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22.08.2017 | Stadtmuseum Simeonstift

"Wahrer Trierer Freigeist"

Dreieckshocker und sternförmige Tische Beispiel für das Möbeldesign von Hans Proppe
Hans Proppe wurde unter anderem bekannt als Möbeldesigner. Typisch für seinen modernen Stil sind unter anderem die Dreieckshocker oder sternförmige Tische. Foto: Stadtmuseum
Die neue Ausstellung „Hans Proppe (1875-1951): Visionär, Gestalter und Lebensreformer“ ist vom 29. August bis 26. November und danach wieder ab 16. Januar 2018 im Stifterkabinett des Stadtmuseums zu sehen. Er war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einer der interessantesten Professoren und Künstler in Trier.

Seit 1904 war Hans Proppe als „Architekt für Kunstgewerbe“ an der Gewerblichen Fortbildungs- und Gewerbeschule – der heutigen Hochschule Trier – tätig. In den Jahren 2013 und 2014 haben seine Nachkommen einen großen Teil des privaten Nachlasses in die Hände des Stadtmuseums gegeben. Zahlreiche Fotografien, Zeichnungen, Postkarten, Schriftstücke und Briefe ermöglichen nun einen tiefergehenden Blick auf Hans Proppe, der das Kulturleben zu Beginn des letzten Jahrhunderts in Trier um viele Facetten reicher gemacht hat.

Der 1871 in Köln geborene Proppe besuchte die dortige Baugewerkschule. Von 1902 bis 1904 studierte er in Berlin an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Raumkunst und Innenarchitektur. Im Umfeld des Friedrichshagener Dichterkreises lernte er nicht nur gemeinschaftliche Wohn- und Lebensformen, sondern auch seine spätere Frau Elise kennen.

Mit der Festanstellung an der Trierer Kunstgewerbeschule machte er sich auf die Suche nach einem Ort, um seinen Lebenstraum zu verwirklichen. In Euren kaufte er ein großflächiges Areal am Ende des Dorfes, um 1909 das damals modernste Wohnhaus Deutschlands zu errichten. Diesem Gebäude lag eine dem berühmten Architekten Heinrich Tessenow zugeschriebene Entwurfszeichnung zugrunde.

Das freistehende Haus war nicht nur der Wohnort für Proppe, seine Familie, sondern auch die Trierer Künstler Fritz Quant, Mia Lederer und Kat Becker lebten zeitweise dort. Das Haus und seine Nebengebäude standen darüber hinaus Künstlern von nah und fern immer offen, hier wurden Theaterstücke aufgeführt, Sport getrieben und Gemeinschaftsveranstaltungen abgehalten.

Urbanes Gärtnern und Kommune

Die neue Ausstellung zeigt ausgewählte Stücke aus dem Nachlass, die das Leben und Wirken des Trierer Avantgardisten lebendig machen. Vieles, was vor 100 Jahren modern und innovativ war, ist auch heute noch ein Thema. Hans Proppes Weltanschauung beinhaltete neben Vegetarismus und Gemeinschaftserlebnissen mit Freunden und Kollegen in seinem Haus im Grünen, Zentrum einer selbst organisierten Künstlerkolonie, auch die Lebenswissenschaft des Mazdaznan. Dieser um 1900 von Otoman Zar- Adusht Hanish (geboren als Otto Hanisch) begründete Ansatz alt-persischen Ursprungs ist mit Yoga oder  Ayurveda vergleichbar. Vieles, was vor 100 Jahren modern und innovativ war, findet sich in alternativen Lebensentwürfen der Gegenwart wieder: der Trend zum urbanen Gärtnern der Kommunengedanke oder Künstlerkollektive.

Mit dem vereinten Proppe-Nachlass ist nun ein wichtiger Teil der Geschichte Triers des frühen 20. Jahrhunderts wieder am Ort seiner Entstehung angekommen. „Ein großer Dank geht an die Familie Proppe, die dazu beiträgt, die Erinnerung an einen wahren Trierer Freigeist aufrechterhalten zu können“, betont Kuratorin Bettina Leuchtenberg. Sie eröffnet die Ausstellung mit einer Führung am Dienstag, 29. August, 19 Uhr, im Stadtmuseum.