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09.01.2023

Mehr Platz für Frauen in Not

Ministerin Katharina Binz und Bürgermeisterin Elvira Garbes freuen sich mit den Mitarbeiterinnen des Frauenhauses sowie Vertreterinnen des Trägervereins über den erfolgreichen Abschluss der Suche nach einem neuen Standort.
Ministerin Katharina Binz (6. v. r.) und Bürgermeisterin Elvira Garbes (5. v. l.) freuen sich mit den Mitarbeiterinnen des Trierer Frauenhauses über den erfolgreichen Abschluss der Suche nach einem neuen Standort. Der Trägerverein des Frauenhauses wurde bei dem Termin vertreten durch Birgit Wald und Ulrike Laux (2. und 3. v. l.).

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Allein in Rheinland-Pfalz gibt es pro Jahr rund 9000 Fälle von Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder, bei denen eine Flucht ins Frauenhaus sehr oft der einzige Ausweg ist. Die Dunkelziffer ist vermutlich noch um einiges höher. Für Betroffene in der Region Trier ist nun eine verbesserte Unterbringung in Sicht: Nach langer und schwieriger Suche wurde eine neue Immobilie für das Frauenhaus gefunden. Dabei drängte die Zeit.

Das bisherige Gebäude mit sieben Plätzen ist so marode, dass eine Unterbringung kaum noch zu verantworten ist. Zudem standen keine Ausweichkapazitäten für die sieben Plätze für Frauen und ihre Kinder zur Verfügung. „Der Druck stieg von Monat zu Monat und die Suche gestaltete sich schwierig, weil eine geeignete Immobilie in relativ zentraler Lage gefunden werden musste, die auch den Sicherheitsanforderungen der Polizei entspricht“, betonte Bürgermeisterin Elvira Garbes. Umso erleichterter zeigte sie sich, dass in enger Abstimmung mit dem Land und dem Trägerverein des Frauenhauses innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums nun eine Lösung gefunden werden konnte, die schon zum 1. Februar einen Umzug in die neuen Räume ermöglicht.

Dabei profitiert die Stadt, die auch die neue Immobilie an den Trägerverein des vor rund 30 Jahren gegründeten Frauenhauses vermietet, vor allem von dem 2020 gestarteten Bundesprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“. Zu den rund 1,92 Millionen Euro für den Kauf der neuen Immobilie steuert der Bund fast 90 Prozent bei. Das Land stellt etwa 80.000 Euro zur Verfügung, die Stadt rund 150.000 Euro. Zudem gibt es eine feste jährliche Förderung aus dem städtischen Budget für das Frauenhaus: 2023 sind es maximal 199.747 Euro. Diese Kosten werden teilweise von anderen Kommunen erstattet, wenn dort lebende Frauen in Trier Zuflucht finden.

Die neue Immobilie bietet auf vier Etagen Platz für maximal 23 Personen (neun Familienplätze). Zudem ist langfristig eine Erweiterung in einem benachbarten Gebäude möglich. Das Haus hat darüber hinaus im Unterschied zum vorherigen einen barrierearmen Raum. Die Abstandsregeln können besser eingehalten werden, falls es erneut zu einer Pandemie kommen sollte. Katharina Binz, Landesministerin für Familie, Frauen, Kultur und Integration, machte sich vor dem Pressetermin im Rathaus einen Eindruck vor Ort und zeigte sich angetan von der neuen Immobilie, deren Standort aus Sicherheitsgründen geheim gehalten werden muss. Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen städtischen Ämtern unter Federführung des Jugendamts, dem Stadtrat, der noch im Dezember den erforderlichen Beschluss zum Kauf der neuen Immobilie traf, der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion sowie dem Trägerverein habe sehr gut funktioniert, was keinesfalls selbstverständlich sei.

Binz zeigte sich auch sehr erfreut, dass Trier durch den Kauf der neuen Immobilie nun eine zentrale Vorgabe der von Deutschland ratifizierten, internationalen Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen und in engen sozialen Beziehungen erfüllen kann: ein Familienplatz pro 10.000 Einwohner einer Kommune. Die Ministerin würdigte auch das Durchhaltevermögen der Mitarbeiterinnen des Frauenhauses und des Vorstands des Trägervereins, die „trotz großer Belastungen nicht aufgegeben haben.“

Jede Frau hat künftig eigenes Bad

Die Erleichterung über die jetzige Lösung prägte auch das Statement von Birgit Wald vom Vorstand des Frauenhaus-Trägervereins. Damit gehe eine „schwere Zeit für die Mitarbeitenden zu Ende, die von der Sorge um den Fortbestand des Frauenhauses und des eigenen Arbeitsplatzes geprägt war“. Jetzt könnten das Wissen und die Erfahrung der langjährigen Fachkräfte gesichert werden. Das Team benötigt aber noch Verstärkung: Interessierte können sich unter anderem über die Website des Frauenhauses (Info-Kasten rechts) melden.

Wald machte die Verbesserungen für schutzsuchende Frauen in der neuen Immobilie an einem Punkt anschaulich: Jetzt habe endlich jede von ihnen ein eigenes Bad. Durch die bessere Ausstattung können nun auch Frauen mit Kindern über 14 Jahren aufgenommen werden. Zudem kann wegen der verbesserten räumlichen Ressourcen auch ein Konzept für LSBTIQ-Personen entwickelt werden.

Die große Bedeutung der Frauenhäuser gerade in der Pandemiezeit zeigt eine weitere aktuelle Zahl: Das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ verzeichnete im vergangenen Jahr einen Anstieg der Anrufe um rund fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr In mehr als der Hälfte dieser Fälle ging es um häusliche Gewalt. Die Belastungen in der Pandemie haben das Risiko gewaltsamer Übergriffe noch erhöht.

Petra Lohse