Sprungmarken
16.11.2010

Auf den Spuren des neuen Partners

Im Partnerschaftsgarten pflanzen Peter Dietze (Deutsch-Chinesische Gesellschaft Trier), Ping Liu (Büro für Stadtentwicklung und Reformkommission, Xiamen), Cangzhou Zhan und Klaus Jensen ein Chinesisches Gelbholz  (v. l.).
Im Partnerschaftsgarten pflanzen Peter Dietze (Deutsch-Chinesische Gesellschaft Trier), Ping Liu (Büro für Stadtentwicklung und Reformkommission, Xiamen), Cangzhou Zhan und Klaus Jensen ein Chinesisches Gelbholz (v. l.).
Mehr als 16 Flugstunden trennen Trier und den Südosten von China voneinander und doch stellt diese Distanz für mehrere Tausend Chinesen keine wirkliche Entfernung dar. Vor allem wegen eines Mannes: Karl Marx. In dessen Geburtshaus traf auch die fünfköpfige Delegation aus Xiamen um den stellvertretenden Bürgermeister Cangzhou Zhan kurz nach ihrer Ankunft in Trier ein. Längst Bekanntes mischte sich in dem Museum mit Neuigkeiten und interessanten Details aus dem Leben des Philosophen. Zum Beispiel, dass Marx seinen Hund Whiskey nannte oder dass sogar ein Teller, von dem Marx speiste, zu sehen war, stieß bei den Gästen aus Xiamen auf großes Interesse. Denn Triers wohl berühmtester Sohn genießt im Reich der Mitte ebenso wie in der neuen Partnerstadt ganz besonderes Ansehen. „Er wird ewig in den Herzen der Menschen bleiben“, ist Zhan überzeugt, der sich bei Oberbürgermeister Klaus Jensen herzlich für die ganz besondere Überraschung an diesem Abend bedankte: Das Trierer Stadtoberhaupt konnte seinen Gästen gleich drei Originalwerke zeigen, entliehen von der Friedrich-Ebert-Stiftung: Ein Gedichtband, den Marx zum 60. Geburtstag seines Vaters verfasst hatte, sowie die Erstausgaben des Kommunistischen Manifests und des Kapitals.

Mit der gleichen Aufmerksamkeit, mit der die Chinesen zwei Handschriften von Marx aus den Beständen des Stadtarchivs studierten, widmete sich Zhan auch dem Gästebuch des Museums. Interessiert blätterte er die bereits beschriebenen Seiten durch und fand eine ganz besondere Stelle für seinen Eintrag. Mit den Worten „Die Wahrheit des Marxismus wird ewig glänzen“ verewigte sich Zhan direkt neben dem stellvertretenden chinesischen Außenminister Jinzhang Li, der 2006 das Museum besucht hatte.

Auch bei der Stadtbesichtigung am Donnerstag Vormittag, bei der Dr. Huiru Liu von der Universität Trier den Gästen aus Xiamen viele interessante Fakten aus der Römerstadt erzählte, wurde deutlich, dass das Interesse von Zhan und seinen Begleitern auch über die Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde hinausgeht. Sie wollten Trier kennen lernen, möglichst viele Eindrücke von Land und Leuten gewinnen. Und so war der Stadtrundgang alles andere als ein steifer, durchgeplanter Programmpunkt. Mit ihren Kameras hielten sie die Weltkulturerbestätten fest, posierten an verschiedenen Stellen der Innenstadt, hakten nach, wenn sie etwas ganz besonders interessierte. Wie etwa die Bauweise der Porta Nigra. Ganz ohne Mörtel, nur mit Metallklammern halten die Steine des Wahrzeichens zusammen, was Zhan mächtig zu beeindrucken schien.

Langsam, mit interessierten Blicken nach rechts und links setzte die Delegation ihren Weg fort – und fiel in der Masse der Touristen und Einheimischen gar nicht als offizieller Besuch auf. In dieser Stunde in der Innenstadt waren sie nur eines: interessierte Privatleute, die ihre neue Partnerstadt erkunden wollten.

Trier ist eine sehr schöne Stadt, die Häuser sind nicht so hoch wie in Xiamen, es gibt mehr Platz, alles ist ruhig und gemütlich“, fasste Zhan seine ersten Eindrücke zusammen. „Dass die Welterbestätten auch nach über 2 000 Jahren noch so gut erhalten ist, zeugt von einem hohen Traditionsbewusstsein“, lobte der Gast aus Xiamen, in dessen Stadt der Denkmalschutz langsam einen größeren Stellenwert erhält.

Aufgefallen sind Zhan bei seiner Ankunft neben der schönen grünen Landschaft auch die vielen Kirchen.  Den Dom inklusive Kreuzgang konnte er sich mit seinen Landsleuten bei der Stadtführung ebenfalls anschauen. Nebenbei ließen die Gäste aus Xiamen verlauten, dass es seit 1842 schon eine katholische Kirche in Xiamen gibt – die erste in ganz China. Und kirchlich ging es auch weiter – die Besichtigung führte zur Konstantinbasilika, vor der die Chinesen ihre Flagge entdeckten  und abermals die Kamera bei trockenem Herbstwetter zückten.

Eine erste und vor allem beständige Spur ihrer Freundschaft zu Trier hinterließ die chinesische Delegation im Partnerschaftsgarten oberhalb des Mattheiser Weihers. Gemeinsam griffen Jensen und Zhan zum Spaten und pflanzten ein Chinesisches Gelbholz, einen Baum, der sonst nur in Botanischen Gärten zu bewundern ist. Wie die Wurzeln dieses Baumes in die Tiefe gehen und die Blätter und Zweige nach oben wachsen, genauso solle auch die Freundschaft zwischen ihren Städten wachsen, bekräftigten die beiden Amtskollegen. Und die ersten zarten Knospen dieser Freundschaft sind schon zu sehen: Schüler, Studenten und Erwachsene füllen diese Verbindung zwischen Trier und Xiamen immer mehr mit Leben.

Tanja Jost