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13.03.2007

Soldaten hinter Stacheldraht

Ein Gruppe französischer Kriegsgefangener im Lager auf dem Petrisberg. Das Foto entstand im Juli 1940. Foto:?Stadtarchiv
Ein Gruppe französischer Kriegsgefangener im Lager auf dem Petrisberg. Das Foto entstand im Juli 1940. Foto:?Stadtarchiv
„Das Lager ist riesig. Unsere Baracke hat hölzerne Betten mit drei Etagen. Die Bettwäsche ist schmutzig, kein Freiraum. Zum Essensempfang müssen wir zuerst stundenlang für ein Ticket, dann wieder an der Ausgabe anstehen.“ So beschrieb der französische Soldat Jean-Louis Ballay das Stalag XII D oberhalb von Trier, in das er im September 1940 als Kriegsgefangener eingeliefert wurde.

Die Geschichte dieses Lagers hat der Eurener Heimatforscher Adolf Welter in seinem neuen Buch „Trier-Petrisberg 1940-45. Das Kriegsgefangenenlager Stalag XII D“ festgehalten. Wo 2004 die Landesgartenschau stattfand und heute ein neues Wohngebiet entsteht, befand sich während des Zweiten Weltkriegs ein mit Stacheldraht und Wachtürmen umgebenes Barackenlager für bis zu 37 000 Gefangene. Die große Mehrzahl von ihnen war Arbeitskommandos in der Landwirtschaft, der Industrie oder im Straßenbau zugeteilt, so dass viele außerhalb des Stammlagers übernachteten. Bis zur Evakuierung des Lagers im Oktober 1944 stellten die Franzosen jeweils die größte Gruppe, gefolgt von Jugoslawen, Russen, Polen und Belgiern. Ab 1943 kamen Italiener, Engländer und Amerikaner hinzu.
Neben den vielen Abbildungen vermitteln vor allem die von Welter zusammengestellten Schilderungen von Augenzeugen und die Besuchsberichte des Internationalen Roten Kreuzes ein anschauliches Bild vom Alltag im Lager und bei den Arbeitskommandos. Während die Verpflegung nicht zuletzt dank Hilfspaketen der Angehörigen und des Roten Kreuzes zumeist relativ gut war, blieben Mäntel und Schuhe stets Mangelware. Es gab eine Krankenstation und ein zahnärztliches Revier, zwei Kapellen, eine Bibliothek mit 16 000 Bänden, Konferenzräume und Werkstätten.

Russen waren abgetrennt

Zu diesen Einrichtungen hatten die russischen Kriegsgefangenen jedoch offenbar keinen Zugang, ihr Bereich war vom übrigen Stalag noch einmal durch einen stromführenden Stacheldraht abgetrennt. Jean-Louis Ballay berichtet: „Russen, die zu nahe kommen, sind von scharfen Schüssen der Wachen auf den Türmen bedroht. (...) Kameraden, die bei den Russen arbeiten müssen, erzählten, dass viele dort sterben.“ In den Berichten des Roten Kreuzes wird das Schicksal der russischen Gefangenen nicht erwähnt. Möglicherweise fühlten sich die Delegationen, die das Trierer Lager besuchten, für sie nicht zuständig, weil die UdSSR die Genfer Konvention nicht anerkannt hatte.

Ein eigenes Kapitel ist dem französischen Schriftsteller und Philosophen Jean-Paul Sartre gewidmet, der im August 1940 ins Trierer Lager kam. Hier verfasste er das Mysterienspiel „Bariona oder der Sohn des Donners“, das bei der Weihnachtsfeier der Häftlinge aufgeführt wurde. Im März 1941 wurde Sartre dank der Unterstützung des französischen Geistlichen und Lagerältesten Marius Perrin entlassen und ging nach Paris.

  • Adolf Welter, Trier-Petrisberg 1940-45. Das Kriegsgefangenenlager Stalag XII D, erschienen im Petermännchen-Verlag der Trierer Münzfreunde, ISBN:¿3-923575-26-2, 144 Seiten, 115 Abbildungen.