aufstellung des Bebauungsplans BK 33 beschlossen. Ziel ist der Bau eines öffentlichen Fußwegs von der Rosenstraße zur Avelsbacher Straße, der von Kindern auf ihrem Schulweg zur Ambrosius-Grundschule genutzt werden kann. Dabei sollen auch Flächen in Anspruch genommen werden, die sich zurzeit in Privatbesitz befinden.
Regionale Hebammenzentrale
Die Finanzierung der regionalen Hebammenzentrale, die jungen Familien vielfältige Hilfen vermittelt, ist nur noch bis zum Jahresende 2021 gesichert. Wie Bürgermeisterin Elvira Garbes in ihrer Antwort auf eine umfangreiche Anfrage der Linken im Stadtrat berichtete, laufen derzeit Gespräche mit dem Landkreis sowie Pro Familia als Träger. Es sei noch nicht klar, ob das Land seine 50-prozentige Förderung des Projektes fortsetzen werde, so Garbes. Die Hebammenzentrale hat den erforderlichen Nachfolgeantrag gestellt. Die Sozialdezernentin wies zudem darauf hin, dass für die Einrichtung einer solchen Hebammenzentrale nach dem Sozialgesetzbuch eigentlich die Krankenkassen zuständig seien. Wegen der unzureichenden Versorgung der jungen Familien in der Region hätten sich dann aber die Stadt, der Landkreis Trier-Saarburg und das Land entschlossen, das Angebot zusammen mit dem freien Träger zum 1. Januar 2019 zu starten.
Die Beantwortung der Anfrage im Stadtrat enthält auch eine Bilanz der bisherigen Arbeit der Hebammenzentrale, die teilweise schon im Dezernatsausschuss vorgestellt wurde: Demnach arbeitet die in Trier ansässige Einrichtung derzeit mit 59 freiberuflichen Hebammen in der Region zusammen. 2019 meldeten sich 530 Familien mit der Bitte um Hilfe und die Vermittlung an eine Hebamme. Dabei ging es vor allem um Wochenbettbetreuung, Stillberatung, Beschwerden in der Schwangerschaft sowie die Vermittlung von Kursen. Bei diesen Anfragen wurden nach der vorgestellten Bilanz insgesamt 1248 Leistungen vermittelt. 302 der Frauen, die Angebote nutzten, stammen aus dem Stadtgebiet, 228 aus dem Landkreis Trier-Saarburg. Nach den Schätzungen der beiden Mitarbeiterinnen der Hebammenzentrale dauern die Beratungen durchschnittlich jeweils etwa 15 Minuten.
Spielplatzpaket
Der Stadtrat hat einstimmig ein Paket im Gesamtumfang von rund 244.000 Euro für Investitionen und Umbauten an verschiedenen Spielplätzen im Stadtgebiet beschlossen. Ein Schwerpunkt sind dabei Ersatzbeschaffungen für defekte Spielelemente: ein Karussell in der St. Mergener-Straße, Spielkombinationen in den Anlagen Unter Gerst, Mertheswies und Kaseler Weg, Schaukeln in der Kentenichstraße und Am Herrenhaus sowie ein Spielschiff und ein Karussell am Mattheiser Weiher.
Auf dem Spielplatz im Schammat steht unter anderem eine Grundsanierung des Spielbereichs für Kleinkinder an. In der Verdistraße wird die Einfassung des Sandkastens erneuert Zudem werden „Lümmel-Bänke“ aufgestellt. Auf dem Programm, das auf der Grundlage der vom Stadtrat verabschiedeten Bedarfsplanung erstellt wurde, stehen außerdem eine Ergänzung der Rutsche auf dem Mühlenberg sowie der Rückbau der defekten Spielkombination in der Nähe der Skateanlage im Petrispark.
Tagespflege
Nach der Erfahrungen der ersten Corona-Welle im Frühjahr hat der Stadtrat die finanziellen Regelungen zur Absicherung der Tagesmütter oder -väter, aber auch der Eltern der jeweils betreuten Kinder verbessert. Mit dieser Entscheidung, die in einer Satzung geregelt wird, setzte der Stadtrat Vorgaben aus einem Beschluss vom Mai um. Bei einer Quarantäne oder einem Tätigkeitsverbot aus Infektionsschutzgründen erhalten die Tagespflegepersonen künftig bis zu sechs Wochen lang weiterhin finanzielle Leistungen in gewohntem Umfang. Zudem werden Eltern finanziell entlastet, wenn ihr Kind wegen der Pandemie nicht in der gewohnten Form betreut werden kann.
Photovoltaik in Biewer
Trier geht beim Klimaschutz einen weiteren Schritt voran: Auf einer Wiese am östlichen Ortsrand von Biewer soll 2021 eine Photovoltaikanlage gebaut werden. Die Fachfirma WES Green will auf dem 8,5 Hektar großen Gelände Solarmodule in drei Reihen errichten, die bei einer Leistung von bis zu fünf Megawatt rund 1260 Vier-Personen-Haushalte mit Strom versorgen können. Das Kraftwerk wäre nach der Anlage auf dem Petrisberg, die bereits seit 2012 in Betrieb ist, das zweite seiner Art auf einer Freifläche in Trier. Den Betrieb soll die Solar GmbH der Stadtwerke Trier übernehmen.
Mit der Aufstellung des Bebauungsplans BB 8 (Photovoltaikanlage Biewer), die der Stadtrat beschlossen hat, soll das Projekt baurechtlich abgesichert werden. Die Fläche ist fast zu 100 Prozent in Privatbesitz, doch konnte WES Green bereits mit mehreren Eigentümern eine Einigung erzielen. Die Firma hat auch bereits artenschutzrechtliche Untersuchungen angestellt. Das Gebiet wird demnach von verschiedenen Fledermausarten besiedelt. Außerdem wurde ein Brutpaar der gefährdeten Klappergrasmücke beobachtet. Im weiteren Planverfahren werden die durch den Bau der Solarmodule ausgelösten Eingriffe in die Natur bewertet und gegebenenfalls Ausgleichsmaßnahmen festgelegt. Grundlegende Hindernisse für die Umsetzung des Projekts, so heißt es in der Beschlussvorlage, seien aber nicht zu erwarten.
Zweckverband für Eingliederungsheilfen
Wie schon bei der Betreuung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen soll ein weiterer landesweiter Zweckverband zur Koordinierung der Eingliederungshilfe für Jugendliche unter 18 sowie weiterer Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe entstehen. Der Stadtrat schuf einstimmig die Voraussetzungen dafür, dass sich die Stadt Trier an dem Verbund beteiligt, der seinen Sitz in Mainz haben wird. Bei den Eingliederungshilfen geht es um junge Menschen, die eine seelische Behinderung haben oder davon bedroht sind. Das Jugendamt bemüht sich dabei um eine gezielte Unterstützung in Zusammenarbeit mit verschiedenen freien Trägern, die ihre Leistungen anbieten. Durch den Zweckverband reduziert sich der Arbeitsaufwand der einzelnen Jugendämter und die Kosten werden reduziert. Das hängt zum Beispiel damit zusammen, dass Verträge mit den Leistungserbringern landesweit zentral ausgehandelt werden.