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25.11.2008

Antikenfestspiele sind eine Gemeinschaftsaufgabe

Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink.
Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink.
In den zurückliegenden Monaten haben sich die Fachgremien des Rates und der Verwaltung intensiv mit der Zukunft der 1998 ins Leben gerufenen Antikenfestspiele beschäftigt. Dabei geht es neben den Finanzierungsproblemen und der inhaltlichen Ausrichtung vor allem um die Frage, in welcher Spielstätte die Antikenfestspiele mit einer adäquaten Infrastruktur auf Dauer ausgerichtet werden können. Als Zwischenschritt hat das Kulturdezernat jetzt als „Konzeptbaustein“ den bisherigen Diskussionsverlauf zusammengefasst. Über die künstlerische Schwerpunktsetzung erfolgt später eine gesonderte Betrachtung. Die Rathaus Zeitung (RaZ) befragte Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink über die wesentlichen Punkte des jetzt vorgelegten Konzepts.

RaZ: Über die Strukturen und den Stellenwert der Antikenfestspiele wird eigentlich seit ihrer Gründung diskutiert. Woran liegt es, dass sich dieses Festival bis heute noch nicht so richtig etablieren konnte?

Ulrich Holkenbrink:  Diese Meinung teile ich ganz und gar nicht! Ohne die Probleme kleinreden zu wollen, die uns seit der Gründung  der Festspiele aufgrund eingeschränkter finanzieller Mittel kontinuierlich beschäftigen,  möchte ich  doch  allein auf die 85prozentige Auslastung der letzten Festspiele verweisen. Sie konnten sogar mit einem kleinen finanziellen Plus ab-schließen! Hierin sehen wir auch die Bestätigung, dass diese  Festspiele  einen unverzichtbaren Baustein des kulturellen Sommerangebotes für die Kultur- und Tourismusstadt Trier, ja für die gesamte Region,  darstellen.  Es stimmt allerdings, dass die Festspiele für die Zukunft zusätzliche Strahlkraft  benötigen, um sie noch mehr und besser überregional vermarkten zu können.  Voraussetzung hierfür ist ein ausreichendes Budget. Für etwas Einzigartiges müssen adäquate Mittel zur Verfügung stehen. 

Die Frage der Trägerschaft ist nicht unumstritten. Es gab Stimmen, das Festival aus wirtschaftlichen, aber auch künstlerischen Erwägungen vom Theater wieder abzugliedern und in eine GmbH zu überführen?

Das Ergebnis einer entsprechenden Untersuchung rät von einer Umstrukturierung der Antikenfestspiele in eine GmbH ab. Gleichzeitig muss bei der Zusammenarbeit der Festspiele mit dem Theater garantiert sein, dass bei der künstlerischen und Verwaltungsverantwortung der Antikenfestspiele und des Theaters jeweils für die gleichen Bereiche nur eine Person Leitungsfunktion übernehmen kann. Ansonsten gäbe es zu viele Reibungsverluste.

Nachdem der Initiator der Antikenfestspiele, Heinz Lukas-Kindermann, im Hinblick  auf die inhaltliche Ausrichtung eine restriktive Linie fuhr, gab und gibt es unter der Intendanz von Gerhard Weber Bestrebungen, den Begriff der „Antike" bei der Auswahl der Stücke etwas großzügiger zu interpretieren.

Der Begriff der Antike bezeichnet die Epoche des Altertums im Mittelmeerraum. Im genaueren Sinne verbinden wir mit ihr die Geschichte des archaischen und klassischen Griechenlands, des Hellenismus und des Römischen Reichs, das den Mittelmeerraum seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. politisch und kulturell vereinte. Dennoch darf man diesen Begriff auch nicht allzu sehr einengen, denn im Rahmen der Antikenfestspiele sollte man ihn selbstverständlich auch künstlerisch im ideellen Sinne definieren und auf diese Weise Freiräume für Stoffe und Themen schaffen, die nicht ausschließlich der historisch korrekten Epoche der Antike zuzuordnen sind. Eine allzu enge, wenn auch wissenschaftlich korrekte Definition des Begriffs würde nur dazu führen, dass man reizvolle und populäre Opern, etwa wie Nabucco, überhaupt nicht mehr berücksichtigen dürfte und die Anzahl spielbarer Bühnenklassiker deutlich verringerte. Das wäre gewiss nicht im Sinne eines Festi-vals, das neben dem regionalen Publikum auch eine Vielzahl von Touristen anlocken soll.

Die Diskussion der zurückliegenden Monate beschäftigte sich vor allem mit der Frage, welcher Spielort der geeignetste und attraktivste für die Antikenfestspiele in Trier ist. Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?

Das stimmungsvolle Ambiente des his-torischen Amphitheaters ist ein großer künstlerischer und zudem touristisch vermarktbarer Gewinn für die Festspiele. Es verleiht Trier einen einzigartigen Stellenwert innerhalb der Festivallandschaft Deutschlands. Diese Spielstätte hat sich in den vergangenen Jahren etabliert, um opulente Opern mit großem Solistenaufgebot, Chor und Statistenmassen eindrucksvoll in Szene zu setzen. Die Konzentration auf alternative historische Spielorte würde das Spektrum publikumswirksamer Stücke eher einschränken. Andererseits: Das Problem im Umgang mit dem Amphitheater besteht gewiss darin, dass die Infrastruktur für diese „Theaterfreilichtbühne“ nicht konstant existiert und sowohl Bühne als auch Zuschauerbestuhlung wie auch die Infrastruktur hinter den Kulissen Jahr für Jahr wieder komplett neu eingerichtet werden müssen. Das ist unleugbar  ein sehr kosten- und personalintensiver Faktor, der Festspiele wie etwa die in Bad Hersfeld oder Bregenz mit fest installierten Spielorten überhaupt nicht belastet. Gleichwohl verfügen diese und auch andere Orte über deutlich höhere Budgets. Dennoch sollten uns finanzielle und infrastrukturelle Probleme nicht grundsätzlich davon abhalten, an diesem herausragenden Spielort als langfristigem Mittelpunkt festzuhalten. Wir sollten alle daran interessiert sein, die mit dem Amphitheater sich stellenden Fragen gemeinsam im Sinne eines attraktiven Angebots zu lösen.
 
Heißt das, dass in den Kaiserthermen zukünftig keine Veranstaltungen der Antikenfestspiele stattfinden werden?

Die Erörterung mit den Fachleuten und die Rückmeldungen aus den vergangenen Festspielen haben immer wieder die einzigartige Möglichkeit des Amphitheaters betont. Darum wird das Amphitheater auch der Festspielort Nummer eins sein.  Dieser Spielort mit seinen viel größeren Möglichkeiten entspricht auch verstärkt den Wünschen der Künstler und des Publikums, beispielsweise für die große Oper, sei es Nabucco oder auch Aida.Das heißt aber nicht, dass die Bespielung der Kaiserthermen mit Stücken, die eine größere Intimität verlangen, für die Zukunft gänzlich ausgeschlossen sein müssen.  Hier sollten wir die sich uns bietende Chance nutzen, auch auswählen zu können!

Im vergangenen Jahr wurde erstmals im Amphitheater mit dem sogenannten neuen Raumkonzept eine Hangtribüne auf den ehemaligen Zuschauertribünen des Amphitheaters installiert. Soll dieses Konzept beibehalten werden und wie sieht es mit der Finanzierung aus?
 
Die Etablierung dieses Raumkonzepts folgte im Grunde einem historischen Prinzip: Auch die Römer erlebten bekanntlich ihre Aufführungen aus genau dieser erhöhten Perspektive. Somit wurde in der vergangenen Spielzeit ein historisch authentisches Erlebnis geschaffen, das darüber hinaus auch mehr Platz schuf für die Erweiterung des Bühnenbildes. Die nachweislich verbesserte Sicht und die Tatsache, dass eben jenes Konzept vom Publikum  mit großer Zustimmung aufgenommen wurde, sprechen für eine  Beibehaltung. Allerdings benötigen wir hierfür langfristig externe Sponsoren, um zu vermeiden, dass die verhältnismäßig hohen Kosten für die Einrichtung dieser Struktur den künstlerischen Etat der Festspiele massiv beeinträchtigen.

Was muss geschehen, um dieses „Alleinstellungsmerkmal“ bekannter und somit auch erfolgreicher für Trier zu machen?

Wir benötigen neben der Planungssicherheit für die Festspielstätte – und dies wird bei der derzeitigen rechtlichen Situation nur über einen eigenen Bebauungsplan möglich sein  – eine  langfristige  Programmplanung. Voraussetzung hierfür ist und bleibt ein adäquater Finanzrahmen. Konkret heißt das: Neben den öffentlichen Zuschussgebern sind wir auf die Förderung von Sponsoren angewiesen. Die Antikenfestspiele sind eine Gemeinschaftsaufgabe, bei der sich jeder einbringen kann. Auch eine unterstützende mediale Begleitung hilft, momentane Schwierigkeiten zu überwinden.

Das Gespräch führte Dr. Hans-Günther Lanfer