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12.05.2015

Architektur als soziales Netzwerk

Für Normalverdiener unbezahlbare Mieten, Luxussanierungen und die Gentrifizierung ganzer Stadtteile sind aktuelle Begleiterscheinungen des vielfach vom Gedanken der Profitmaximierung beherrschten Wohnungsmarkts. Dass es auch anders geht, zeigt das Gemeinschaftsprojekt „Wir wohnen anders“ in Dortmund. In dem V-förmigen Mehrfamilienhaus mit gemeinsam genutztem, offen zugänglichem Innenhof gibt es 25 individuell gestaltete, barrierefreie und dennoch erschwingliche Mietwohnungen, in denen junge Singles, Rentner und Familien leben. Zur CO2-neutralen Energieversorgung gibt es ein eigenes Nahwärmenetz. In einem Gemeinschaftshaus sind unter anderem ein Waschsalon, eine Fahrradwerkstatt, ein Mehrzweckraum und Zimmer für Besucher untergebracht.

Architekt Norbert Post stellte das vielfach ausgezeichnete Projekt bei der Trierer Auftaktveranstaltung zum Tag der Städtebauförderung vor. Gastgeber des gut besuchten Themenabends unter dem Motto „Wohnen – vielfältig und bezahlbar“ war der Architektur- und Städtebaubeirat (ASB). Ausgangspunkt für das Dortmunder Wohnprojekt war der Zusammenschluss von Menschen aller Altersgruppen, die aus ganz unterschiedlichen Lebenssituationen heraus alternative Wohnformen ausprobieren wollten.  Als dann mit dem genossenschaftlichen Sparbauverein ein Investor gefunden wurde und die Stadt Dortmund ein Grundstück bereitstellte, stand der Verwirklichung des Vorhabens nichts mehr im Wege. Die Mieter mit planen zu lassen, Wohnungen für die Bedürfnisse verschiedener Generation anzubieten und den Bewohnern Raum für Begegnungen zu geben, nannte Norbert Post als wichtige Kriterien für das Gelingen eines gemeinschaftlichen Wohnprojekts.

In einem weiteren Vortrag präsentierte Thomas Hummelsbeck von der kirchlichen Immobiliengesellschaft Rheinwohnungsbau die Solarsiedlung in Düsseldorf-Garath. Hierbei handelt es sich um die Modernisierung einer Hochhaussiedlung aus den 60er Jahren, die den Beweis erbrachte, dass sich sozialer Wohnungsbau und moderne, qualitätvolle Architektur mit versetzten Geschossboxen und Dachgärten nicht ausschließen müssen. „Wir haben geförderte und frei finanzierte Wohnungen bewusst gemischt. Von außen ist kein Unterschied zu erkennen.“ Für die soziale Integration der Bewohner sorgt ein Nachbarschaftstreff mit Beratungsstellen, Krabbelgruppe und Café.

„Ich nehme aus diesen Vorträgen mit, dass die Durchmischung der sozialen Gruppen für modernes städtisches Wohnen ganz entscheidend ist“, sagte OB Wolfram Leibe in der anschließenden Gesprächsrunde. In Trier gebe es eine gute Chance, bei der Neubebauung der Jägerkaserne ähnliche Gemeinschaftsprojekte zu realisieren.