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20.04.2010

Armut folgt auf Konstantin

Karges Mahl. Diese Picasso-Grafik zählt zu den Leihgaben für die Sonderausstellung „Armut“. Abbildung:?Museum der Brotkultur Ulm  © Succession Picasso/VG Bild-Kunst
Karges Mahl. Diese Picasso-Grafik zählt zu den Leihgaben für die Sonderausstellung „Armut“. Abbildung:?Museum der Brotkultur Ulm © Succession Picasso/VG Bild-Kunst
„Armut – Perspektiven in Kunst und Gesellschaft“ lautet der Titel einer außergewöhnlichen Sonderausstellung, die von April bis Juli 2011 in
Trier zu sehen sein wird. Die Schau entsteht in Kooperation mehrerer Kulturinstitutionen: Basierend auf Forschungsergebnissen der Universität Trier zeigen Stadtmuseum Simeonstift und Rheinisches Landesmuseum rund 200 Exponate von der Antike bis zur Gegenwart.
 
Drei Jahre nach Konstantin haben sich Trierer Kultureinrichtungen erneut zusammengetan, um gemeinsam eine große Sonderausstellung zu realisieren. Nach kleineren Veranstaltungen wie dem Internationalen Museumstag oder der Langen Museumsnacht steht jetzt wieder ein Großprojekt auf der Agenda. Armut, als Motiv in der Kunst und als gesellschaftliches Phänomen, wird im Mittelpunkt der Sonderschau stehen. Eine Fülle hochkarätiger Gemälde, Skulpturen, Grafiken und Fotografien gibt einen Überblick über verschiedene Sichtweisen auf Armut und Arme in Europa.

Die Hauptausstellung mit rund 150 Arbeiten ist im Stadtmuseum Simeonstift zu sehen, das hochkarätige Werke vom Mittelalter über die Zeit des Barock bis in die Gegenwart zeigt. Der Stadtrat hat für diese Kooperation zwischen der Stadt und dem Sonderforschungsbereich „Fremdheit und Armut“ der Universität Trier eigens Mittel bereitgestellt. Das Rheinische Landesmuseum ergänzt mit ausgewählten Exponaten aus der Antike. Das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum, das Karl-Marx-Haus, die  Kunstakademie, das Theater Trier und die Tufa beteiligen sich mit Sonderveranstaltungen und Aktionen am umfangreichen Begleitprogramm.

Auseinandersetzungen um materielle und kulturelle Ressourcen sowie Differenzen über die Grenzen der Solidarität prägen die Gesellschaft seit der Antike. Die Ausstellung spiegelt dabei den Umgang mit Armut wider: Zum einen existiert bis heute eine religiös geprägte Sicht, in der Bescheidenheit als Ideal und Barmherzigkeit als eine Pflicht gilt. Zugleich werden in der Öffentlichkeit aber auch immer wieder Vorwürfe laut, die Armut als Ergebnis von Arbeitsscheue deuten. Herrschern konnte Armut als Demonstration ihrer Mildtätigkeit dienen, Bettelorden predigten ein Ideal der freiwilligen Mittellosigkeit. Seit dem 18. Jahrhundert gilt Armut nicht länger als unabänderlicher Teil der Schöpfung, sondern als ein von Menschen zu lösendes administratives und wirtschaftliches Problem. Begriffe wie Solidarität und Gerechtigkeit prägen die Debatte um das Recht auf ein menschenwürdiges Leben.

Erste wertvolle Leihgaben sind zugesagt. Zum Beispiel wird das berühmte Gemälde „Die Sieben Werke der Barmherzigkeit“ von Pieter Brueghel dem Jüngeren aus der Zeit zwischen 1616 und 1638 nach Trier reisen, eine der bedeutendsten Darstellungen der Nächstenliebe überhaupt.

Auch von Pablo Picasso wird eine Arbeit im Stadtmuseum gezeigt: Das Museum der Brotkultur in Ulm leiht „Das karge Mahl“ des wohl berühmtesten Künstlers des 20. Jahrhunderts. Die Grafik zeigt ein ausgemergeltes Artistenpaar, das eng aneinandergeschmiegt vor einem leeren Teller sitzt. Die beiden stehen stellvertretend für eine Gruppe von Künstlern, deren Not gerne als freiwillige Armut im Sinne eines Künstlermythos romantisiert wurde.