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13.11.2023

Archäologisches Kataster zeigt mutmaßliche Fundstellen

Eine Besuchergruppe befindet sich auf einer Ausgrabungsstätte, im Vordergrund arbeiten zwei Archäologen mit gelber Warnweste und Helm in einer Grube.
Vor Baubeginn müssen in Trier oft erst einmal die Archäologen ran. Hier untersuchen sie das Gelände der neuen Feuerwache in der Südallee, auf dem sie eine antike Kultstätte zu Ehren des Gottes Mithras fanden.

Wer in Trier anfängt zu graben, stößt mit großer Wahrscheinlichkeit auf römische Überreste. Doch was genau kann man auf einem Grundstück erwarten? Hinweise darauf gibt in Zukunft ein archäologische Stadtkataster, jedenfalls für einen Teilbereich der Innenstadt.

Von der Römerbrücke bis zum Amphitheater steht derzeit ein 55 Hektar großes Gebiet im Fokus. Ein vierköpfiges Archäologen-Team aus dem städtischen Amt für Stadtkultur und Denkmalschutz trägt Informationen aus allen verfügbaren Quellen zusammen, um Hinweise auf Reste ehemaliger Bauten zu erhalten, die jetzt tief unter der Erde schlummern. Diese Informationen sollen ab Mitte 2024 im Internet frei zur Verfügung gestellt werden. Unterstützt wird das Projektteam dabei von der Generaldirektion kulturelles Erbe (GDKE).

Das Vorhaben wird mit knapp 700.000 Euro gefördert durch das Programm „Städtebauliche Erneuerung 2020“ des Ministeriums des Innern Rheinland-Pfalz. Ein Folgeantrag für die Fortführung und Ausdehnung auf weitere Teile der Innenstadt ist in Vorbereitung. Vergangene Woche wurde der Stand des Projekts in einer gut besuchten öffentlichen Veranstaltung vorgestellt.

„Wir wollen das Alte bewahren, aber auch als moderne Stadt Entwicklungen ermöglichen“, beschrieb Kulturdezernent Markus Nöhl das Spannungsfeld der Stadtplanung. Das archäologische Stadtkataster soll allen Bauwilligen erste Hinweise darauf geben, welche geschichtlichen Überreste im Boden vermutet werden, aber kein Ersatz für fachkundige Beratung sein. Ziel sei es, „die Planungssicherheit zu erhöhen und damit auch Investitionen zu beschleunigen“.

Das neue Kataster soll in das städtische Geoportal eingebunden werden. Mit Hilfe unterschiedlicher Ebenen können dort auch verschiedene Kulturschichten sichtbar gemacht werden, von der Römerzeit bis ins 21. Jahrhundert. „Sie müssen vierdimensional denken“, zitierte hierzu Projektmitarbeiter Florian Tanz augenzwinkernd einen Satz aus dem Film „Zurück in die Zukunft“. Zudem werden Informationen aus unterschiedlichen Quellen miteinander vernetzt. Zu einem bestimmten Grundstück könnten bei guter Datenlage also zu finden sein: archäologische Dokumentationen, Bauakten, historische Karten, aber auch Bauleitpläne oder Ansprechpartner.

Behindert oder beflügelt das reiche kulturelle Erbe nun die städtebauliche Entwicklung Triers? Diese Frage erörterten Experten auf einer Podiumsdiskussion. Gefragt nach den gefürchteten Bauverzögerungen, wenn erst einmal „die Archäologen anrücken“, winkte Dr. Joachim Hupe ab. Der Leiter der Landesarchäologie Trier bei der GDKE hat die Erfahrung gemacht, dass private und gewerbliche Bauherren die Archäologen inzwischen sehr frühzeitig kontaktierten, „lange vor einem Bauantrag“. Es gebe damit faktisch keine Bauverzögerungen.

Und auch ein weiterer Mythos wurde abgeräumt: „Baustellen werden fast nie stillgelegt“, berichtete Professor Heinz-Günter Horn. Der Archäologe und Bodendenkmalpfleger hat sein ganzes Berufsleben lang in Nordrhein-Westfalen nur zwei solcher Fälle erlebt. Sein Fazit: „Archäologie verhindert (fast) nie.“

Diskutiert wurde auch die Frage, wie das historisch gewachsene Flair einer Stadt bewahrt werden könne, wenn sie sich gleichzeitig weiterentwickeln muss. Professor Christa Reicher, Direktorin des Instituts für Städtebau an der RWTH Aachen, plädierte für klare Kante auf Seiten der Stadt. Das kulturelle Erbe schaffe Identität. Die Stadt müsse daher einen planerischen Rahmen setzen, der für alle gelte und verlässlich sei. Davon würden alle profitieren.

Britta Bauchhenß

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