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02.02.2021

Aus dem Stadtrat

Digitale Sitzung des Trierer Stadtrats.
Der Stadtrat tagt in Corona-Zeiten digital. Im Großen Rathaussaal verfolgen die Mitglieder des Stadtvorstands die Bildschirme, über die sich die Ratsmitglieder an den Debatten und Abstimmungen beteiligen.

Knapp fünfeinhalb Stunden dauerte die Online-Sitzung des Stadtrats am vergangenen Dienstag, dem internationalen Holocaust-Gedenktag. Sie wurde geleitet von Oberbürgermeister Wolfram Leibe und Bürgermeisterin Elvira Garbes. Zu Beginn der Sitzung wies der OB darauf hin, dass man für den 27. Januar eine Gedenkveranstaltung im Theater geplant hatte, die dann aber der Corona-Pandemie zum Opfer fiel. Auch vor diesem Hintergrund sei es begrüßenswert, dass zahlreiche Stadtratsfraktionen die Initiative für eine regelmäßige Gedenkveranstaltung am 27. Januar ergriffen hätten. Um die politische Bedeutung dieses regelmäßigen Gedenkens hervorzuheben, zitierte Leibe unter anderem den früheren französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac: „Antisemitismus ist keine Meinung, sondern eine Perversion, die tötet.“

Danach informierte der Oberbürgermeister über die Hilfen für die Opfer der Amokfahrt vom 1. Dezember in der Innenstadt. Bei allen Bemühungen stehen nach Aussage von Leibe stets die Bedürfnisse der Opfer im Mittelpunkt. Man unterscheide drei Gruppen: Menschen, die einen Angehörigen verloren hätten, die durch die Amokfahrt teilweise schwer verletzten Personen sowie Menschen, die durch die Ereignisse psychisch traumatisiert worden seien. Bei dieser Opfergruppe sei der Umfang der benötigten Hilfe oft noch nicht klar, weil sich manchmal die Folgen erst später zeigten. Leibe bedankte sich für die Unterstützung durch die Opferbeauftragten des Landes und des Bundes. Er hob die Bedeutung des Austauschs mit Vertretern der Städte Münster, Hanau und Berlin hervor, in denen ebenfalls Attentate stattgefunden hatten. Um die weiteren Hilfen mit den Opfern abzustimmen, planen OB Leibe und sein Team ein Treffen im Februar. Er bedankte sich erneut für die ungeheuer große Spendenbereitschaft in Trier, aber auch in den Nachbarregionen und Partnerstädten. Es sind mehr als 10.000 Einzelspenden mit einer Gesamtsumme von rund einer Million Euro eingegangen. Um die Opfer gezielt zu unterstützen, ist eine Auszahlungsstiftung zu dem Treuhandkonto der Sparkasse geplant. Sie soll durch einen unabhängigen Beirat kontrolliert werden.

Im weiteren Verlauf der Sitzung befasste sich der Stadtrat unter anderem mit folgenden Themen:

Holocaust-Gedenken
Am Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee hat der Stadtrat das Gedenken an die Opfer des Holocaust in den Blickpunkt gerückt. In einem einstimmig gefassten Beschluss bekannten sich die Mitglieder zur freien und demokratischen Grundordnung und wandten sich gegen Hass, Hetze und Gewalt. Künftig will die Stadt den 27. Januar, der 2005 von der UNO zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust erklärt wurde, mit einer eigenen Veranstaltung begehen.
Mit einer feierlichen Ratssitzung soll ausgedrückt werden, dass Rat und Verwaltung aller Opfer des Nationalsozialismus in Trier gedenken, ihr Schicksal nicht vergessen und als Mahnung verstehen, Demokratie und Rechtsstaat zu verteidigen und sich für eine offene, pluralistische und vielfältige Gesellschaft einzusetzen.
In einem weiteren Punkt des Beschlusses verpflichtet sich der Stadtrat, die inzwischen sehr vielfältige Gedenkarbeit in Trier in Zukunft mit einem Betrag von jährlich 10.000 Euro zu unterstützen. Dazu zählen zum Beispiel die Verlegung von Stolpersteinen als dezentrale Mahnmale, die Veranstaltung der jüdischen Gemeinde am Hauptbahnhof zur Erinnerung an die erste Deportation Trierer Juden und das Forschungsprojekt der Uni zur Geschichte der Gestapo in Trier.
Markus Nöhl (SPD) machte deutlich, warum die Stadt gerade jetzt dieses Zeichen setzen sollte: „Antisemitismus und nationalsozialistisches Gedankengut greifen wieder um sich. Gewalt zeigt sich wieder auf der Straße, wie wir unlängst in Amerika bei den Ereignissen am Kapitol leider wahrnehmen mussten. Die Parallelitäten sind erschreckend. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren und müssen die Zivilgesellschaft stärken.“
OB Wolfram Leibe bedankte sich für die Initiative und unterstützte ausdrücklich die Idee einer regelmäßigen städtischen Gedenkveranstaltung. Auch die AfD stimmte wie die UBT dem von SPD, Grünen, CDU, Linken und FDP eingebrachten Antrag zu, jedoch kam es während der Debatte zum Eklat: AfD-Fraktionsvorsitzender Michael Frisch fühlte sich von Thorsten Kretzer (Bündnis 90/Grüne) respektlos angesprochen und gab nach der Abstimmung bekannt, dass seine Fraktion aus diesem Grund die digitale Stadtratssitzung verlassen werde.

Luftfilter
Der Stadtrat hat einstimmig die Anschaffung von 54 mobilen Luftreinigungsgeräten für Schulräume im Rahmen eines Förderprogramms beschlossen. Die Stadt Trier stellt über das Förderbudget gehende Mittel überplanmäßig zur Verfügung, um den ermittelten Bedarf zur Ausstattung der Schulen mit Luftreinigungsgeräten zu decken. Die Geräte sind eine Ergänzung zu den empfohlenen Lüftungsmaßnahmen. Die Geräte sind ausgestattet mit Vorfiltern und Schwebstofffiltern und reinigen die Raumluft im Umluftprinzip. Ziel ist die Verringerung der Aerosol-, Viren- und Feinstaubkonzentration der Raumluft. Die maximale Förderung beträgt 3500 Euro brutto pro Gerät, weshalb circa 800 Euro pro Gerät von der Stadt zu finanzieren sind. Den Förderrichtlinien entsprechen 53 Geräte. Zusätzlich dazu beschafft die Stadt ein weiteres Luftreinigungsgerät für einen Schulraum im HGT, das nicht den Förderkriterien entspricht, aber unter Berücksichtigung der Corona-Schutzmaßnahmen zu Unterrichtszwecken beschafft werden muss.

Kinderfreundliche Kommune
Der Stadtrat hat keine Entscheidung über den Antrag der Linken getroffen, dass sich Trier um das Siegel „Kinderfreundliche Kommune“ von Unicef und des Deutschen Kinderhilfswerks bewirbt. Sprecher von CDU, Grünen, SPD und FDP sehen Klärungsbedarf, etwa zu der Frage, welcher Aufwand für die erforderliche Bestandsaufnahme und einen Aktionsplan nötig ist. Das unabhängige Ratsmitglied Dr. Ingrid Moritz forderte, vor einem Projekt für mehr Kinderfreundlichkeit zunächst Gewalt gegen Kinder in den Fokus zu rücken. Zur Begründung des Antrags hatte Linken-Sprecherin Theresia Görgen unter anderem darauf verwiesen, dass es zwar schon vielfältige Angebote für eine kinderfreundliche Stadt gebe, die aber besser vernetzt und ausgebaut werden müssten. Der Stadtrat entschied schließlich, das Thema im Dezernatsausschuss II zu behandeln. Bürgermeisterin Elvira Garbes begrüßte diesen Schritt.

Vereinbarung zum Impfzentrum
Der Stadtrat hat der Vereinbarung für die Einrichtung und den Betrieb des Impfzentrums mit der Kreisverwaltung Trier-Saarburg nachträglich zugestimmt. Die Stadt ist Betreiberin des Impfzentrums. Es war unter Federführung der Berufsfeuerwehr in der Messeparkhalle eingerichtet worden. Die Vereinbarung war am 1. Dezember in Kraft getreten und muss noch von der ADD genehmigt werden. Die Kosten des Zentrums teilen sich Bund und Land je zur Hälfte. Wenn Ausgaben entstehen, die nicht durch diese Geldgeber und nicht durch die gesetzlichen oder privaten Krankenkassen abgedeckt sind, tragen diese die beteiligten Gebietskörperschaften. Sprecher von Grünen, SPD, CDU und UBT dankten allen beteiligten Ämtern und Einrichtungen, aber auch den ehrenamtlichen Helfern, die den erfolgreichen Start ermöglicht hätten.

Aufnahme von Flüchtlingen
Bereits 2019 beschloss der Stadtrat, dem Bündnis „Sichere Häfen“ beizutreten, um mehr aus dem Mittelmehr gerettete Flüchtlinge aufzunehmen. Im Oktober 2020 forderte er zudem, bis zu 100 Flüchtlinge aus dem griechischen Lager Moria nach Trier zu bringen. Auf Nachfrage der SPD-Fraktion erläuterte Bürgermeisterin Elvira Garbes im Stadtrat den Stand. Im Rahmen des Bündnisses „Sichere Häfen“ seien bisher keine Menschen nach Trier gekommen, da es für diese Verteilung immer noch keinen Mechanismus gebe. Stattdessen habe Trier 2019 und 2020 aus einem von der Bundesregierung vereinbarten Solidaritätsmechanismus drei junge aus Seenot gerettete Sudanesen aufgenommen. Aus griechischen Flüchtlingslagern habe die Stadt im Dezember zwei Familien zugewiesen bekommen, eine aus Syrien, eine aus Afghanistan. Sie seien in Wohnungen untergebracht und würden betreut.

Exhaus-Sanierung
Zur Fortführung der Jugendkulturarbeit priorisiert die Stadtverwaltung als Übergangslösung die Herrichtung der Gebäude Orangerie und Ökonomie im Schießgraben in der Innenstadt. Das geht aus einer Antwort von Sozialdezernentin Elvira Garbes auf eine Anfrage der Linken hervor, die auch den Zustand des aus Sicherheitsgründen geschlossenen Exhaus-Gebäudes in der Zurmaiener Straße zum Gegenstand hatte. Nach Aussage von Garbes wurden dort sowohl konstruktive (Dachsicherung und statische Stabilisierung) als auch bauliche Maßnahmen zum Schutz gegen eindringende Feuchtigkeit in das historische Gebäude getroffen. Die Erstellung einer Haushaltsunterlage (HU) Bau, die für die weitere Sanierung notwendig ist, sei für 2021 nicht vorgesehen, da man sich auf den Schießgraben fokussiere. Diese Herangehensweise bestätigte Baudezernent Andreas Ludwig, der auf die Vielzahl anstehender Projekte bei begrenzter Personalstärke in seinem Dezernat hinwies.

Digitalpakt
Zur Umsetzung des Digitalpakts wurden beim Amt für Schulen und Sport je zwei Stellen in der IT-Koordination sowie für die Administration und Betreuung der schulischen EDV-Umgebungen besetzt. Das geht aus der Beantwortung einer CDU-Anfrage im Stadtrat hervor. Bürgermeisterin Elvira Garbes teilte zudem mit, dass im Mai eine Stelle für das Vertragsmanagement besetzt wird. Außerdem wurde die coronabedingte Aufhebung der Präsenzpflicht genutzt und Projekte in den Grundschulen Martin, Ruwer, Olewig und Ehrang vorgezogen. Die Mittel aus dem Paket können für Infrastrukturprojekte eingesetzt werden. Das Amt für Schulen und Sport geht davon aus, dass die Förderung für die beim Digitalpakt geplanten Projekte ausreicht.
Den Schulen werden auch Endgeräte zur Verfügung gestellt. Alle 37 Schulen in städtischer Trägerschaft hatten Bedarf angemeldet. Bis 19. Januar wurden 485 Notebooks an neun Schulen ausgeliefert. Weitere 163 Geräte waren für die letzte Januar-Woche avisiert. Die Bestellung umfasste auch iPads. Wegen der großen Nachfrage gibt es hier aber Verzögerungen.
Nicht abgedeckt ist der Ausbau des Breitbandnetzes, der aus dem städtischen Budget finanziert werden muss. Das Amt für Schulen und Sport baut in Zusammenarbeit mit der städtischen Gebäudewirtschaft sowie mit der Telekom, Vodafone und der Stadtwerke- Tochter Trilan die Anschlüsse schrittweise aus.

Kommunale Finanzen
Der Trierer Stadtrat unterstützt die von Pirmasens initiierte Petition „Petition Heimat – Not der Städte in Rheinland-Pfalz beenden“, die auf die miserable finanzielle Situation vieler Kommunen hinweist und einen Zukunftspakt für das Land fordert, damit Städte und Landkreise bestimmte Herausforderungen wie Klimaschutz, moderne Bildungsinfrastruktur und ein Kulturangebot meistern können.
Thorsten Wollscheid, der den Antrag für die CDU-Fraktion in der Stadtratssitzung begründete, wies auch auf das Urteil des rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshofs vom Dezember 2020 hin. Das höchste Gericht des Landes hatte geurteilt, dass das Finanzierungsmodell mit dem das Land Rheinland-Pfalz seine Kommunen mit Geld versorgt, verfassungswidrig ist. „Aus der Neuordnung des Finanzierungsmodells darf Trier nicht als Verlierer hervorgehen“, hob Wollscheid hervor. Entsprechend beinhaltet der CDU-Antrag auch einen Punkt, wonach sich OB Wolfram Leibe bei der Mainzer Landesregierung dafür einsetzen soll, dass sich die Finanzausstattung Triers im Zuge der Neuordnung des Finanzausgleichs „deutlich verbessert“.
OB Wolfram Leibe informierte den Rat außerdem darüber, dass er im Januar zum Vorsitzenden des Finanzausschusses des Städtetags Rheinland-Pfalz gewählt wurde. Er sicherte in der Debatte zu, auch in dieser Funktion Gespräche mit dem Land zu führen, um die Position der Kommunen deutlich zu machen.
Einen Ergänzungsantrag der Linken-Fraktion mit dem Ziel des Austritts Triers aus dem Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF) lehnte der Stadtrat mit deutlicher Mehrheit ab. Leibe informierte, dass dies von Seiten der Kommune ohnehin nicht möglich sei und dass Trier aus dem KEF während der 15-jährigen Laufzeit insgesamt 132 Millionen Euro erhalte.

Wohnprojekte für Senioren
Im Stadtgebiet entstehen fortlaufend kleinere gemeinschaftliche Wohnprojekte, die auch für Senioren interessant sein können. Das geht aus der Antwort des Baudezernats auf die UBT-Anfrage „Wohnen im Alter“ im Stadtrat hervor. Dezernent Andreas Ludwig nannte Projekte verschiedener Träger, darunter Lebenshilfe, Caritas, Schönfelder Hof oder Club Aktiv, die auch für Menschen mit Beeinträchtigungen geeignet sind. Neue Projekte gibt es unter anderem von der Lebenshilfe in der Eisenbahn- und in der Avelsbacher Straße und vom Club Aktiv in der Karl-Marx-Straße. Ludwig listete auch künftige Projekte auf, unter anderem im Ago-Komplex in Euren sowie Wohngruppen der Lebenshilfe. Dieses Projekt wird mit dem Sozialdezernat entwickelt. Aus städtischen Beständen wurde das Grundstück Niederstraße 145 in Ehrang vermarktet. Hier entsteht ein gemeinschaftliches Projekt für Menschen mit Demenz plus einem tagesstrukturierenden Angebot des Club Aktiv.

TTM-Zuschuss
Nahezu einstimmig beschloss der Stadtrat den jährlichen Betriebskostenzuschuss von rund 1,7 Millionen Euro an die Trier Tourismus und Marketing GmbH (TTM). Der Zuschuss 2021 soll die TTM in die Lage versetzen, ihre Aufgaben zu erfüllen, die hauptsächlich in der Tourismusförderung, der Standortvermarktung und dem Veranstaltungsmanagement liegen.