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22.11.2022

Literarisches Denkmal aus Trier

Titelmotiv des Buchs Rosa Garden - Reading Marcel Proust" von Kristjana Gunars.
Titelmotiv des Buchs Rosa Garden - Reading Marcel Proust" von Kristjana Gunars. Foto: Wiss. Stadtbibliothek/Anja Runkel

Marcel Proust, einer der bekanntesten Schriftsteller der Moderne, starb am 18. November 1922 in Paris. Aus diesem Anlass präsentiert die Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier ausnahmsweise ein Buch in englischer Sprache. Eine deutsche Übersetzung liegt nicht vor, obwohl das Buch zu den wichtigen Werken über das Lesen von Klassikern in Trier gehört. Der Titel „The Rose Garden. Reading Marcel Proust" (Abbildung unten: Stadtbibliothek/Anja Runkel) verrät, dass seine Werke im Mittelpunkt stehen. Die isländisch-kanadische Autorin Kristjana Gunnars verbrachte vor 30 Jahren einen mehrwöchigen Studienaufenthalt in Trier. Sie beobachtete die Stadt mit einem scharfen Auge und schrieb ihre tiefsinnigen Gedanken einer aufmerksameren Leserin in „The Rose Garden" auf. Sie sind kritisch sind humorvoll.

Schwieriges Verhältnis zur Gaststadt

Es sind keine enthusiastischen Worte einer Touristin, das Lob ist für Proust reserviert. Sie äußerte sich ironisch über Ihr Umfeld: „I was living in a Land full of meat and I ate no meat. It was the Mosel Valley, flushes with wine, and I drank no wine" sowie „we were waiting for the closest thing to be a salad the German chef could make". Sie suchte vergeblich nach den Werken kanadischer Autoren in den Trierer Bibliotheken. Ihr Verhältnis zur Stadt wurde immer schwieriger. Sie fühlte sich isoliert, Sprache, Architektur und Kultur waren ihr fremd. Die mit Touristen überfüllte Stadt sah sie als Attrappe an: „The old buildings had been renovated to appear more worthy as time pieces". Die Kritik von Gunnars an Trier ist nicht angenehm zu lesen, aber die Stadt hat sich in den letzten 30 Jahren sehr verändert, ist offener und interkultureller geworden. Bestimmt hätte Gunnars zum Beispiel die Aufführung des Stücks „Orlando" von Viriginia Woolf in Originalsprache im Theater gefallen.

Auf den Wanderungen in der Stadt wurde Marcel Proust der Autorin zum treuen Weggefährten. Er begleitete sie überall hin. Sie dachte über seine Werke am Bahnhof oder in einem Rosengarten nach. Sie las und schrieb: „Proust gathers your thoughts together. You calm down".

Bücher als Balsam für die Seele

Vielleicht hat ausgerechnet das Gefühl der Isolation diese besondere Intensität der Verbindung mit der Gedankenwelt von Proust gefördert. Er sowie andere Autoren, wie Virginia Woolf, die Kristjana Gunnars in Trier las, sind der Schriftstellerin damals sehr nah gegangen. Die Bücher haben für sie besonders an Bedeutung gewonnen, wenn sie sich täglich, in der Kakofonie der unverständlichen Fremdsprache, unwohl fühlte und nach Gedanken und Ideen suchte, die ihr vertraut waren und die sie inspirierten. Die Bücher, die sie in einem kleinem Rosengarten las, waren Balsam für ihre Seele: „I had this beautiful hours of solitude with thoughtful texts. All I wanted was to be alone with meditative text".

Mittelpunkt des Buches sind die Werke von Marcel Proust. Die Stadt Trier tritt eher zufälligerweise im Hintergrund auf. Die Begeisterung für Prousts Gedankengut kann man zusammen mit dem Rosenduft einatmen und genießen. Dann hat man Lust, Trier zu besuchen, wo man tagelang und ohne Eile Marcel Proust sowie Virginia Woolf in einem Rosengarten lesen kann.