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01.02.2022

Meinung der Fraktionen

Grafik: Out in ChurchBündnis 90/Die Grünen
Für eine Kirche ohne Angst

„Out in Church – für eine Kirche ohne Angst" – unter diesem Motto haben sich am Montag vor einer Woche 125 Mitarbeiter*innen der katholischen Kirche zu ihrer Sexualität bekannt – darunter Homosexualität, Transidentität und viele weitere wunderbare Formen, die in einer bunten Gesellschaft dazu gehören. Ebenso breit wie die Auswahl an Lebensformen ist auch die der Menschen, die sich hier outen: Vom geweihten Priester bis zur Ärztin in einem katholischen Krankenhaus sind ganz verschiedene Schicksale vertreten.

Dies zeigt, wie weit eine an veralteten Moralvorstellungen hängende Kirche auch in unsere Gesellschaft hineinwirkt. Wer denkt daran, dass im Jahr 2022 eine queere Ärztin Repressionen fürchten muss?

In einem Fernsehfilm, der die Aktion begleitete, wurde von der Kirche darauf verwiesen, dass sie „Glaubwürdigkeit verlieren" könnte, sollten offen queer lebende Menschen für sie arbeiten. Dieser Satz ist in einer Woche, in der einem emeritierten Papst nachgewiesen wird, im Zuge des Missbrauchsskandals öffentlich gelogen zu haben, eine steile These. Auch weil die Kirche gerade doch zeigt, dass sie als moralische Instanz im Bereich der Sexualität eher nicht taugt. Wäre dies anders, bräuchte es 2022 nicht erneut eine politische Initiative, wie sie unsere Fraktion mit einer Expertenanhörung zum früheren Trierer Bischof Bernhard Stein morgen im Stadtrat und dann einem Antrag im März ergreift, um den Opfern sexuellen Missbrauchs in der Kirche Gehör zu verschaffen.

Johannes Wiegel


CDU
Verantwortung übernehmen

Nach langen Abstimmungen und mit viel Fingerspitzengefühl konnte in der jüngsten Stadtratssitzung der Doppelhaushalt 2022/23 verabschiedet werden. Es war nicht leicht, die coronabedingten Mindereinnahmen und die dringend nötigen Sanierungs- und Investitionsmaßnahmen „unter einen Hut zu bringen". Auch wir hätten uns viele andere Projekte im nächsten Haushalt gewünscht, doch zu den sinkenden Einnahmen kamen die Auflagen der ADD, unseren Haushalt mit weniger Krediten zu belasten. Trotzdem sind wir mit unseren Planungen der Verantwortung für Trier und die hier lebenden Menschen bestmöglich gerecht geworden, so dass die CDU-Fraktion dem Haushaltsentwurf zustimmen konnte.

Es ist unbegreiflich, dass Grüne, Linke und AfD gegen den Haushalt votiert haben, obwohl die Beschlüsse in den vorausgegangenen Beratungen größtenteils einstimmig getroffen und die Ausgabenreduzierungen von allen mitgetragen wurden. Ein nicht beschlossener Haushalt hätte kompletten Stillstand bedeutet und wäre besonders dramatisch bei den freiwilligen Ausgaben gewesen. Erschreckend ist auch, dass die Grünen als größte Fraktion eine höhere Neuverschuldung gefordert haben, um Klientelprojekte zu fördern. Das Bestreben der CDU-Fraktion ist, auch mit diesem Doppeletat Trier weiterzuentwickeln und die wenigen Spielräume richtig zu nutzen. Wir unterstützen ausdrücklich den Konsolidierungskurs der Verwaltung und begrüßen, dass hier auch neue Wege beschritten werden.

Hauptgrund für die Misere ist ein total fehlgeleiteter Landesfinanzausgleich. Wir fordern schon seit Jahren eine grundlegende Reform der Gemeindefinanzierung. Wichtig ist, dass nach den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs schnell Verbesserungen kommen, denn den Kommunen steht das Wasser bis zum Hals.

Udo Köhler


SPD
Wir gestalten Trier

Wir stärken den Zusammenhalt in unserer Stadt mit dem von uns beschlossenen Haushalt und halten unsere Stadt attraktiv für alle. Dieser Grundsatz der Teilhabe aller steht für uns Sozialdemokrat:innen ganz oben. In Haushaltsberatungen umso mehr: Hier stellen wir die Mittel bereit, um unsere Stadt zu gestalten. Wir investieren in frühkindliche Bildung, in Schulen, in Gemeinwesenarbeit, in Schulsozialarbeit oder die systemische Integrationshilfe.

Hierfür setzen wir mit unseren Stimmen der SPD Prioritäten und stärken insbesondere gerade jetzt Kinder, Jugendliche und Familien, die unter den Folgen von Corona besonders leiden. Ich bin überrascht, dass sich die zahlenmäßig größte Fraktion der Grünen aus dieser Verantwortung flüchtete. Ja, dieser Haushalt hat auch uns einige schmerzhafte Entscheidungen abverlangt. Aber Demokratie lebt vom Kompromiss, zu dem die Grünen sich leider nicht im Stande sahen, aber auch kaum Vorschläge brachten, ihn zu erreichen. Ich wäre froh gewesen, man hätte sich einen Ruck gegeben statt in die Opposition zu gehen. Wir laden aber ein, mit uns als SPD weiterhin die Stadt zu gestalten.

Dafür gilt aber: Trier zählt – nicht eigene Profilierung. Dieser Haushalt setzt wichtige Zeichen für eine starke Kultur und hohe Sicherheit. Wir legen bleibende Fundamente für die freie Szene etwa durch die Tufa-Erweiterung. Wir setzen die Segel für den Beginn der Theatersanierung. Wir starten endlich die Bauarbeiten für die neue Hauptfeuerwehrwache und treiben die Sicherheit der Innenstadt wie auch die Stärkung von Handel, Gastronomie und Wirtschaft voran. Für dies und viele weitere Maßnahmen in dem knapp eine Milliarde großen Haushalt übernehmen wir als SPD Verantwortung. Denn ohne diesen Haushalt könnte die Verwaltung unsere Stadt nicht nachhaltig entwickeln.

Sven Teuber


AfD
Frauenbeauftragte auf Abwegen

Am 24. September 2021 hat die Frauenbeauftragte der Stadt Trier in einer Pressemitteilung über eine von ihr gemeinsam mit der Pro Familia durchgeführte Veranstaltung im Rahmen des sogenannten „Safe Abortion Day" am 1. Oktober informiert. Im Kopf dieser Pressemitteilung befindet sich das offizielle Logo der Stadt Trier. Eine darunter abgebildete Grafik, die die durchgestrichene Zeichenfolge „§ 218" zeigt, sowie der hinzugefügte Satz „150 Jahre sind genug" lassen eindeutig darauf schließen, dass hier für eine Streichung des Paragraphen 218 geworben werden soll.

Wir haben diesen, aus unserer Sicht ungeheuerlichen Vorgang zum Anlass für eine Anfrage an die Verwaltung genommen. Dabei wollten wir insbesondere wissen, inwiefern es in die Zuständigkeit der Frauenbeauftragten der Stadt Trier fällt, sich in einer solchen politisch höchst umstrittenen Frage nicht nur einseitig, sondern auch in offenem Widerspruch zu mehreren Abtreibungsurteilen des Bundesverfassungsgerichts zu positionieren, in denen die ersatzlose Streichung des Paragraphen 218 als mit Artikel 2 unserer Verfassung unvereinbar bezeichnet wird.

In seiner Antwort rechtfertigt der Oberbürgermeister den Vorfall mit dem Auftrag der Frauenbeauftragten, auf Missstände hinzuweisen, die Belange von Frauen betreffen. Dabei setze sie sich für eine „außerstrafrechtliche Lösung von Schwangerschaftskonfliktsituationen ein". Genau damit aber räumt er ein, dass sie hier öffentlich und im Namen der Stadt Trier eine politische Forderung vertreten hat, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Artikel 2 unserer Verfassung (Recht auf Leben) widerspricht. Die AfD-Fraktion weist dieses Verhalten der Frauenbeauftragten daher entschieden zurück.

AfD-Stadtratsfraktion


Die Linke
Kultur größer denken

Die Haushaltsberatungen der Stadt Trier waren für alle Beteiligten wieder ein schwieriges Unterfangen. Die Aufteilung zwischen Pflichtleistungen, also Aufgaben, die die Stadt wegen Bundes- und Gesetzesaufgaben übernehmen muss, und dem freiwilligen Leistungsbereich, wo wir in Trier freien Gestaltungsspielraum haben, wirkt oft willkürlich. Gerade im Bereich Kultur, wo die Trierer:innen von uns als Stadt auch eine aktive Politik erwarten, ist diese Unterscheidung nicht mehr zu vermitteln. Deshalb fordert die Linksfraktion Trier:

  • Die Stadt Trier soll mit anderen Kommunen in RLP darauf hinwirken, dass Kultur als Pflichtaufgabe verstanden und zu 100 Prozent vom Land gegenfinanziert wird.
  • Es braucht einen Aktionsplan Kultur, bei dem sich die Landkreise und die Stadt Trier zusammenschließen, Geld in einen gemeinsamen Kulturtopf werfen, damit die Kunst in freier Szene und Institution gefördert und so ein buntes Kulturangebot für die Region geschaffen werden kann.
  • Kulturelle Teilhabe muss für alle her: Kultur muss für alle finanzierbar sein. Statt eines unübersichtlichen Rabattsystems braucht es für Trier eine Karte, die Menschen mit niedrigen Einkommen kostengünstig die Teilhabe an Kultur ermöglicht.

All dies käme den Kulturschaffenden in Trier als Wirtschaftsfaktor zugute und würde gleichzeitig Kultur sozial verantwortlich allen Menschen in Trier zugänglich machen.

Marc-Bernhard Gleißner


Richard Ernser.UBT
Nachruf

Die UBT-Stadtratsfraktion nimmt Abschied von Richard Ernser. Mit großem Bedauern haben wir vom Tod unseres langjährigen Fraktionskollegen (Foto rechts) erfahren. Von 2004 bis 2014 war er Mitglied der damaligen UBM-/FWG-Fraktion im Trierer Stadtrat und in diesem Rahmen in zahlreichen Ausschüssen tätig (Soziales, Wirtschaft und Bauen) und im Beirat für Migration und Integration sowie im Aufsichtsrat der EGP.

Wir haben Richard Ernser als sehr engagierten, zuverlässigen und humorvollen Kollegen kennen und schätzen gelernt. Er war für uns stets ein kompetenter, zielorientierter Ansprechpartner.

Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

UBT-Stadtratsfraktion


FDP
Postfaktische Entscheidung

Die Ablehnung des städtischen Haushaltes durch die Grünen im Stadtrat ist ein verantwortungsloser Akt der Wählertäuschung. Die Strategie dahinter ist so einfach wie durchschaubar: Sie stellt den Versuch dar, sich in eine Art Oppositionsrolle zu begeben, um dann aus der Sicherheit des nicht-verantwortlich-Seins auf alles feuern zu können, was auch nur ein My vom eigenen Parteikurs abweicht.

Allerdings sind die Grünen eben keineswegs frei von Verantwortung für zentrale aktuelle Entwicklungen der Stadtpolitik: Die Kosten für das Wohnen in Trier steigen immer weiter. Viele Trierer Bürger ziehen derzeit ins Umland, unter anderem weil wichtige Entwicklungsflächen für Wohnraum am Brubacher Hof verhindert wurden – federführend dabei: die Grünen. Aktuell sind viele Schulen in einem sehr schlechten baulichen Zustand. Dennoch fließen mehr als vier Millionen Euro in die Sanierung der kleinen Egbert-Schule. Mit diesem Geld hätte man, aufgeteilt auf andere Schulstandorte, deutlich mehr bewirken können. Dazu fehlt jetzt aber das Geld. Federführend auch hier: die Grünen.

Schließlich wurde im letzten Jahr die Stadtverwaltung umstrukturiert und sogar ein fünftes Dezernat eingerichtet, das seine Arbeit aufgenommen hat. Auch diese Entwicklung geht auf einen Grünen-Antrag im Stadtrat zurück. Die grüne Fraktion im Rat hat also an zentralen Stellen die Rahmenbedingungen mitgestaltet, die dem aktuellen städtischen Haushalt zugrunde liegen, im Übrigen in allen drei oben genannten Fällen gegen die FDP-Fraktion.

In einer demokratischen Abstimmung ist es selbstverständlich völlig legitim, sich frei zu entscheiden, ob man für oder gegen einen Vorschlag stimmt. Als FDP-Fraktion werden wir aber die postfaktische Verklärung dieses grünen Votums nicht zulassen.

Tobias Schneider