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03.07.2015 | Nell-Breuning-Preis an Heiner Geissler

Kämpfer für soziale Gerechtigkeit

Heiner Geißler erhält heute den Oswald von Nell-Breuning-Preis 2015 der Stadt Trier

(La) Zum siebten Mal wird am heutigen Freitag im Rokokosaal des Kurfürstlichen Palais der Oswald von Nell-Breuning-Preis der Stadt Trier verliehen. Preisträger ist der frühere rheinland-pfälzische
Sozial- und ehemalige Bundesminister Dr. Heiner Geißler. Mit der mit 10.000 Euro dotierten Auszeichnung würdigt die Stadt das Lebenswerk des 85jährigen Christdemokraten, der sich mit seinem politischen Handeln stets in den Dienst der von Pater Nell-Breuning maßgeblich geprägten katholischen Soziallehre mit den Grundpfeilern der Solidarität, Subsidiarität und Gerechtigkeit gestellt habe. Geißler habe sich immer wieder zu dem am 8. März 1890 in Trier geborenen Jesuitenpater Oswald von Nell-Breuning bekannt und den „Nestor der katholischen Soziallehre“ als seinen Lehrer bezeichnet. Wegen Erkrankung des Preisträgers musste die ursprünglich für Ende März geplante Feier verschoben werden.

Nach der Begrüßung durch Oberbürgermeister Wolfram Leibe, der auch Vorsitzender des Preisgerichts ist, wird die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer die Laudatio auf den Preisträger halten. Da sie vor ihrer Wahl als Ministerpräsidentin 2013 ab 2002 rheinland-pfälzische Arbeits- und Sozialministerin war, steht sie in der Nachfolge von Heiner Geißler, der dieses Amt von 1967 bis 1977 inne hatte. Nach den Dankesworten des Preisträgers ist der Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Trier vorgesehen. Musikalisch wird der Festakt vom Swingsextett des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums (FWG) unter Leitung von Bernhard Nink umrahmt. Das FWG ist die Nachfolgeschule des ehemaligen Jesuitenkollegs, am dem Nell-Breuning 1908 seine Reifeprüfung ablegte.

Die Zuerkennung des Preises an Heiner Geißler fiel noch in die Amtstätigkeit des früheren Oberbürgermeisters Klaus Jensen. Daher ist vorgesehen, dass Jensen die Urkunde mit der Begründung der Jury für die Preisverleihung vorliest und an Heiner Geißler überreicht. In der Urkunde wird zum Ausdruck gebracht, dass mit der Zuerkennung des Oswald von Nell-Breuning-Preises die Jury das Lebenswerk des Sozialpolitikers Heiner Geißler würdigt. Geißler habe in vielen unterschiedlichen politischen Ämtern und Funktionen Sozialpolitik praktisch gestaltet und konkret umgesetzt. Als Mitglied des Bundesvorstands der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) und als Vorsitzender des CDU-Bundesfachausschusses Sozialpolitik habe der Sozialexperte Antworten auf die drängenden sozialen Fragen seiner Zeit gegeben und dazu beigetragen, den Konflikt zwischen Kapital und Arbeit auszugleichen. In strittigen gesellschaftspolitischen Herausforderungen habe sich Geißler allerdings auch nicht davor gescheut, engagiert und pointiert Stellung zu beziehen. Mit seiner Warnung vor einer entsolidarisierten Gesellschaft und einer Demontage des Sozialstaats habe er sich somit als Kämpfer für eine menschenwürdige Gesellschaftsordnung weltweit profiliert.

Nach Darstellung der Jury hat Heiner Geißler die hohe Wertschätzung Pater Nell-Breunings in ungezählten Reden, Interviews und Schriften immer wieder zum Ausdruck gebracht. Geißlers Einschätzung, wonach „der soziale Friede und die soziale Ordnung der Bundesrepublik ohne das Werk Nell-Breunings nicht denkbar“ gewesen seien, unterstreicht den herausragenden Stellenwert, den der CDU-Politiker dem Lebenswerk des Trierer Jesuitenpaters beimisst.

Der Oswald von Nell-Breuning-Preis, der die Verbundenheit der Stadt Trier mit ihrem großen Sohn und früheren Ehrenbürger dokumentieren und an das herausragende Lebenswerk des Jesuitenpaters erinnern will, wird alle zwei Jahre vergeben. Bisherige Preisträger waren Bundesverfassungsrichter a.D. Professor Dr. Paul Kirchhof (2003), Bundeskanzler a.D. Helmut Schmidt (2005), das päpstliche Hilfswerk „Cor Unum“ (2007), die Brüder Dr. Hans-Jochen und Professor Dr. Bernhard Vogel (2009), Bundesminister a.D. Dr. Norbert Blüm (2011) sowie der gemeinnützige Verein „TransFair“ (2013). 



TABELLARISCHER LEBENSLAUF

Dr. Heiner Geißler

Leben und Beruf
03.03.1930 geboren in Oberndorf (Neckar)
1949 Abitur am Jesuitenkolleg in St. Blasien
1949 – 1957 Studium der Philosophie und der Rechtswissenschaften in München und Tübingen
1957 Erste juristische Staatsprüfung
1960 Promotion zum Dr. jur. an der Universität Tübingen
1962 Zweite juristische Staatsprüfung
1962 Richter am Amtsgericht Stuttgart
1962 – 1965 Büroleiter des baden-württembergischen Arbeits- und Sozialministers
Politik
1961 – 1965 Vorsitzender der Jungen Union Baden-Württemberg
1965 – 1967 Mitglied des Deutschen Bundestages
1967 – 1977 Minister für Soziales, Jugend, Gesundheit und Sport des Landes Rheinland-Pfalz
1971 – 1979 Mitglied des Landtages von Rheinland-Pfalz
1974 – 1977 Mitglied des Bundesvorstandes der CDA
1974 – 1977 Vorsitzender des Bundesfachausschusses Sozialpolitik der CDU
1977 – 1989 Generalsekretär der CDU
1980 – 2002 Mitglied des Deutsches Bundestages
1982 – 1985 Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit
1986 – 1993 Vizepräsident der Christlich-Demokratischen Internationale
1989 – 2000 Mitglied des Bundesvorstandes der CDU
1991 – 1998 Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Quelle: Geschichte der CDU, Heiner Geißler, Konrad Adenauer-Stiftung

Schwerpunkte der politischen Tätigkeit

1967 – 1977
Sozialminister
in Rheinland-Pfalz:

Krankenhausreform
Gesetze zur Sportförderung
Gründung von Sozialstationen
Kindergartengesetze

1982 – 1985
Bundesminister für Jugend,
Familie und Gesundheit:

Neuregelung des Anerkennungsverfahrens für Kriegsdienstverweigerer, Reform des Zivildienstes
Einführung eines Erziehungs- und Urlaubsgeldes
Anrechnung der Erziehungsjahre bei der Rentenversicherung

Während seiner Zeit als CDU-Generalsekretär (1977 bis 1989) zahlreiche, zum Teil in der eigenen Partei umstrittene Reformkonzepte u.a. zur Deutschland-, Familien- und Sozialpolitik sowie zu Fragen der Sicherheits- und Außenpolitik. Frühe Entwürfe über eine „Multikulturelle Gesellschaft“, Thesen zur Asylpolitik, Warnung vor einem aufkeimenden Nationalismus und vor den Auswüchsen neoliberaler Wirtschaftspolitik.

Unbequemer Querdenker, Mahner und Autor zahlreicher Veröffentlichungen, intensive Medienpräsenz, gefragter Redner und Teilnehmer in Diskussions- und Talkrunden.

Vielfach als Schlichter tätig, u.a. Deutsche Telekom, Lokführerstreik, Bahnprojekt „Stuttgart 21“.

Pater Oswald von Nell-Breuning SJ
(Sozialethiker, „Nestor der Katholischen Soziallehre“)

Lebensdaten
Geboren am 8. März 1890 in Trier
1908 Abitur am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium Trier
1911 Eintritt in den Jesuitenorden
1928 Promotion in Münster
1931 Maßgebliche Mitwirkung an der päpstlichen Sozial-Enzyklika „Quadragesimo anno“
1948 bis 1965 Mitglied des wissenschaftlichen Beirates beim Bundeswirtschaftsministerium
ab 1956 Hochschullehrer an der Universität Frankfurt/M. und Professor an der philosophisch-theologischen Hochschule Sankt Georgen Frankfurt/M.
Berater zahlreicher Persönlichkeiten des politischen Lebens und sozial-politischer Gremien, darunter DGB und KAB.
1981 Ehrenbürger der Stadt Trier
gestorben am 21. August 1991 in Frankfurt/M.

Oswald von Nell-Breuning Preis der Stadt Trier
Beschluss des Stadtrates vom November 2002
Vorsitzender des Preisgerichts: Oberbürgermeister Klaus Jensen
Mitglieder des Preisgerichts: die im Stadtrat vertretenen Fraktionen, jeweils ein Vertreter der Theologischen und der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Trier, ein Vertreter der Philosophisch-Theologischen Fakultät der Hochschule Sankt Georgen Frankfurt/M., Geschäftsführer (ohne Stimmrecht)
Anliegen: Dokumentation der Verbundenheit der Stadt mit ihrem früheren Ehrenbürger, Erinnerung an das epochale Lebenswerk des Jesuitenpaters und Weitergabe seines Vermächtnisses mittels einer inhaltlichen Auseinandersetzung.
Vergabekriterien: Im Sinne des Vermächtnisses von Oswald von Nell-Breuning SJ für „eine herausragende sozialwissenschaftliche Arbeit, ein beispielhaftes soziales Werk, ein Lebenswerk oder für die Arbeit einer Organisation oder Einrichtung“ (Statut).
Vergabezeitraum: alle zwei Jahre
Ort und Zeitpunkt der Verleihung: Promotionsaula des bischöflichen Priesterseminars, zur Erinnerung an den Geburtstag Pater Nell-Breunings möglichst Anfang März.
Dotierung: 10 000 Euro

Bisherige Preisträger:
Bundesverfassungsrichter a. D. Professor Dr. Paul Kirchhof am 16. Oktober 2003.
Bundeskanzler a. D. Helmut Schmidt am 18. Oktober 2005.
Päpstliches Hilfswerk „Cor Unum“, repräsentiert durch Erzbischof Dr. Paul Josef Cordes (seit Oktober 2007 Kardinal) am 16. März 2007
Bundesminister a.D. Dr. Hans-Jochen Vogel und Ministerpräsident a. D. Professor Dr. Bernhard Vogel am 5. März 2009
Bundesminister a.D. Dr. Norbert Blüm am 6. April 2011
„TransFair“ Gemeinnütziger Verein zur Förderung des Fairen Handels mit der „Dritten Welt“ am 9. April 2013

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