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10.11.2023

„Wir stellen uns vor unsere jüdischen Mitbürger“

Wolfram Leibe und Jeanne Bakal verbeugen sich vor zahlreichen Besucherinnen und Besuchern an einer mit Kerzen und Kränzen geschmückten Stele
An der Stele am Standort der alten Synagoge in der Zuckerbergstraße verbeugen sich Jeanne Bakal, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde (r.), und Oberbürgermeister Wolfram Leibe in stillem Gedenken vor den Opfern des Pogroms vom November 1938.

Rund 200 Triererinnen und Trierer, darunter auch OB Wolfram Leibe, der gesamte Stadtvorstand und zahlreiche Ratsmitglieder, fanden sich am Donnerstagnachmittag rund um die Gedenkstätte der ehemaligen Trierer Synagoge zusammen, um gemeinsam an die antisemitischen Ausschreitungen in der Pogromnacht vor 85 Jahren zu erinnern. Das Gedenken fällt dieses Jahr in eine Zeit, in der sich viele Jüdinnen und Juden weltweit und auch in Deutschland wieder unsicher und bedroht fühlen.

Vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts offenbaren sich vielerorts erneut judenfeindliche Einstellungen, kommt es vermehrt zu Anfeindungen und Angriffen. Gerade aus diesem Grund setzte der Trierer Stadtvorstand diesem Hass nun ein deutliches Zeichen des Rückhalts und der Geschlossenheit mit der jüdischen Gemeinde entgegen. Nach einer stillen Kranzniederlegung und einem jüdischen Gebet an der Stele, welche heute an die in der Pogromnacht geplünderte und im Krieg durch Bomben irreparabel beschädigte Synagoge erinnert, zogen die Gedenkenden weiter zur jetzigen Synagoge in der Kaiserstraße. Dort bedankte sich Jeanne Bakal, Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Trier, für die Solidaritätswelle, die sie und ihre Gemeinde seit dem Terrorangriff der Hamas Anfang Oktober erreicht habe: „Was sehr wohltuend und sehr willkommen ist, sind die weißen Blumen am Eingang der Synagoge, kleine Karten, einfache Briefe oder Besuche“, betonte Bakal. Am Ende ihrer Rede hob die Vorsitzende hervor: „Mein Appell an alle: Lasst uns wieder und wieder versuchen, dass wir zusammenstehen, gegen Terror, gegen das Böse, gegen alles, was den Frieden stört.“

Als Zeichen dafür, dass der Gedanke der Solidarität und Toleranz in der Stadt auch an die Jugend weitergegeben wird, traten nach einem jüdischen Gebet und zwischen mehreren musikalischen Beiträgen auch vier Auszubildende der Stadt an das Rednerpult und lasen Auszüge aus dem Tagebuch der 1942 nach Theresienstadt deportierten Jüdin Marianne Elikan vor. Ein besonderes Geschenk hatte Kunsthistoriker Ralf Kotschka im Gepäck: Mit viel Aufwand war es ihm gelungen, eine Schallplattenaufnahme des in Auschwitz 1944 ermordeten Trierer Oberrabbiners Dr. Adolf Altmann in einem Londoner Archiv ausfindig zu machen, sodass dessen Stimme an diesem Abend in den Räumen der Synagoge über fünf Minuten wieder erklingen konnte.

OB Wolfram Leibe versicherte den Anwesenden in seiner Ansprache die uneingeschränkte Solidarität der Stadt mit der jüdischen Gemeinde und hob hervor: „Wir alle sind überrascht, dass das, was wir uns immer wieder versichert haben – es darf nie mehr passieren – tatsächlich gerade im Nahen Osten wieder passiert. Aber wir dürfen nicht immer nur auf andere gucken, wir müssen auf uns schauen und deshalb lautet meine Bitte an alle Triererinnen und Trierer: Stellen Sie sich bei Antisemitismus, bei Hass und anderen Angriffen, auch Verbalangriffen, vor unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger.“

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