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19.11.2024

Kreativität statt nur Konsum

Teilnehmerinnen und Teinehmer des Tourismustags im Gespräch und Gedankenaustausch
Bei den verschiedenen Stationengesprächen im Rahmen der Tourimus-Tagung herrschte eine konzentrierte Arbeitsatmosphäre. Foto: TTM/Johannes Bruchhof

„Wer von den Menschen lebt, muss sich mit ihnen verändern.“ So könnte das Fazit des dritten Trierer Tourismustags unter dem Motto „Die Seele der Stadt“ lauten. Er führte auf Einladung der IHK und der Trier Tourismus und Marketing GmbH (TTM) rund 100 Akteure aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Kultur und Tourismus zusammen. Er startete mit Einschätzungen renommierter Experten.

Die Erwartungen und das Verhalten der Kunden haben sich – beschleunigt durch die Pandemie – unumkehrbar gewandelt. Das betonte Michael Metzler, Geschäftsführer der Esslinger Stadtmarketing und Tourismus GmbH: „Der Einzelhandel ist immer noch Frequenzbringer Nummer 1. Aber er verliert. Insbesondere jüngere Zielgruppen möchten auch konsumfreie Angebote, Treffpunkte, grüne Oasen, Veranstaltungen. Gefragt sind zusätzliche Besuchsanlässe jenseits des reinen Einkaufens, von denen auch der Handel profitiert. Es geht nicht um das Ob, sondern das Wie.“ Diese Einschätzung teilte Professor Andreas Krüger (HafenCity Universität Hamburg). Die Menschen bewerteten die Aufenthaltsqualität vor allem nach der Gastronomie, dem individuellen Einzelhandel, der Sauberkeit und der Kopplung mit Arbeit, Bildung, Sport oder sozialem Austausch. Hier sei Trier auf einem guten Weg, hielten TTM-Geschäftsführer Yannick Jaeckert und Marketingmitarbeiterin Lisa Forens bei ihrer Präsentation zum Tourismuskonzept fest. Sie nannten die Sanierung des Moselradwegs, die Aufwertung von Start und Ziel am Eifelsteig, Ruhe-Inseln in der Stadt und die Aufwertung des Bahnhofsvorplatzes sowie des westlichen Römerbrückenkopfes. Dennoch sahen Jaeckert und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jan Glockauer Verbesserungsmöglichkeiten. Die Anbindung an die Mosel, die bessere Erreichbarkeit im ÖPNV sowie die Unterstützung von Citymarketing-
initiativen seien unabdingbar. Jaeckert: „Für die Innenstadtentwicklung spielt der Tourismus eine essentielle Rolle: Durch ihn können Schritte angestoßen werden, die der Stadtgemeinschaft als Ganzes nutzen.“

Kulturdezernent Markus Nöhl hob das große Engagement der Kulturszene hervor, die ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sei, aber auch Reiseanlässe biete. Hier investiere die Stadt – durch eine direkte Förderung oder die Bereitstellung von Räumen und Auftrittsmöglichkeiten. Innenstadtdezernent Ralf Britten und Elke Dilzer (Amt für Immobilien, Innenstadt, Handel, Bau- und Umweltordnung) stellten ihre Projekte vor. Dilzer: „Veränderungen brauchen Durchhaltevermögen und konsequentes Handeln.“ Man wolle monofunktionale Strukturen aufbrechen und die Innenstadt durch attraktive Bedingungen als Wohn-, Arbeits-, Freizeit-, Versorgungs- und Bildungsort und 24/7 Quartier für alle anbieten. 

Die Teilnehmenden der Stationengespräche wünschten sich weitere Aktionen, die auch privatwirtschaftlich gestemmt werden könnten. Themen wie „Aufenthaltsqualität in der Innenstadt“, „Touristisches Entree, Beschilderung und Besucherlenkung“, „Anbindung und Gestaltung des Mosel-
ufers“ sowie „Stärkung des lokalen Handels“ kamen öfter zur Sprache: Eine Besucherlenkung, die attraktive Orte außerhalb der Innenstadt in den Blick nehme, könnte der Entzerrung dienen und die Vielfalt mehr hervorheben. Fehlende Sauberkeit wurde immer wieder angemahnt, sowohl bei der Beschilderung und den Toiletten als auch  durch Graffitis und Vandalismus. Auch der nach Einschätzung der Experten dringend nötigen Neu-inszenierung des Alleenrings und der Römerbrücke widmeten sich viele Debatten. Die Umgestaltung des Porta-Vorplatzes berge große Chancen für eine weiterführende Debatte zur Verkehrsumleitung in der Nordallee. Eine Entsiegelung von Innenstadtflächen, eine stärkere Begrünung, Sitz-, Spiel- und Sportmöglichkeiten wurden gefordert sowie die indirekte Förderung des Einzelhandels durch neue Erlebniswerte. 

Man wünschte sich eine Neustrukturierung der Parkgebühren – durch Rabatte nach Einkäufen oder eine kostenlose erste halbe Stunde beim Wochenmarktsbesuch. Park & Ride-Angebote müssten ausgebaut und verstetigt, Events und Handel mehr verknüpft werden, wie im Karl-Marx-Jahr 2018. Zudem appellierte man an das Verantwortungsbewusstsein von Immobilieneigentümern: In deren Engagement und aktivem Miteinander mit potenziellen Mietern lägen die Möglichkeiten, eine multi-funktionale Innenstadt überhaupt realisieren zu können.

Paula Kolz