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20.12.2016

Unterwegs in zwei Kulturen

Nadeshda Nelipa.
Nadeshda Nelipa.
In der Serie „Wir in Trier“ des Beirats für Migration und Integration stehen zugewanderte Menschen, die über ihren Weg zur Integration erzählen, im Fokus. Nachdem vergangene Woche der gebürtige Portugiese Artur Fonseca vorgestellt wurde, steht diesmal Nadeshda Nelipa, die russische Wurzeln hat, im Mittelpunkt.

Eigentlich war Nadeshda Nelipa Lehrerin und stellvertretende Schulleiterin eines großen Gymnasiums in Sankt Petersburg. Auch wenn diese Stelle für den Moment eine gewisse Sicherheit bot, so sah die junge Mutter keine Perspektive in Russland.  Deutschland hingegen kannte sie bereits, sie hatte ihre Mutter, die als sogenannter Kontingentflüchtling nach Deutschland kam, in Trier besucht. So entschloss sie sich 1993, ebenfalls diesen Schritt zu wagen, auch wenn das bedeutete, dass sie sich beruflich noch einmal ganz neu orientieren musste.

Um sich in der neuen Stadt zu integrieren, sah sie es als ihre Pflicht an, der deutschen Sprache mächtig zu werden. Sie tat das in mehreren Kursen, unter anderem an der Universität. Schnell fand sie sich in der Gesellschaft zurecht und bemerkte, dass eine ganz bestimmte Gruppe besondere Unterstützung brauchte: Russischstämmige Bürgerinnen und Bürger, die im hohen Alter nach Deutschland gekommen waren. Für sie ist es besonders schwer, die neue Sprache zu lernen oder enge persönliche Beziehungen aufzubauen. Der damalige Ausländerbeirat der Stadt war noch in den Anfängen, daher beschloss sie, zusammen mit einer befreundeten Familie und mehreren Unterstützern genau diese Lücke zu füllen. 1996 wurde „Verrus D“ (Verein der Russischsprechenden in Deutschland e.V.) mit einem russischsprachigen Pflegedienst in Trier gegründet. Bis heute haben sich der Verein und das Unternehmen immer weiterentwickelt und stehen vor einer Expansion.

Von Anfang an, so erzählt Nadeshda Nelipa, wurde sie von den städtischen Behörden und Institutionen ernstgenommen. Auch die Unterstützung von Freiwilligen und insbesondere der Vorsitzenden des Beirates für Migration und Integration, Dr. Maria de Jesus Duran Kremer, sei wertvoll gewesen. An ihrem Beispiel zeige sich ganz deutlich, dass erfolgreiche Integration nur dann funktionieren könne, wenn „Deutschland auch eine helfende Hand hinhält“, sagt Nelipa. Die Stadt Trier und die Bürgerinnen und Bürger seien immer offen gewesen: „Statt nur Helfer, waren sie immer Partner“, sagt sie.

Natürlich müsse die Anstrengung besonders von denjenigen Menschen kommen, die in einem neuen Land ankommen. Für Nelipa ist es selbstverständlich, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und ohne Vorurteile auf andere Kulturen und Sprachen zuzugehen. „Schließlich bin ich doch schon mein halbes Leben in Trier und lebe schon immer mit einem Fuß in der russischen und der deutschen Kultur.“

Heimat, das sind für Nadeshda Nelipa ihre Familie, Freunde und Bekannte. Ohne zwischenmenschliche Beziehungen, davon ist sie überzeugt, wird man, egal an welchem Ort, fremd sein. Mehr als ein Ort ist die Gewissheit wichtig, gebraucht und geschätzt zu werden.

Nach über 20 Jahren ist Nadeshda Nelipa noch immer froh, nach Deutschland gekommen zu sein. Die Entwicklungen in Russland bestätigen ihre Entscheidung und Trier sei noch immer eine perfekte Stadt, um Kinder groß zu ziehen. Für deren Ausbildung und die Entwicklung der Familie sei hier bestens gesorgt, sagt sie, denn „nicht nur das Jetzt, auch die Zukunft ist sicher“.

  • Der Trierer Migrationsbeirat ist auf der Suche nach weiteren Menschen, die über ihren Weg zur Integration sprechen. Interessierte melden sich im Büro unter der E-Mail-Adresse migrationsbeirat@trier.de.