(gut) Wie Trier unter französischer Besetzung vor 230 Jahren aussah, darüber gibt ein Kupferstich Auskunft, den das Stadtarchiv als Objekt des Monats präsentiert. Solche Ansichten weisen bestimmte Charakteristika auf und verfolgten einen bestimmten Zweck.
Im August 2024 ist es 230 Jahre her, dass Frankreichs militärische Expansion die Moselgegend erfasste und Trier von der Revolutionsarmee eingenommen wurde. Am Nachmittag des 9. August 1794 betrat erstmals eine Vorhut unter dem Kommando des Divisionsgenerals Jean-Jacques Ambert die Stadt durch das südliche Neutor. Unmittelbar vorausgegangen waren teils schwere Kämpfe auf der Pellinger Höhe. Hier stürmten Einheiten der französischen Moselarmee die von österreichischen und kurtrierischen Verbänden erfolglos verteidigte Schanzenanlage. Die Stadt selbst, die keine nennenswerte Befestigung hatte, ergab sich anschließend kampflos und blieb 20 Jahre unter französischer Herrschaft.
Als Objekt des Monats präsentiert das Stadtarchiv eine Gesamtansicht der Stadt, die aus der französischen Zeit stammt und auf den Kartografen und Zeichner Louis Brion de la Tour (1763–1823) zurückgeht. Der Kupferstich war 1802 als Illustration in dem gedruckten Werk „Voyage dans les départements de la France“ erschienen, einem zeitgenössisch vielgelesenen Buch mit gesammelten Reiseberichten über Frankreichs Departements, ihre regionalen Besonderheiten und ihre wichtigsten Städte. Dazu zählten auch die Gebiete, die das revolutionäre Frankreich im Zuge seiner Expansion besetzt und anschließend als neue Departements in sein Staatsgebiet eingegliedert hatte. Nachdem Trier einige Jahre unter Militärverwaltung gestanden hatte, wurde die Stadt so 1798 zum Hauptsitz der französischen Verwaltungs- und Justizbehörden im neugegründeten „Département de la Sarre“ auserwählt. Das Saardepartement, benannt nach dem Fluss und damit wie auch andere Departements nach naturräumlichen Gegebenheiten, erstreckte sich ungefähr im Norden von Blankenheim im heutigen Kreis Euskirchen bis Saarbrücken im Süden.
Historisch gesehen vermittelt der Kupferstich von Brion de la Tour einen bildhaften Eindruck des französischen Trier. Dass der Zeichner dabei keine maßstabsgetreue Darstellung der Stadt im Sinn hatte, lässt sich schon auf den ersten Blick erkennen. Zum Beispiel ragen die Kirchtürme im Vergleich zu anderen städtischen Gebäuden und dem Umland auf überproportionale Weise in die Höhe. Gesamtansichten wie diese erfüllten vielmehr den Zweck, charakteristische Punkte schematisch hervorzuheben und die Städte in ihrer Gesamtheit prachtvoll erscheinen zu lassen.
Gut erkennbar sind so neben Dom und Basilika etwa der Petrisberg, der Gangolfsturm, die Römerbrücke, das Martinskloster am Moselufer oder Teile der heute nicht mehr existierenden Stadtmauer. Sie galten Brion de la Tour als wichtige Anziehungspunkte und dürften sich nicht nur ihm eingeprägt haben. Auch für große Teile der zeitgenössischen Leserschaft des Werks „Voyage dans les départements de la France“ dürfte diese Darstellung das einzige Bild gewesen sein, das sie Zeit ihres Lebens von der Moselstadt zu Gesicht bekamen. Insofern verrät die Stadtansicht in der heutigen Zeit viel darüber, welche Vorstellung sich die Menschen vor mehr als 200 Jahren in entfernten Gegenden überhaupt von Trier – oder „Trèves“ – machen konnten.
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