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01.05.2012

Schmuckstück bürgerlicher Wohnzimmer

Zur Sammlung des Simeonstifts gehört ein Pyramidenschrank, dessen Einlegearbeiten  den Eindruck eines gemauerten Ziegelwerks erwecken. An der Spitze befand sich früher eine Uhr. Foto: Stadtmuseum
Zur Sammlung des Simeonstifts gehört ein Pyramidenschrank, dessen Einlegearbeiten den Eindruck eines gemauerten Ziegelwerks erwecken. An der Spitze befand sich früher eine Uhr. Foto: Stadtmuseum
Zierrat – von Künstlern gestaltete Tee- und Kaffeeservice sowie Schmuckstücke des 20. und 21. Jahrhunderts  ­ – wird derzeit im Stadtmuseum Simeonstift präsentiert. Im Hintergrund laufen schon die Vorbereitungen für Sonderausstellungen, die erst in zwei bis drei Jahren zu sehen sind. Eine solche Vorlaufzeit ist üblich. Mögliche Exponate müssen genau untersucht und wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Zur Vorbereitung einer Sonderschau über Trierer Möbel 2014 verschafft sich die Kölner Spezialistin Dr. Ursula Weber-Woelk einen Überblick über den umfangreichen und überaus hochkarätigen Bestand. Sie durchsucht die Inventarlisten nach außergewöhnlichen Stücken. Rund 250 Schränke, Kommoden und Sekretäre und eine eine stattliche Auswahl an Stühlenverwahrt das Museum überwiegend in seinen Depots.

 Die meisten Möbel stammen aus dem 18. Jahrhundert, was nicht verwundert, denn  das Trierer Schreinerhandwerk erlebte damals seine Blüte. Die steigende Zahl aufwendig verzierter Möbel zeugt außerdem von einem wachsenden „Bürgerstolz“. Es war im 18. Jahrhundert nicht länger dem Adel vorbehalten, eigene Wohnräume repräsentativ einzurichten. Einige Bürger schenkten dem Stadtmuseum ihren wertvollen Nachlass.

Erwähnenswert ist unter anderem die im Museum verwahrte Zunftlade des Trierer „Schreineramtes“ von 1635. Erhalten ist ebenfalls die dazugehörende Zunftordnung von 1717. Sie legte unter anderem fest, wie man mit der Lade umzugehen habe und wie sich die Mitglieder zueinander verhalten sollen. Das Signieren der Möbel war nicht üblich, weshalb die namentliche Nennung des Meisters nur in den seltensten Fällen möglich ist. Allerdings finden sich manchmal in Kirchenarchiven Dokumente, die belegen, wer einen Beichtstuhl oder  eine Kanzel fertigte.

In einem seltenen Fall ist sogar eine Vorzeichnung erhalten, auf der der Name Hanß Neymann und das Jahr 1752 vermerkt sind. Der Riss wurde einem Schrank des Museums zugeordnet, der derzeit  das Büro von Oberbürgermeister Klaus Jensen schmückt. Danach müssen mühsam, anhand weniger urkundlich belegter Einzelfälle, durch Vergleiche weitere Zuschreibungen vorgenommen werden. Im Stadtarchiv lagert das komplette Meisterverzeichnis vom 15. Jahrhundert bis zur Aufhebung der Schreinerzunft 1798.  In der Literatur ist häufiger vom „Trierer Möbel“ die Rede. Den Fragen, ob es tatsächlich regionale Besonderheiten gibt, die es von einem Exemplar aus Lothringen, Luxemburg, dem Elsass oder der Pfalz unterscheiden, und was den „Trierer Stil“ ausmachen könnte, geht Weber-Woelk ebenfalls nach. Als Charakteristika fielen ihr eine Vorliebe für die Fünfteilung von Türen, betonte Mittelpfosten bei Schränken sowie weit vorkragende Voluten auf, durch die man wie bei einem Griff fast komplett greifen kann. Das Dekor zeichnet sich zudem durch einen  geschwungenen Schnörkel aus.

Die Möbel werden nicht nur wissenschaftlich aufgearbeitet, sondern teilweise auch restauriert. Ausgewählte Highlights werden 2014 in einer Sonderausstellung erstmals gezeigt. Finanziert und damit möglich gemacht hat das  Projekt die Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda-Bank Südwest. Dank ihrer großzügigen Unterstützung erscheint 2014 zur Ausstellung ein Katalog, in dem einige der Trierer Möbel erstmals mit ausführlichen Beschreibungen und Vergleichsabbildungen auftauchen. Da eine vergleichbare Publikation bislang fehlt, avanciert dieses Buch vermutlich zum Standardwerk über Trierer Möbel.