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16.02.2021

Versteckte Geschichten über bekannte Orte

Einblicke in das neue Ausstellungsprojekt „Orte jüdischen Lebens“ des Stadtmuseums Simeonstift

Platz mit Antoniuskirche im Hintergrund
Wo heute die Antoniuskirche den Platz prägt, war im Mittelalter ein größerer jüdischer Friedhof. Foto: Roman Kasselmann

Mit der Ausstellung „Orte jüdischen Lebens in Trier. Eine Spurensuche in Interviews“ beleuchtet das Stadtmuseum Simeonstift ab 21. März die lange Geschichte der Jüdinnen und Juden in Trier. 30 Interviews an Orten in Trier und der Region erzählen von Jahren des gedeihlichen Zusammenlebens, aber auch von Verfolgung und Vernichtung.

Die Schauplätze regen jüdischen Gemeindelebens finden sich manchmal dort, wo man sie am wenigsten vermutet – etwa in dem kleinen Dorf Aach bei Trier. Als 1418/19 die Juden aus dem Erzstift Trier vertrieben wurden, fanden einige von ihnen in dieser Siedlung Zuflucht, die den Nonnen von St. Irminen unterstand. In den folgenden Jahren ließen sich immer mehr Juden hier nieder, um 1850 machte die jüdische Bevölkerung ein Drittel der Einwohnerzahl des Dorfes aus.

Die markante Synagoge in der Ortsmitte, die noch heute das Straßenbild des hügeligen Ortes prägt, erzählt von dieser Zeit. Eva Schanen, Bewohnerin von Aach und Expertin für die jüdische Geschichte ihres Ortes, berichtet im Interview von dieser Vergangenheit. Bis heute kommen Nachkommen aus aller Welt in das Dorf bei Trier, um die Heimat ihrer jüdischen Vorfahren kennenzulernen.

Dass es auch in Trier über viele Jahre eine florierende jüdische Gemeinde gab, davon erzählt nicht nur die Judengasse in der Nähe des Hauptmarkts. Auch viele andere Orte waren über viele Jahre Dreh- und Angelpunkte jüdischer Kultur – auch, wenn heute nur noch wenig daran erinnert. Ein solcher Ort ist die Jüdemerstraße nahe dem Viehmarkt. Heute prägt die Antoniuskirche den innerstädtischen Platz, doch bereits der Name verweist auf seine Vergangenheit: Er leitet sich ab von der „Judenmauer“, die den seit dem zwölften Jahrhundert bezeugten jüdischen Friedhof umschloss. Das Friedhofsareal befand sich ursprünglich in dem Bereich der heutigen Antoniuskirche und wurde im Laufe des 14. Jahrhunderts zum heutigen Viehmarkt hin erweitert. Wenig später allerdings wurde der Friedhof aufgegeben und die Vorgängerkapelle der heutigen Kirche erbaut.

Die sichtbarsten Symbole für die Präsenz jüdischen Lebens in der Stadt waren seit jeher die Synagogen. Neben dem Gedenkort für die alte Synagoge in der Zuckerbergstraße (im Video vorgestellt von Ralf Kotschka) findet daher auch die neue, 1957 eingeweihte Synagoge in der Kaiserstraße Erwähnung. Jeanna Bakal, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Trier, lässt die Geschichte des jüdischen Gotteshauses Revue passieren. Vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten hatten rund 800 Jüdinnen und Juden in Trier gelebt, über 600 von ihnen wurden in die Vernichtungslager im Osten deportiert. 14 von ihnen kehrten nach dem Ende des Weltkriegs nach Trier zurück und bauten gemeinsam mit alliierten Soldaten das Gemeindeleben wieder neu auf. Nachdem ein kleines Bethaus in der Saarstraße zu klein geworden war, entwarf der bekannte Architekt Alfons Leitl (1909-1975) den heute bekannten Bau an der Kaiserstraße.

Diese und viele weitere Geschichten ruft das Museum mit der medialen Ausstellung ins Gedächtnis. Ergänzend erscheint ein Katalog mit den Hintergrundinformationen zu allen behandelten Orten in deutscher und englischer Sprache.

Kathrin Koutrakos

 
Bildergalerie
  • Platz mit Antoniuskirche im Hintergrund
  • Eingang der neuen Synagoge.
  • Synagogoe in Aach