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29.11.2022

Schulentwicklung: Schließungen diesmal kein Thema

Tabelle zum Raumbedarf der Trierer Grundschulen mit drei Kategorien
Grün markiert sind Standorte mit ausreichenden Unterrichtsräumen und gelb sind diejenigen mit einem unzureichenden Angebot, wo aber Behelfslösungen gefunden wurden. Bei den in der roten Rubrik aufgelisteten Schulen besteht dringender Handlungsbedarf. Grafik: Amt für Schulen und Sport.

Als „handlungsleitenden Rahmen für die Weiterentwicklung der Schullandschaft" durch die Stadt als Schulträger bezeichnet Bürgermeisterin Elvira Garbes den neuen Schulentwicklungsplan, der in ihrem Dezernat in einem breiten Beteiligungsprozess erstellt und letzte Woche präsentiert wurde. Bereits der Blick auf die 28 Handlungsempfehlungen des Plans zeigt einen großen Unterschied zu dem Konzept von 2013.

In der Debatte vor rund einem Jahrzehnt ging es vor allem darum, welche Standorte eine Zukunft haben, ob Schließungen nötig sind. Diesmal beschäftigen sich von den 28 Handlungsempfehlungen sechs mit quantitativen Fragen, also vor allem der Entwicklung der Schülerzahlen und deren Folgen für die Standorte. Der Rest sind Vorschläge zur qualitativen Weiterentwicklung, vor allem auch mit Blick auf aktuelle „Megatrends", so Hanno Weigel, Leiter des Amts für Schulen und Sport. Genannt werden vor allem Digitalisierung, Inklusion und der rechtlich verbindliche Ausbau der Ganztagsangebote. Das hängt für Garbes auch damit zusammen, dass die Stadt mit neuen Aufgaben betraut ist, „die weit über das klassische Schulträgerverständnis hinausgehen".

Vorreiter in Rheinland-Pfalz

Der Plan war in einem knapp zweijährigen Prozess entstanden, in den neben den Schulexperten der Fraktionen diverse weitere Akteure eingebunden waren, darunter Elternvertreter, Schulleitungen sowie Kinder und Jugendliche. Eine wichtige Rolle spielte dabei der externe Berater Stefan Niemann vom Büro SICHT.weise, der bei der Vorstellung des Leitfadens in einer Pressekonferenz und im Schulträgerausschuss Rede und Antwort stand.

Eine möglichst breite Transparenz des gesamten Prozesses ist ein wichtiges Anliegen des Papiers und nach Einschätzung von Niemann eine besondere Qualität. So werden die zahlreichen in dem Beteiligungsprozess geäußerten Vorschläge dokumentiert. Es wird nachvollziehbar, welche es in die 28 Handlungsempfehlungen geschafft haben und wo es noch Hürden gibt. Es werden vier große Zukunftsthemen benannt: ganztägige Bildung, urbaner Bildungsraum, Vielfalt und Sozialraum sowie „Bildungsstadt von morgen". Weigel wies außerdem darauf hin, dass man in dem gesamten Prozess immer wieder über Zwischenergebnisse informiert habe und ergänzte: „Ich glaube nicht, dass es bislang in Rheinland-Pfalz insgesamt etwas Vergleichbares gibt."

Die 28 Handlungsempfehlungen zeigen die ganze Bandbreite, mit der sich die städtische Schulpolitik auseinandersetzten muss, aber auch die Notwendigkeit einer dezernatsübergreifenden Zusammenarbeit, auf die auch Bürgermeisterin Elvira Garbes in der Pressekonferenz hinwies. Das gilt nicht zuletzt für den baulichen Zustand der Schulen und einen möglichen Erweiterungsbedarf. In der Liste taucht unter anderem die Generalsanierung und der Ausbau der Grundschule Quint auf oder die Erweiterung der Grundschule Feyen auf ein vierzügiges Angebot.

Gefordert werden aber auch eine Prüfung und Optimierung der Schulbezirksgrenzen, eine Steigerung der „Schulbezirkstreue", die Erarbeitung eines Standards für barrierefreie Gebäude, eine Bestandsaufnahme zur Verkehrssicherheit rund um die Schulen sowie die Absicherung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung. Weitere Prüfaufträge befassen sich mit der Nutzung der Schulgebäude für Ferienprogramme und andere Angebote, der Raumsituation der Berufsbildenden Schulen, dem Ausbau von Schulgärten, Verbesserungen bei der Mülltrennung, der Mittagsverpflegung und Abstellmöglichkeiten für Fahrräder.

Der fast 100 Seiten dicke Schulentwicklungsplan, der über das städtische Portal trier.de verfügbar gemacht wird, kann auch als Nachschlagewerk über die Trierer Schullandschaft genutzt werden. Er enthält zum Beispiel einen Überblick zu den Bezirksgrenzen, zur Entwicklung der Schülerzahlen an einzelnen Standorten mit Prognosen und zur Finanzierung der Schulprojekte.

Debatte im Ausschuss

Im Schulträgerausschuss sorgte der Plan für einige Diskussionen. Ausschussmitglied Jutta Lehm fasste ihre Kritik in einem Satz zusammen, der auch in anderen Meinungsäußerungen ähnlich zur Sprache kam: „Der Schulentwicklungsplan ist eher eine Bilanz als eine Vision." Bernhard Hügle (Grüne) sprach davon, dass dort viele Themen behandelt würden, mit denen man sich schon seit Jahren beschäftige. Das habe aber, gerade auch mit Blick auf die bauliche Situation, vor allem grundsätzliche strukturelle Ursachen. Theresia Görgen (Linke) bezeichnete das Konzept als insgesamt zu wenig visionär. Zudem ging es in der Debatte um die Frage, ob die Ausschussmitglieder ausreichend in den Beteiligungsprozess bei der Erstellung des Konzepts eingebunden wurden und ob noch Änderungen möglich sind. Hier reagierte das Amt für Schulen und Sport und sagte zu, dass vor der geplanten Verabschiedung des Konzepts durch den Stadtrat noch ein zusätzlicher Workshop für die Schulexperten der verschiedenen Fraktionen im Januar 2023 stattfinden soll.

Petra Lohse

 
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