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23.06.2009

Auf Tuchfühlung mit der Geschichte

Alina, Sarah und Maike (v. l.) beschäftigen sich bei den Projekttagen im Stadtarchiv mit dem Fremdenverkehr in Trier nach 1933.
Alina, Sarah und Maike (v. l.) beschäftigen sich bei den Projekttagen im Stadtarchiv mit dem Fremdenverkehr in Trier nach 1933.
Zahlreiche Bücher, Bildbände und Briefsammlungen auf leicht vergilbtem Papier, die etwas befremdlich wirkende Frakturschrift, dazwischen ein Laptop: Das Vergangene aus der Zwischenkriegszeit, die wirtschaftlichen Verhältnisse in diesen Jahren, versuchen die Schüler der Jahrgangsstufe 11 des Max-Planck-Gymnasiums (MPG) bei den Projekttagen im Stadtarchiv durch die gedruckten Zeugnisse in die Gegenwart zu transferieren.

Der vorsichtige Umgang mit den Quellen ist dabei besonders wichtig. „Das Papier aus dem 19. und 20. Jahrhundert ist wegen der Massenproduktion sehr empfindlich und dünn“, sagt Maike. Konzentriert und mit viel Sorgfalt bearbeitet sie mit Sarah, Alina und Ann-Cathrin das Thema „Fremdenverkehr in Trier nach 1933“. Dafür analysiert die Gruppe handschriftliche und gedruckte Briefwechsel zwischen den Verantwortlichen der Stadt und dem NS-Regime. Das Entziffern der Frakturschrift ist nicht immer einfach. Doch das Bild des Tourismus in der Zwischenkriegszeit gewinnt mit jedem gelesenen Text an Form. Für Alina ist es überraschend, wie schnell man sich in die Quellenlage reinfinden kann.

Herausforderung für alle

„Die Schüler können selbst etwas erforschen. Das ist immer eine neue Herausforderung, auch für uns“, so Stadtarchivar Bernhard Simon. Da die Ergebnisse später im Internet zusammengetragen werden, würden zudem neue Benutzergruppen an das Stadtarchiv herangeführt. Für Lehrer Otmar Nieß sind die Projekttage wichtig, weil „die Schüler üben mit den Archivalien, den genuinen Fundstücken der Geschichte, umzugehen“.

Die nötige Distanz zu den Zeugnissen der Vergangenheit erhalten die elf Gruppen des Geschichte-Leistungskurses während ihrer Recherche aufrecht. „Quellen können manipulieren. Dadurch, dass wir so viele haben, bekommen wir aber ein ganz gutes Bild“, so Alina. Die Dokumente zu den Teilaspekten Karneval und Weinfest verlieren sich in Details zur Planung und Organisation, sind sehr förmlich geschrieben. Die Strategien des NS-Staates zum Ausbau des Fremdenverkehrs stößt bei der Gruppe auf größeres Interesse: „Die Stimmung in der Stadt während dieser Zeit kann man beim Lesen richtig spüren“, fasst Alina ihre Eindrücke zusammen.

Positiv überrascht

Die Projekttage im Stadtarchiv sind etwas völlig anderes als der übliche, auf fertig aufbereitete Sekundärliteratur gestützte Schulunterricht. Es ist harte Arbeit, es müssen Hürden und Durststrecken überwunden werden. Dennoch beschreiben die Schüler die Recherche als willkommene Abwechslung zum sonstigen Unterricht. „Wir sind positiv überrascht, dass man Geschichte nur anhand von Quellen so gut rekonstruieren kann“, resümiert die Gruppe. Darüber, dass das Ergebnis ihrer Studien nicht in einer Schublade verschwindet, sondern veröffentlicht wird, haben sich die jungen Frauen während ihrer Projektarbeit noch keine Gedanken gemacht.


 
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