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10.01.2017

Schach als Integrationshilfe

Omar Abouhamdan
Omar Abouhamdan
Mit dem Syrer Omar Abouhamdan endet die Serie „Wir in Trier“ des Beirats für Migration und Integration vorerst. Der Beirat ist jedoch an einer Fortsetzung interessiert. Menschen, die über ihren Weg nach Deutschland und Trier erzählen möchten, können sich unter migrationsbeirat@trier.de melden.

Omar Abouhamdan ist Schriftsteller und Friedensaktivist und fest davon überzeugt, dass die zentralen Elemente eines friedlichen politischen Wandels die Zivilgesellschaft und die Achtung der Menschenreche sind. Schon während der Zeit, als er noch Elektrotechnik in Damaskus studierte, engagierte er sich unter anderem durch die Veröffentlichung von Gedichten und Kurzgeschichten in der freien syrischen Opposition für Menschenrechte. Nach Beginn des Irakkriegs spitzte sich die politische Situation allerdings zu und es war nicht mehr möglich, die „Freiräume zur offenen Artikulation zu nutzen“, erläutert Abouhamdan.

Integration keine Einbahnstraße

So entschloss er sich 2003, nach Europa und ganz bewusst nach Deutschland zu kommen. Um sich in seinem neuen Land zurechtzufinden, war es für ihn selbstverständlich, mehrere Sprachkurse zu absolvieren. Deutschland eilte der Ruf einer rationalen, säkularen und von Logik geprägten Gesellschaft voraus. Ein Land, in dem die Achtung der Verfassung und der Menschenwürde oberstes Gut ist und in dem ein tiefes Bedürfnis nach Klarheit herrscht. „Alles wird geregelt. Und was nicht geregelt ist, ist ganz einfach verboten“, sagt Abouhamdan. Damit verkörperte die deutsche Gesellschaft für ihn das genaue Gegenteil des damaligen Syrien.

Über die Teilnahme an Schachturnieren konnte Abouhamdan erste Brücken zu den Bürgerinnen und Bürgern bauen und gegenseitige Vorurteile entkräften. Für ihn steht fest, dass Integration keine Wahl ist, für oder gegen die sich ein Mensch entscheiden kann. Jeden Tag entwickelt sich die eigene Identität weiter, gemeinsam mit der des Umfeldes. Und das, ob man nun will oder nicht. Er findet, dass Integration niemals eine Einbahnstraße sein kann, sondern im Sinne der transkulturellen Entwicklung auch die aufnehmende Gesellschaft in der Pflicht ist.

Hilfsverein für Syrien gegründet

Die Überzeugung, dass Wissen und Bildung Kernelemente funktionierender Gesellschaften sind, war auch der Auslöser für das ehrenamtliche Engagement für Syrien von Deutschland aus. 2011 gründete Omar Abouhamdan den gemeinnützigen Hilfsverein für Flüchtlinge und Kriegsopfer „Faose“, den er seither als Erster Vorsitzender leitet. Um nachhaltige Aufbauarbeit zu leisten, konnte der Verein eine säkulare Schule für syrische Flüchtlingskinder im Libanon errichten. Auch in Trier engagiert sich der Verein, beispielsweise mit dem Welcome-Café für ein tolerantes Zusammenwachsen der Gesellschaft.

Die Frage, ob er noch einmal nach Deutschland auswandern würde, beantwortet Omar Abouhamdan mit einem deutlichen Ja. Auch wenn er Syrien verlassen hat, so habe er es in seinem Herzen noch immer bei sich. Im Vergleich zu anderen Demokratien herrsche in Deutschland die beste Atmosphäre. Durch das „verinnerlichte Schuldgefühl aus der Geschichte“ sei immer noch ein gewisser Lernprozess im Gange, wovon besonders die Situation der Menschenrechte profitieren könne. Dieser Punkt, und da ist Abouhamdan vorsichtig optimistisch, sollte ein Vorbild für den gesellschaftlichen Wiederaufbau Syriens sein.