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21.01.2025

Objekt des Monats: Wie ein Bild eine Stadt vor Bomben rettete

Die Bildkombi zeigt das Buchcover von „Along the Road“ und das Bild „Auferstehung“, in welchem der sich aus dem Grab erhebende Jesus Christus dargestellt wird.
In „Along the Road“ führt Autor Aldous Huxley die Leserinnen und Leser durch das Europa der 1920er-Jahre. Auch darin enthalten: ein Essay über das Bild „Auferstehung“ von Piero della Francesca (rechts).

Im Sommer 1944 stoppte ein britischer Pilot die Beschießung der italienischen Stadt Borgo Sansepolcoro, als er sich daran erinnerte, dass dort „das beste Bild“ der Welt zu finden sei. Er hatte davon in einem Buch des britischen Schriftstellers Aldous Huxley (1894-1963) gelesen, das 2024 erstmals in einer deutschen Ausgabe erschienen ist. Die Wissenschaftliche Bibliothek präsentiert „Along the Road. Aufzeichnungen eines Reisenden“ als Objekt des Monats Januar. 

Huxley wurde vor allem berühmt durch den Roman „Schöne neue Welt“, der eine erschreckend negative Gesellschaftsentwicklung skizziert. In den 20er-Jahren arbeitete er als Journalist und hielt sich mit seiner Familie öfters in Italien auf. 1925 erschienen seine Reiseerzählungen „Along the Road“, in dem er sehr ironisch die Anfänge des Massentourismus beschreibt.  Huxley, der wegen seiner Sehschwäche selbst nicht als Bildender Künstler aktiv werden konnte, begeisterte sich für die italienische Renaissance. In dem Essay „Das beste Bild“ erklärte er, warum er die „Auferstehung“ von Piero della Francesca für das weltweit beste Gemälde hielt. 

Das Buch „Along the Road“ erlebte mehrere Neuauflagen. Glücklicherweise gelangte ein Exemplar in die Hände eines britischen Artillerieoffiziers: Anthony Clarke, der als kunstbegeisterter Teenager Huxleys Essay gelesen hatte, erinnerte sich noch Jahre später daran. Als er im Zweiten Weltkrieg 1944 den Befehl erhielt, Sansepolcro zu bombardieren, brachte er mit dem Namen der italienischen Stadt ihren berühmtesten Kunstschatz in Verbindung: das Fresko von Piero della Francesca. Clark entschied sich, den Angriff abzubrechen. Zuvor hatte auch die Meldung, dass die feindlichen deutschen Truppen die Stadt wieder verlassen hätten, die Runde gemacht. Inwiefern diese – letztlich unbestätigte – Information Clark von der Bombardierung abhielt, ist offen. Sicher ist allemal, dass die lebhafte Erinnerung an den Essay seine Entscheidung beeinflusst hatte. Das Gemälde war also nicht mehr in Gefahr. 

Zwei Jahrzehnte später entschied die italienische Stadt, eine Straße nach dem britischen Piloten zu benennen, der nach dem Krieg als erfolgreicher Buchhändler tätig war. Allen, die wissen wollen, warum Huxley die „Auferstehung“ von Piero della Francesca so sehr schätzte und sich schon damals über die Touristen in Italien amüsierte, wird der neu übersetzte Band „Along the Road. Aufzeichnungen eines Reisenden“ zur Lektüre empfohlen.

Hinweis an die Redaktionen: Sollten Sie das Bild in einer höheren Auflösung benötigen, schreiben Sie bitte eine Mail an presse@trier.de. Geben Sie als Bildnachweis bitte „Wissenschaftliche Bibliothek Stadt Trier“ an.

 

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