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19.04.2024

Stadtrat stimmt zu: Land übernimmt 266 Millionen Euro Trierer Schulden

Wolfram Leibe sitzt an seinem Schreibtisch und unterschreibt einen Vertrag. Zwei Mitarbeiter stehen rechts und links hinter ihm.
Historischer Moment am Schreibtisch des Oberbürgermeisters: Wolfram Leibe unterschreibt den Entschuldungsvertrag mit dem Land, der die Stadt Trier um 266 Millionen Euro an Liquiditätskrediten erleichtert. Mit dabei sind Jonas Kläs, stellvertretender Leiter der Finanzwirtschaft und Büroleiter David Natus.

(mic) Über Jahrzehnte hinweg ist die Verschuldung der Stadt Trier fast kontinuierlich angestiegen, bis in der Amtszeit von Oberbürgermeister Wolfram Leibe eine Wende eintrat. Nun gibt es einen deutlichen Schnitt: Auf einen Schlag wird die Stadt Trier 266,2 Millionen Euro an Schulden los. Möglich macht das ein Vertrag, dem der Stadtrat vergangene Woche zugestimmt hat.

Ende 2022 hatte die Stadt Trier 733 Millionen Euro an Schulden: 311 Millionen Euro an Investitionskrediten und 420 Millionen an Liquiditätskrediten. Investitionskredite sind, wie Oberbürgermeister Wolfram Leibe es immer wieder beschreibt, so etwas wie „gute Schulden“, denn es sind Kredite, mit denen die Stadt Werte schafft, Schulen oder Wohnungen saniert, Straßen oder Radewege baut. Leibe: „Diese Kredite sind nicht unser Problem, denn wir investieren damit in die Zukunft unserer Stadt. Wie ein Bauherr, der ein Haus baut und dafür einen Kredit aufnimmt.“ Liquiditätskredite dagegen sind die „schlechten“ Schulden, die aufgenommen werden mussten, wenn die Ausgaben die Einnahmen überstiegen. Der Oberbürgermeister vergleicht die Liquiditätskredite daher mit einem Überziehen des eigenen Kontos. Und das war in den vergangenen Jahrzehnten ziemlich oft der Fall – auch wenn in den vergangenen Jahren unter Leibe der Haushalt mehrfach mit einem Überschuss abgeschlossen hat. Zwischen 2017 und 2022 konnten schon um 40 Millionen Euro Liquiditätskredite zurückgezahlt werden.

Nun geht die Schuldenlast für die Stadt Trier aber deutlich runter: Eine „Entschuldungspartnerschaft“ sorgt dafür, dass das Land Rheinland-Pfalz eine Reihe von Kreditverträgen der Stadt Trier übernimmt, insgesamt 266 Millionen Euro – alle aus dem Bereich der „schlechten Schulden“, also der Liquiditätskredite. Die Pro-Kopf-Verschuldung jeder Triererin und jedes Trierers sinkt dadurch von 6631 Euro auf 4221 Euro. Im Jahr 2023 konnten erneut rund 35 Millionen Euro Liquiditätskredite getilgt werden, so dass mit der Entschuldung nun 70 Prozent der Liquiditätskredite aus den Trierer Büchern verschwinden. Den Rest, 116 Millionen Euro, muss die Stadt innerhalb von 30 Jahren selbstständig zurückzahlen – das ist Teil des Deals, den das Land der Stadt für die Entschuldung anbietet. Außerdem muss die Stadt künftig ausgeglichene Haushalte vorlegen, darf also keine neuen Liquiditätskredite aufnehmen.

Für Oberbürgermeister Wolfram Leibe war der Beschluss in der Stadtratssitzung dennoch „ein riesen Schritt, den wir in der Stadt jetzt gehen können“. Das sahen auch die Stadtratsfraktionen so, wenngleich mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

Nancy Rehländer (Grüne) sprach von „einem Geschenk, ein Geschenk allerdings, das uns etwas kostet“. Damit meinte sie die jährliche Tilgung der Restschulden von 3,9 Millionen Euro, die die Stadt künftig im Haushalt aufbringen muss. Das Finanzierungsproblem der Kommunen, so Rehländer, sei nicht zwischen Quint und Mariahof entstanden, sondern in Mainz und Berlin. Bund und Land hätten über Jahrzehnte hinweg die Kommunen nicht ausreichend finanziert.

Birgit Falk (CDU) sah das ähnlich. „Nur mit Unterstützung bei der Entschuldung ist es nicht getan. Die Finanzausstattung der Kommunen muss verbessert werden.“ Wenn Bund und Land ihre Unterstützung für Kommunen nicht erhöhten, sei die Entschuldung nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Entschuldung schaffe Luft, die Bedingungen des Vertrags zu erfüllen, sei aber schwierig.

Sven Teuber (SPD) sprach von „einer wegweisenden Entscheidung“. Die Entschuldung werde dank des Schulterschlusses von Kommunen und Land möglich und verschaffe der Stadt Trier wieder „Luft zum Atmen“. Gerade die Kommunen müssten funktionieren, sagte Teuber, „um Menschen das Funktionieren der Demokratie deutlich zu machen“.

Michael Frisch (AfD) nahm den künftigen Rat in die Pflicht. Man brauche jetzt Haushaltsdisziplin. Frisch kritisierte, dass der Bund keine Schulden übernommen habe. Das Land müsse die Kommunen finanziell angemessen ausstatten, sonst müsse man in kurzer Zeit wieder Schulden machen.

Theresia Görgen (Linke) sagte, der Kommunale Entschuldungsfonds sei gescheitert. Sie forderte den nächsten Stadtrat auf, trotz der geforderten Bedingungen im Entschuldungsvertrag künftig keine Kürzungen im freiwilligen Bereich und in den Bereich Soziales und Schule vorzunehmen.

Tobias Schneider (FDP) sah die Entschuldung positiver: „Wir gehen hier heute einen ganz großen Schritt“, sagte Schneider. Im Blick auf die Zeit nach der Kommunalwahl drückte er die Hoffnung aus: „Vielleicht können wir in der nächsten Legislatur etwas freier Politik gestalten.“

Für den Entschuldungsvertrag stimmten schließlich der Stadtvorstand und 45 Stadtratsmitglieder (12 Grüne, 12 CDU, 11 SPD, 3 AfD, 3 FDP, 3 UBT und 1 Die Fraktion). Es gab keine Gegenstimmen, aber drei Enthaltungen (2 Linke, 1 das parteilose Ratsmitglied Dr. Moritz).

Lesen Sie mehr in der Sitzungsvorlage: info.trier.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=14175

Lesen Sie die Präsentation zum Tagesordnungspunkt Entschuldung im Stadtrat.

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Bildergalerie
  • Wolfram Leibe sitzt an seinem Schreibtisch und unterschreibt einen Vertrag. Zwei Mitarbeiter stehen rechts und links hinter ihm.
  • Die letzte Seite des Entschuldungsvertrags mit den Unterschriften von Doris Ahnen und Wolfram Leibe