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23.03.2021

Gekommen, um zu bleiben?

Arbeiten im Büro
Weshalb junge Menschen nach ihrem Studium die Region Trier häufig verlassen und wie man sie hier halten könnte, waren einige der zentralen Fragen, denen in einer Studie nachgegangen wurde. Foto: Pixabay
Es ist ein Szenario, wie es oft in Trier vorkommt: Nach dem Studium verlassen junge Menschen Stadt und Region, um woanders beruflich durchzustarten. Woran das liegt und vor allem wie das geändert werden kann, stand im Mittelpunkt einer Onlinekonferenz des städtischen Amts für Stadtentwicklung und Statistik, die im Rahmen des EU-geförderten Projekts „Task Force Grenzgänger" stattgefunden hat.

Professor Udo Burchard von der Hochschule Trier stellte die Ergebnisse einer gemeinsamen Studie mit dem Amt für Stadtentwicklung und Statistik zu Stärken und Schwächen der Region Trier als Wohn- und Arbeitsort für junge Akademikerinnen und Akademiker sowie ihren Karriereabsichten vor. Die Studie basiert auf der Befragung von über 1000 Studierenden der Hochschule und der Universität Trier und enthält auch Fragen zur Attraktivität des Luxemburger Arbeitsmarktes.

Die Ergebnisse, die er präsentierte, sind aufschlussreich: Obwohl über 80 Prozent der Befragten Trier gut oder sogar sehr gut gefällt, haben die meisten nach ihrem Studium vor, die Region zu verlassen (52 Prozent). Gründe sind meist Jobchancen, eine konkrete Stelle in Aussicht, Lust auf Neues oder Privates. Hauptgrund, um in Trier zu bleiben, ist hingegen für die Mehrheit der Studierenden das soziale Umfeld. Auch die Aussicht auf einen Job ist für viele ein ausschlaggebender Grund, um zu bleiben (49 Prozent).

Wer sein Studium abgeschlossen hat und vor der Entscheidung steht, wo er oder sie eine Karriere beginnen möchte, macht dies von verschiedenen Faktoren abhängig. Während Natur und Einkaufsmöglichkeiten die wichtigsten Freizeitaspekte bei der Standortwahl darstellen, sind Kinderbetreuungsangebote und Internationalität weniger wichtige Faktoren. Infrastrukturelle Faktoren wie Mobilfunk und Internet sowie Öffentlicher Nah- und Fernverkehr sind besonders wichtig. Was den Arbeitsplatz betrifft, sind den Befragten interessante Arbeitsinhalte, Jobsicherheit und Work- Life-Balance am wichtigsten.

Studierende schätzen Natur

In der Studie wurden die jungen Menschen auch gefragt, wie sie Trier als Arbeits- und Wohnort nach dem Studium bewerten. Im Schnitt sind die Studierenden zufrieden mit den Freizeitanegboten in der Stadt. Besonders geschätzt wird die Natur. Vom Wohnen in der Stadt haben die meisten ein positives Bild. Die Bewertung der Trierer Mentalität fällt etwas ab, die Wohnkosten werden von vielen als hoch eingeschätzt. Mobilfunk und Internet werden gut, öffentlicher Nah- und Fernverkehr wird eher durchschnittlich bewertet. Straßenverkehr und insbesondere Fahrradfreundlichkeit werden sehr kritisch gesehen.Was den Arbeitsmarkt angeht, fühlen sich die Studierenden eher schlecht über ihre Karrierechancen in Trier und Luxemburg informiert. Laut Studienleiter Burchard könne man hier ansetzen und mehr über Arbeitgeber informieren. Auffällig war, dass viele Studierende Fragen zum Arbeitsmarkt in Trier nicht beantworten konnten.

Einen großen Unterschied, ob man in der Region bleibt oder nicht, macht laut den Ergebnissen auch aus, ob man heimisch oder zugezogen ist. Während fast 60 Prozent der Zugezogenen Trier eher verlassen möchten und nur sehr wenige vorhaben, fest zu bleiben, wollen 50 Prozent der
Einheimischen eher bleiben. Laut Burchard können diejenigen, die von weiter weg kommen, während des Studiums offenbar nicht überzeugt werden, zu bleiben. „Da müsste man ansetzen", hob er hervor. Insofern lautet eine seiner zentralen Empfehlungen, die Stärken der Region als Standort und Arbeitsmarkt stärker ins Bewusstsein zu rufen.

Genau in diese Kerbe schlug auch Pascal Schäfer, Absolvent der Trierer Uni, Personalberater und Gründer von talentmindz.de, einer digitalen Personalvermittlungsagentur. Der gebürtige Trierer sagte, ihm sei erst während seines Studienaufenthalts in Frankreich und bei einem Praktikum in Luxemburg klar geworden, was die Großregion zu bieten hat. War er sich anfangs noch sicher, Trier nach dem Studium zu verlassen, hat er sich dann doch hier niedergelassen. „Man sollte die Attraktivität der Region besser kommunizieren", lautete Schäfers Tipp.

Phillip Ihl, Gründer der fashiontale GmbH, einer Online-Plattform, die gebrauchte Kleidung von Bloggern und Influencern verkauft, macht aktuell die Erfahrung, dass es vor allem im Bereich Finanzen problematisch ist, Akademiker in Trier für sein Unternehmen zu gewinnen.

OB Wolfram Leibe hob die bedeutende Rolle Luxemburgs hervor, wenn es darum geht, junge Menschen in der Region zu halten. Der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt biete hervorragende Chancen – gerade für Akademiker. Diesen Aspekt betonte auch Julia Schäfer vom Amt für Stadtentwicklung und Statistik: Der Luxemburger Arbeitsmarkt könne helfen, junge Menschen in der Region zu halten.

Björn Gutheil