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02.05.2017

Rücksicht nehmen, wo es notwendig ist

Behindertenbeauftragter Gerd Dahm.
Behindertenbeauftragter Gerd Dahm.
Seit fast drei Jahren ist Gerd Dahm Behindertenbeauftragter der Stadt Trier. Im Interview spricht er über seine Arbeit, den Inklusionsgedanken und die Special Olympics Landesspiele. Seine Antworten hat er einfach formuliert. Sie sollen für alle verständlich sein.

RaZ: Herr Dahm, seit wann und wieso gibt es den Behindertenbeirat?

Dahm: Den Beirat für die Belange von behinderten Menschen in Trier gibt es seit einigen Jahren. Der Stadtrat hat damals beschlossen, dass die behinderten Menschen eine politische Stimme bekommen. Der Beirat berät über die Dinge, die verbessert werden sollen. Der Vorsitzende des Beirates ist gleichzeitig der Behindertenbeauftragte. Er darf an allen Sitzungen des Rates und der Ausschüsse teilnehmen und seine Meinung sagen.

Können Sie Ihre Arbeit für den Behindertenbeirat kurz beschreiben?

Oft spreche ich mit den Bürgermeistern und Dezernenten, damit behinderte Menschen nicht ausgegrenzt werden. Wir besprechen alle Dinge, die Menschen behindern können. Bevor ich das Amt übernommen habe, war ich lange im Stadtrat. Deshalb kenne ich die Stadtverwaltung sehr gut. Das hilft mir oft. Ich habe auch ein Büro. Dort arbeitet die Geschäftsführung des Beirates. Das ist sehr wichtig, weil ich alles in meiner Freizeit mache. Deshalb kann ich mich nicht selbst um alles kümmern. Da ist Heike Unterrainer eine sehr große Hilfe. Ohne sie ginge es nicht.

Was bedeutet Inklusion für Sie?

Inklusion bedeutet, dass niemand in seinem Leben behindert und benachteiligt wird. Behindert ist man nicht, weil man anders ist oder man vielleicht nicht so gut hören, sehen, denken oder laufen kann. Erst wenn man deswegen zurückbleiben, alleine bleiben muss, wird man behindert. Wenn die Stadt und die Häuser dort weniger Stufen hätten, wären Menschen im Rollstuhl nicht so oft benachteiligt. Wenn wir so sprechen und schreiben, dass mehr Menschen uns verstehen, können mehr Menschen mitreden und ihre Meinung sagen. Aber Inklusion bedeutet nicht, dass sich behinderte Menschen nur laut genug beschweren müssen. Das war bei der Integration so. Inklusion bedeutet: Alle müssen sich kümmern. Niemand darf sich drücken. Die behinderten Menschen sind nicht für ihre Behinderung durch andere verantwortlich. Da müssen Architekten, Politiker, Lehrer, Ärzte, Handwerker und Verwaltungen noch viel lernen. Jeder muss sich an der eigenen Nase packen. Wir dürfen keine Angst haben, weil Menschen anders sind. Wir müssen Rücksicht nehmen, wo es notwendig ist, und fragen, wenn wir unsicher sind. Inklusion bedeutet auch, die Welt anders sehen zu lernen.

Die Stadtverwaltung hat mit Unterstützung des Behindertenbeirats in einer Arbeitsgruppe einen Aktionsplan Inklusion mit über 100 Maßnahmen entworfen. Viele sollen bereits in den kommenden zwei Jahren umgesetzt werden. Was erhoffen Sie sich vom Inklusionsplan?

Der Aktionsplan ist sehr wichtig. Es wurde beraten und aufgeschrieben, was dringend geändert werden muss und wer verantwortlich ist. Der Aktionsplan geht alle an, nicht nur die Politiker und die Stadtverwaltung. Viele Menschen haben sich beteiligt. Ich hoffe, dass bald immer mehr dazu kommen. Es macht großen Spaß, die Dinge zu verbessern. Alle haben Vorteile, nicht nur behinderte Menschen.

Vom 12. bis 14. Juni finden in Trier die Special Olympics Landesspiele Rheinland Pfalz statt. Was ist Ihrer Meinung nach das Gewinnbringende an dem Sportevent?

Das ist eine tolle Veranstaltung. Sie ist aber nicht inklusiv, sondern nur für behinderte Sportler. Trotzdem sind diese Veranstaltungen wichtig. Sie machen aufmerksam. Sie machen den behinderten Sportlern viel Spaß. Viele nichtbehinderte Schülerinnen und Schüler sowie Sportlerinnen und Sportler helfen mit. Dabei lernen sie behinderte Menschen kennen. Sie spüren, dass echte Sieger sich selbst besiegen und nicht den Gegner. Das verändert vielleicht ihren Umgang mit Menschen, die anders sehen, hören, denken und laufen. Das hilft dann der Inklusionsidee.

 
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